Ein kleiner Kinosaal mit roten Sesseln.

Kein Kino von der Stange: Warum Film-Fans ins Kino42 kommen

Euskirchen | Heimatliebe

Stand: 21.11.2024, 15:42 Uhr

In Nettersheim hat ein neues Kino eröffnet. Winzig klein, aber ein Lichtblick in einer Zeit nach Pandemie und Lockdown, die viele Kinos in Deutschland und NRW schwer zu schaffen gemacht hat. Wie ein Paar aus Köln in der Eifel damit erfolgreich ist.

Von Anke Bardenberg

Nettersheim ist eine kleine Gemeinde in der Eifel: Rund 8000 Menschen leben hier. Alte Fachwerkhäuser, Apotheke, Bäckerei, Eisdiele, mehrere Gaststätten. Seit September hängt an einem Haus allerdings eine nostalgische, runde Leuchtreklame aus den 1980er-Jahren, die ein bisschen aus dem Stadtbild fällt. Darauf ist das Logo einer jungen blonden Frau zu sehen, die einladend ihre Hand ausstreckt. "Komm, wir gehen ins Kino", steht darüber.

Nettersheim und sein "Mini-Kino"

Das kleine Kino in Nettersheim ist eines von rund 275 Kinos, die es laut Filmförderungsanstalt in NRW gibt. Zum Vergleich: In den 1950er-Jahren waren es noch über 500. Die große Zeit des Kinosterbens ist allerdings vorbei, die Zahl der Lichtspielhäuser hat sich in den vergangenen Jahren stabilisiert. Seit 2016 sind sogar rund 15 neue dazu gekommen. Unter ihnen auch das "Kino42" in Nettersheim.

Was sagen die Nettersheimer über ihr Mini-Kino

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Kinobetreiber Thomas Kamm kommt aus der Tür, schleppt einen Plakat-Aufsteller vor das Haus. Werbung für Filme, die demnächst im "Kino42" zu sehen sind. Das Lichtspielhaus ist benannt nach der Anzahl seiner Plätze. Welche Filme bei den Zuschauern bisher am besten ankommen? "Eindeutig französische Komödien", sagt Thomas Kamm, "solange da der Nachschub funktioniert, haben wir ein volles Haus."

Auch Kinderfilme, Arthouse-Kino und Blockbuster sind Teil des Programms. Letztere gibt es in so einem kleinen Filmtheater aber immer erst etwa sechs Wochen nach Veröffentlichung, wie der Betreiber des "Kino42" erklärt: "Bei den Major-Verleihern, den Amerikanern, ist es manchmal ein bisschen kompliziert. Da müssen wir warten, bis wir an die Ware kommen. Aber im Prinzip bekommen wir alle Filme."

Kinosaal statt Sommerscheune

Zwei Treppen hoch, vorbei an Filmplakaten, gelangt man ins Foyer. Tickets, Snacks und Getränke gibt es an einer roten Theke, wo Rosie Placzek, Kamms Frau, die Gäste empfängt. Die beiden Cineasten zogen vor einigen Jahren von Köln in die Eifel - einzig ein Kino fehlte ihnen. Für Placzek ist das Kino nicht nur ein Ort zum Filme-Schauen: "Es ist ein Treffpunkt, wo man die Stimmung der anderen spürt, statt allein zu Hause zu sitzen."

Der 65-Jährige kennt sich in der Branche. Früher hat er Filme in einer 100 Jahre alten Holzscheune im Ort gezeigt. Allerdings nur im Sommer und nur bis zur Flut 2021. Damals wurde das Nettersheimer "Scheunenkino" zerstört. Inzwischen ist es wieder aufgebaut. Doch Thomas Kamm hat es an einen anderen Betreiber abgegeben. Zu groß war sein Wunsch, das ganze Jahr über Filme in einem fest installierten Kino zu zeigen.

Wie Gemeinde und Land das Mini-Kino unterstützt haben

In ihrem eigenen Kino stemmen sie jetzt den Betrieb ganz alleine, neben ihrem Beruf als Grafiker. An vier Tagen die Woche, von Freitag bis Montag. Ein Hobby, denn leben können sie davon nicht. Warum sie sich das antun? Bei dieser Frage müssen beide lachen: "Das fragen wir uns so langsam auch. Also das ganze Ausmaß ist uns vorher nicht klar gewesen", sagt die Kinobetreiberin. Und so fing alles an:

Kinobetreiber Thomas Kamm über die Anfänge des Kino42

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Das Projekt kam gut an: Die Gemeinde unterstützte den Umbau des Dachstuhls, finanziert mit einem Zuschuss des Landes Nordrhein-Westfalen. Zwei Jahre dauerten Planung und Umsetzung. Heute bietet der Saal unter einer alten Holzbalkendecke moderne Technik, gestufte Sitzreihen und bequeme rote Plüschsessel. In der ersten Reihe laden Polsterliegen zum Kuscheln ein. Die Atmosphäre zieht Gäste aus der gesamten Umgebung an. Schon eine halbe Stunde, bevor es losgeht, wird es voll. Und alle sind begeistert:

Früher mussten die Menschen aus Nettersheim weite Wege in Kauf nehmen, etwa nach Euskirchen oder Köln, um ins Kino zu gehen. Nun können sie Filmwünsche direkt bei Placzek und Kamm einreichen. Während die beiden im Sommer ein paar Wochen Urlaub machen, übernimmt das "Scheunenkino" sozusagen das Sommerloch. Damit ist in Nettersheim das ganze Jahr über Kinosaison.

Über dieses Thema haben wir auch am 17.10.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bonn, 19.30 Uhr.