Guido Weber steht in einem Klassenraum vor einer Tafel.

Gegen Schulstress und Prüfungsangst: So hilft ein Mentaltrainer Schülern

Städteregion Aachen | Heimatliebe

Stand: 15.05.2024, 09:08 Uhr

Guido Weber gibt Antistresstraining an Schulen. Mit Entspannungsübungen und der Anleitung zu positivem Denken will er Schülern und Schülerinnen den Druck im Schulalltag nehmen. Warum das gerade nach Corona wichtig ist.

Von Jörg Stolpe

So still ist es im Klassenzimmer sonst nie. Zwölf Oberstufenschüler des Bodelschwingh-Gymnasiums in Windeck schließen die Augen und atmen ruhig ein und aus. Die Meditationsübung ist Teil des Antistresstrainings von Guido Weber. Nach wenigen Minuten öffnen sie auf die Anweisung des 52-Jährigen hin wieder die Augen. Manche von ihnen stehen kurz vor dem Abitur, samt kräftezehrender Lernphase. Durchzuatmen kann in solchen Stressmomenten helfen, wie Weber ihnen erklärt.

Guido Weber: "Es kommt darauf an, langsam durchzuatmen"

00:37 Min. Verfügbar bis 15.05.2026

Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation zeigt, wie wichtig solche Angebote an Schulen sind. Etwa 20 bis 25 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zeigen laut WHO Symptome psychischer Erkrankungen. Immer häufiger seien Jugendliche antriebslos oder können sich schlecht konzentrieren. Laut den Experten auch eine Spätfolge von Corona.

Mentale Gesundheit bei Jugendlichen: Kein Randthema

Normalerweise gibt Weber als Mentaltrainer Erwachsenen Tipps für entspannteres und stressfreies Arbeiten. In seinem früheren Beruf als Banker litt Weber selbst an einem Burnout. Er ließ sich umschulen. Mentale Gesundheit wurde zu seinem zentralen Thema.

In Gesprächen mit seiner Tochter, Mitschülern und Lehrkräften über die Situation an der Schule wird ihm klar, wie sehr Schüler im Unterricht oder zu Hause unter Druck stehen. Seit einem Jahr trainiert der 52-Jährige deshalb gemeinsam mit zwei Kolleginnen alle paar Monate auch Schüler und Schülerinnen. Aktuell eher im Charakter eines Pilotprojekts als eines regelmäßigen Engagements.

Auch in der Politik ist das Problem mit psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen angekommen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) hat im vergangenen Jahr sogar ein Programm gestartet, bei dem an bundesweit 100 Schulen durch "Mental Health Coaches" die mentale Gesundheit von Schülern und Schülerinnen gestärkt werden soll. In NRW nehmen 18 Schulen an dem Projekt teil. Landesweit gibt es laut Landesbetrieb IT.NRW allerdings rund 2.000 weiterführende Schulen.

Unterschiedliche Stressfaktoren, fehlende Lösungen

Im Klassenraum sitzen Weber und die Oberstufenschüler im Stuhlkreis. "Was macht ihr, wenn ihr mal Pause vom Lernen haben wollt?", fragt Weber in die Runde. Spazieren gehen, Musik hören, Mittagsschlaf - für den Coach sinnvolle Vorschläge. Gleichzeitig warnt er davor, Filme zu gucken oder in sozialen Medien unterwegs zu sein: "Das sind Reize, die euer Gehirn wieder verarbeiten muss. Es macht dabei keine Pause."

Drei Doppelstunden lang stehen drei Fragen auf der Tagesordnung: Wie lerne ich? Warum lerne ich? Und wie kann ich leichter lernen, weil ich mehr Energie habe? Das Programm ist extra für die Klassenstufen neun bis 13 ausgerichtet. Etwa 25 bis 30 Euro pro Schüler kostet der Workshoptag. In Windeck übernimmt das der Förderverein der Schule.

Auslöser für Stress können ganz unterschiedliche Faktoren sein. Ein 15-Jähriger in der Runde erzählt: "In Mathe komme ich nicht so gut klar. Da empfinde ich viel Stress." Seine 17-jährige Mitschülerin will ihre Eltern nicht enttäuschen. Ihr setzten zudem Unterrichtsstunden am späten Nachmittag zu. Häufig fehle es den Jugendlichen in solchen Fällen an einer vernünftigen Strategie, mit dem Stress umzugehen, erklärt Weber.

Guido Weber über fehlende Lösungen bei Stress

00:26 Min. Verfügbar bis 15.05.2026

Weber will den Schülern die richtigen Werkzeuge an die Hand geben, um ihre mentale Gesundheit selbst zu stärken. Außerdem arbeiten er und seine Kolleginnen mit ihnen an der richtigen Motivation: für sich selbst zu lernen, nicht für die Erwartungen der Eltern. Eigene Ziele zu finden, sei aber meistens ein langer Prozess.

Bei anderen Trainingsinhalten erleben die Schüler und Schülerinnen hingegen schneller Erfolge. Zum Beispiel bei den Entspannungsübungen. "Das hat mir sofort etwas Ruhe gebracht. Ich denke, dass ich mit meiner Prüfungsangst jetzt besser klarkomme", sagt eine Schülerin zum Abschluss des Trainings.

Über dieses Thema haben wir auch am 20.03.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Aachen, 19.30 Uhr.