Eilig laufen einige Passanten durch die grau gepflasterte Fußgängerzone der Dortmunder Innenstadt. Wenige Meter weiter liegen die Eingänge zu einem Parfümladen, einem Elektrohandel und einer Drogerie. Genau hier wollen sich vier Nonnen der Anonymität und Hektik der Großstadt entgegenstellen. Katholische Kirche statt Konsumrausch. Dafür bauen sie gemeinsam mit dem katholischen Forum im Propsteihof das CityKloster Dortmund auf.
Sie wissen, dass dies keine einfache Aufgabe wird. Schließlich laufen den Kirchen seit Jahren die Mitglieder davon. Missbrauchsskandale und ihre mangelhafte Aufklärung, die Position von Homosexuellen oder Frauen in der Kirche und Verschwendung von Geldern - die Liste der Kritiker ist lang. Allein zwischen 2022 und 2024 traten laut NRW-Justizministerium mehr als 585.000 Menschen aus den Kirchen aus.
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"Die katholische Kirche kommt in den Medien ja meist nicht so positiv weg. Aber auch diese Kirche vertreten wir", erklärt Schwester Maria. Sie ist eine der vier Franziskanerschwestern, die mit den Dortmundern über ihren Glauben sprechen möchte. "Nach 16 Jahren im Kloster ist es jetzt einfach mal wieder an der Zeit, den Kontakt mit den Menschen zu suchen", erzählt Schwester Marilen.
Schwester Marilen über die Ziele und Aufgaben des CityKlosters. 00:32 Min.. Verfügbar bis 09.03.2027.
Der Kontakt nach draußen sei den Franziskanern immer wichtig gewesen. Dafür müssen sie sich aber erst einmal selbst ein wenig sortieren. Mitte Februar herrscht in der großzügigen Wohnung im ersten Geschoss des Propsteihofs noch ein großes Chaos. Alle Mitbewohnerinnen sind mit jeder Menge Möbeln, Geschirr und Büchern angereist.
Umzug nach Dortmund: Vom kleinen Dorf in die große Stadt
Die Wohnsituation allein wird dabei aber wohl nicht die größte Umstellung für die vier Frauen sein. Das Kloster in Bad Saulgau im Ortsteil Seißen, nicht weit weg vom Bodensee, ist mit 120 Schwestern und über 100 Mitarbeitern ein stattlicher Betrieb. Die Schwestern machen dabei fast ein Sechstel der etwa 850 Einwohner des Ortsteils aus. Zum Vergleich: In Dortmund leben im größten Bezirk Innenstadt-Nord mehr als 61.000 Menschen. Hier lernst du die Stadt besser kennen.
Zweifel hatten sie trotzdem keine an dem Plan. "Als die Anfrage kam, ein Citykloster in Dortmund zu errichten, waren wir sofort dabei", sagt Schwester Anette. Sie ist mit 69 Jahren die älteste Schwester. 44 Jahre lang lebte sie im Kloster. Sie war für die Buchhaltung und die Finanzen zuständig. "Idyllisch gelegen. Aber auch sehr ruhig", erzählt sie. Dass sie jetzt nochmal für einen Auftrag ins Ruhrgebiet geschickt wird, sei eine Ehre für sie.
Die WG ist für Schwester Anette und die anderen eine neue Erfahrung . 00:34 Min.. Verfügbar bis 09.03.2027.
An das Leben in einer WG müssen sich aber alle erst mal gewöhnen. "Im Kloster muss man weder Essen kochen noch einkaufen oder die Wäsche machen. Das wird jetzt anders. Jetzt müssen wir uns selber organisieren. Aber das wird schon", sagt die 69-Jährige.
Die Kirche muss zu den Menschen
Viele Jahre ist es her, dass Schwestern im Propsteihof lebten. Pfarrer Stefan Tausch freut sich schon über die Verstärkung. Regelmäßig ist er mit einer Rikscha oder einer rollbaren Kirchenbank in der Innenstadt unterwegs und bietet Gespräche an. "Ich glaube, wenn die Schwestern in Dortmund aufkreuzen, werden die nochmal mehr irritieren, im guten Sinne", sagt Tausch. "Die Schwestern werden positive Reaktionen bekommen oder auch abstoßen, aber sie werden mit den Menschen ins Gespräch kommen."
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Die Schwestern sind darauf vorbereitet, dass sie sich auch Vorwürfe gefallen lassen müssen. Doch sie freuen sich auf alles, das kommt. Nach dem Begrüßungsgottesdienst im März, werden neben eilenden Passanten in der Dortmunder Fußgängerzone auch regelmäßig Schwestern in Ordenstracht zu sehen sein.
Über dieses Thema haben wir auch am 19.02.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.