Mit Schürze und Häubchen: In Emmerich gibt es Kuchen wie bei Oma
Stand: 16.12.2024, 07:15 Uhr
Im "Grootmoeder" in Emmerich ist die Zeit stehengeblieben. Inhaberin Sophie Kroh und ihr Mann Pascal haben ein Café eröffnet, das an Großmutters Zeiten erinnern soll. Vintage ist aber nicht nur die Einrichtung - sondern auch die Chefin.
Von Martin Henning (Text) und Birgit Pasz (Multimedia)
Als Sophie Kroh die Tür ihres Backofens öffnet, steigt ihr der süßlich-wohlige Geruch des Mandelbodens in die Nase. Behutsam nimmt sie ihn aus dem Ofen und stellt ihn auf den Tisch. Mit einem Messer teilt sie den Boden in gleich große Stücke und nimmt eines heraus. Dann geht es ans Aufschichten: Den Boden bedeckt sie mit einer Schicht Kirschgrütze, darauf kommt eine großzügige Portion Schlagsahne. Zum Schluss besprenkelt sie das Ganze mit Schokostreuseln.
Im Café "Grootmoeder" (plattdeutsch für "Großmutter") in Emmerich sieht kein Kuchen aus wie der andere. Für die Besitzer Sophie und Pascal Kroh ist wichtig, dass jeder Gast sein Dessert so bestellen kann, wie er es gerne möchte - auf Wunsch auch laktose- oder glutenfrei. Sophie Krohs "Baukastenkuchen"-Prinzip ist in der Region einzigartig:
Sophie Kroh erklärt, wie der "Baukastenkuchen" funktioniert
00:40 Min.. Verfügbar bis 16.12.2026.
Emmerich: Café-Inhaberin trägt spezielles Outfit
Der Gast bezahlt hier pro Schicht, nicht pro Stück. Einzigartig ist das Café aber nicht nur wegen seiner frei zusammenstellbaren Kuchen, sondern auch, weil hier die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Wer den kleinen Laden betritt, hat das Gefühl, er sei "bei Großmutter" zu Gast. Unter den Füßen Retro-Böden mit Ornamenten, am Tresen eine alte Registrierkasse aus Eisen, dazu Mobiliar und Geschirr wie aus den 50ern. Kleine Dekostücke wie Porzellan-Pferde wirken fast schon kitschig.
Im "Grootmoeder" ist alles im Vintage-Style
Eine Prise Kitschigkeit hat Sophie Kroh eingeplant. Die Inhaberin selbst tritt in ungewöhnlichem Outfit vor ihre Gäste: in weißer Spitzenschürze, die bereits ihre Uroma trug, dazu mit grau-schwarz gestreiftem Häubchen, das die Haare bedeckt und einem dunklen Rock. "Ich habe mir gedacht, bei der Kleidung darf es nicht enden. Und ich mag ältere Kleidung", sagt die 32-Jährige. "Mein Mann hat mich am Anfang ein bisschen ausgelacht und gefragt: 'Meinst du nicht, das ist zu viel?' Ich habe ihm geantwortet: 'Nein, das möchte ich gerne' und habe es durchgesetzt."
Die Inspiration fürs Café bekam Kroh von ihrer eigenen Großmutter, daher auch der Name. Früher durften sie und die anderen Enkelkinder in der Küche herumspringen und ihrer Oma beim Backen helfen. So entstand die Leidenschaft für Kuchen. Nach ihrem Schulabschluss studierte Kroh Germanistik, Lingustik und Geschichte, arbeitete außerdem im Büro. Aber das wurde ihr schnell zu unkreativ. So flammte die Liebe fürs Backen erneut auf und die Idee, einen eigenen Laden zu eröffnen, entstand.
Hier wird jeder Gast geduzt
Doch bis die ersten Kunden die besonderen Kuchen genießen konnten, dauerte es. Das Haus, in dem sich das Café befindet, ist aus dem Jahr 1910 und denkmalgeschützt. Das Ehepaar Kroh bekam den Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung. Weil es zuvor zehn Jahre leer stand und teilweise besetzt war, befand sich das Gebäude in schlechtem Zustand. Vier Jahre lang sanierte Pascal Kroh das Haus alleine. Auch das Mobiliar ist hand- und selbstgemacht.
Wie das Ehepaar Kroh das Café gestaltet hat
00:36 Min.. Verfügbar bis 02.12.2026.
Gemütlich ist das "Grootmoeder" nicht nur wegen seiner Einrichtung, sondern auch, weil es so klein ist. Gerade einmal 18 Sitzplätze und vier Tische gibt es. Wenn es voll wird, rücken die Gäste zusammen, hier entstehen nette Gespräche und auch die ein oder andere Bekanntschaft. Die Aufteilung bei den Krohs ist klar: Sophie Kroh ist die Gastgeberin und Bäckerin, ihr Mann kümmert sich um den Kaffee und die Bestellungen. Und auch an einer anderen Regelung wird nicht gerüttelt. "Hier wird eiskalt durchgeduzt. Egal, wer reinkommt. Auch, wenn es der Bürgermeister ist", sagt Pascal Kroh mit verschmitztem Lächeln.
Den Gästen gefällt die Atmosphäre - und natürlich das besondere Outfit der Chefin. "Dass sie das Häubchen trägt, die weiten, gemütlichen Sachen an hat, gibt ein Gefühl von Ruhe", sagt Ramona Slahar, die gerade einen Kaffee trinkt und mit einer Familie am Nebentisch ins Gespräch gekommen ist. "Du fühlst dich zu Hause."
Café ist ein Hobby
Die Krohs öffnen ihr Café nur am Wochenende. Pascal Kroh ist unter der Woche als selbstständiger Handwerker tätig. Das Ehepaar sieht den Laden als Hobby. "Uns gehört die Immobilie, das heißt, wir haben keine Fixkosten und wir müssen keine anderen Leute bezahlen", sagt Pascal Kroh. "Lohnt sich das? Nein. Gehen wir damit unter? Auch nein. Meine Frau könnte auch ein Pferd als Hobby haben, das kostet mehr." Mit Blick auf das Café fügt der 32-Jährige schmunzelnd hinzu: "Ich glaube, das ist das erste Pferd, das mehr Heu gibt, als es frisst."
Das "Grootmoeder" von außen
Unterdessen schält und schneidet seine Frau im Küchenbereich Gemüse. Denn das ist für Sophie Kroh ein weiteres Herzensprojekt, wie sie selbst sagt: Unter dem Namen "Sup(p)vention" kocht Kroh Suppen für Bedürftige. Im Café können die Gäste 3,50 Euro spenden, der Gegenwert einer Suppe. Gemeinsam mit dem Emmericher Aldegundisheim werden die Gerichte dann an die Menschen verteilt, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind.
Über das Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen, Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr, sowie auf Facebook.