Geheimzutat Zusammenhalt: Wie eine Familienbäckerei überlebt
Rhein-Sieg-Kreis | Heimatliebe
Stand: 26.11.2024, 16:46 Uhr
Um 2 Uhr früh geht der Ofen an. In der Bäckerei Auth in Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis arbeiten drei Generationen von Bäckern Hand in Hand. Es ist die letzte von ehemals 28 Familienbäckereien in der Stadt. Sogar der 88-jährige Senior der Familie packt jeden Tag mit an. Eine Reportage über die Letzten, die noch durchhalten.
Von Jörg Stolpe
Um 6 Uhr morgens sind die Schokocroissants an der Reihe. Frank Auth zieht lange Bahnen von Schokolade über den vorbereiteten Teig. Hinter dem 61-Jährigen wartet Sohn Daniel auf seinen Einsatz. Er wird gleich den Teig falten und zurechtschneiden. Da erscheint der Seniorchef Wolfgang Auth in der Tür. "Läuft alles?", ruft er herein und ist zufrieden mit dem, was er sieht. Seit 2 Uhr stehen die drei schon in der Backstube und backen Brot, Brötchen, Teilchen und eben Schokocroissants.
Warum für Frank Auth die Bäckerei wie ein Zuhause ist
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In den 60er-Jahren gab es laut Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks in ganz Deutschland noch 55.000 Handwerksbäckereien wie die von Familie Auth. Also kleine Bäckereibetriebe mit viel Handarbeit. Heute sind es noch zwischen 9000 und 10.000. Viele Bäckereien gaben auf oder wurden zu Filialen großer Ketten. Die kleine Bäckerei in Eitorf nicht. "Wir haben einfach weitergemacht als Familie", erklärt Frank Auth. "Und wir haben uns ganz auf unseren kleinen Laden konzentriert. Das funktioniert aber nur, wenn die Familie funktioniert."
Ein Bäcker-Ballett der Generationen
Dabei sah es kurz auch danach aus, dass Frank Auth der letzte Bäcker der Familie sein würde. Denn Sohn Daniel Auth hatte erst andere Pläne, wollte seinen eigenen Weg gehen und machte eine Lehre als Elektriker. Doch dann wurde dem 22-Jährigen klar, dass der Familienbetrieb weiterlaufen muss, sagt er.
Jetzt macht er eine zweite Ausbildung als Bäcker bei seinem Vater. In der Backstube bewegen die beiden sich geschickt umeinander herum. Jeder Handgriff sitzt. Ein Bäcker-Ballett der Generationen. Ob der Vater ihn überreden musste? "Nein, das habe ich selbst entschieden. Da bin ich sehr eigen", antwortet der Junior und grinst dabei. Das frühe Aufstehen hat ihn dabei nicht abgehalten.
Das denkt Daniel Auth über den frühen Arbeitsbeginn
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Und dann ist da noch Wolfgang Auth. Sein Vater gründete 1935 den Familienbetrieb. "Mit 12 Jahren habe ich vor der Schule mit dem Fahrrad Brötchen an unsere Kunden ausgeliefert. Ich arbeite also schon seit 76 Jahren hier in der Bäckerei", sagt er stolz. Die Bäckerei sei sein Leben, erklärt er und wendet sich an der Theke dem nächsten Kunden zu: "Was kann ich für dich tun? Heute haben wir wieder lecker Weckmänner."
Mit 88 Jahren ist Wolfgang Auth immer noch jeden Tag im Familienbetrieb
Noch immer steht er jeden Tag mitten in der Nacht auf und hilft im Laden oder in der Backstube nach Kräften. Das mache dem 88-Jährigen mehr Spaß als ein Ruhestand, in dem er eh nichts zu tun habe. Aufhören will er erst, wenn es gar nicht mehr geht.
Zusammenhalt als Geheimzutat
Wie konnte die kleine Bäckerei von Familie Auth überleben, während so viele andere aufgaben oder von Großbäckereien übernommen wurden? Der Zusammenhalt in der Familie sei einer der wichtigsten Gründe. Jeder hat hier seine Aufgabe, Angestellte außerhalb der Familie gibt es keine. Geheimzutat Nummer zwei: Das Handwerk. "Die Kunden schmecken den Unterschied, wenn alles überwiegend handgemacht ist", meint der 61-jährige Frank Auth. Außerdem kennen viele die Familie und ihren zentral liegenden Laden auch privat und bleiben ihr deshalb treu.
So viel Handwerk erfordert aber auch viel Hingabe. Ab 2 Uhr steht Frank Auth in der Backstube, um 4 Uhr kommen die ersten Kunden. Gegen Mittag kann er nach Hause und sich ein bisschen ausruhen. Nachmittags steht er wieder im Laden, um 18 Uhr ist Feierabend. "Zuerst kommt der Betrieb. Privatleben und Freizeit stehen immer an zweiter Stelle", sagt Auth. Aber dafür hätten sie ja den Sonntag - der einzige Tag, an dem die Bäckerei geschlossen hat.
Über dieses Thema haben wir auch am 14.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 19.30 Uhr.