Mit Laib und Seele: Wie drei Geschwister eine Bäckerei übernehmen
Stand: 03.01.2024, 10:10 Uhr
Es ist ziemlich einmalig, was bei Familie Thumann in Sassenberg passiert. Zusammen mit ihren beiden Geschwistern übernimmt Christina Thumann die gleichnamige Konditorei und Bäckerei. Dabei sah es lange so aus, als würde keiner der drei überhaupt etwas mit Backen zu tun haben wollen.
Von Melanie Weyand
Es ist noch früh am morgen, doch in der Konditorei Thumann ins Sassenberg duftet es schon herrlich nach Weihnachtsprinten. Konditormeisterin Christina Thumann hat hier das Sagen.
Konditormeisterin Christina Thumann liebt ihr Handwerk
Ein Familienbetrieb ohne Nachwuchsprobleme
Die 30-Jährige überzieht zusammen mit ihrem Team die Printen mit Vollmilch und weißer Schokolade. Thumann ist in ihrem Element, legt eine Reihe Printen nach der nächsten auf das ratternde Band, auf dem die Printen ihren Überzug erhalten. Dass Thumann hier steht, hätte sie bis vor ein paar Jahren selbst nicht gedacht. Eigentlich wollte sie nach der Schule etwas anderes machen. Am Ende entschied sie sich aber doch für die Konditorei und den Familienbetrieb. So wie auch ihre beiden Geschwister Jannis und Theresa Thumann.
Warum die Übernahme eigentlich nicht geplant war
00:57 Min.. Verfügbar bis 03.01.2026.
Die drei Geschwister haben den Betrieb in vierter Generation übernommen. Rund 40 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen an zwei Standorten. So ungewöhnlich die Konstellation dieser Nachfolge, so wichtig ist sie für die Zukunftsfähigkeit. Nachfolge in Handwerksbetrieben ist nach Einschätzung des Zentralverbands des deutschen Handwerks ein großes Problem.
Mindestens 125.000 Familienbetriebe werden in den nächsten fünf Jahren eine Unternehmensnachfolgerin oder einen Unternehmensnachfolger suchen. Insgesamt gibt es rund 1 Million Handwerksbetriebe. Allein im Münsterland sind über 40 Prozent der Inhaber von Handwerksbetrieben über 55 Jahre alt, so die Handwerkskammer Münster.
Der Jüngste führt die Backstube
Nach zwei Stunden in der Konditorei geht es für Christina Thumann kurz nebenan ins Büro. Sie muss mit ihrem Bruder Jannis noch den Dienstplan für die nächsten zwei Wochen besprechen. Während sie für die Konditorei zuständig ist, ist ihr Bruder für die Backstube verantwortlich.
"Wir verstehen uns echt gut", sagt Theresa. "Klar haben wir auch mal Differenzen, aber wir werden uns immer einig. Wir unternehmen auch privat etwas zusammen. Neulich waren wir Geschwister gemeinsam in Bremen."
Bäckermeister Jannis Thumann ist lieber in der Backstube als im Büro
Jannis Thumann muss zurück in die Backstube. Dort hat er schon einige Arbeitsstunden hinter sich. Der Arbeitsplatz duftet nach frischem Brot und Brötchen. Der 25-jährige Juniorchef bereitet als Nächstes den Stollenteig vor.
Eigentlich hatte auch Thumann wie seine Schwester Christina nie im Sinn, Bäckermeister zu werden. Nach dem Fachabitur in Medienwirtschaft und SAP absolvierte er zunächst Praktika in dem Bereich. Er merkte schnell, dass ihn die Arbeit dort nicht glücklich machte. Nach einem Praktikum in einer Bäckerei war für ihn klar: "Ich werde Bäcker, obwohl man da früh aufstehen muss."
"Chefin von Thumann" stand schon im Poesiealbum
Während die Geschwister in Backstube und Konditorei backen, steht Schwester Theresa Thumann vorne im Laden. Die 27-Jährige schmiert gemeinsam mit ihrer Mutter Brote, eine Bestellung für den Nachmittag: "Ich mag die Mischung aus Büro und Service hier gern. Auch mit Mama an der Theke zusammenzuarbeiten, macht mir viel Spaß. Ich kann beim Dekorieren noch viel von ihr lernen."
Theresa Thumann arbeitet im Service und im Büro
Theresa Thumann schrieb schon in ihr Poesiealbum, dass sie später Chefin der Bäckerei werden wolle. Als sie erwachsen wurde, dachte sie an etwas Soziales oder Kaufmännisches. Nach einer Ausbildung zur Kauffrau in Münster entschied sie aber doch für die Bäckerei in Sassenberg.
Was Theresa Thumann an der Arbeit im Familienbetrieb gefällt
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Eine stolze Mutter
Nachdem der Andrang der Kunden am Morgen abgearbeitet ist, treffen sich immer alle Geschwister zusammen mit Mutter Walburga Thumann in der Küche zum gemeinsamen Frühstücken. Sie hatte das Unternehmen erst vor wenigen Jahren von ihrer Mutter übernommen. Als Bäcker- und Konditormeisterin packt sie immer dort an, wo sie gebraucht wird. Sie ist glücklich, dass sich alle drei Kinder für den Familienbetrieb entschieden haben.
Zum Jahresende 2023 hat Walburga Thumann die Verantwortung für den Betrieb an ihre drei Kinder abgegeben. Damit hat die vierte Generation in der Bäckereigeschichte Thumann endgültig das Kommando übernommen.
Über das Thema haben wir am 24.11.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.