Gleiche Chancen für alle Kinder: So helfen Ehrenamtler beim Schulstart

Kleve | Ehrenamt

Stand: 21.08.2024, 07:32 Uhr

Wasserfarben, Filzstifte, Buntstifte, Hefte in verschiedenen Farben. Auf der Theke im Schulmaterialmagazin der Tafel in Geldern hat eine Helferin schon einiges bereitgelegt. Aus dem Regal hinter ihr zieht sie mehrere Schnellhefter, aus einem anderen Fach eine Schere.

Auf der anderen Seite der Theke steht Klevis Sula. Eigentlich hat er einen anderen Nachnamen. Vor vier Jahren ist Sula aus Albanien nach Deutschland gekommen. Jetzt kommt sein Sohn in die Schule. "Ich darf nicht arbeiten", sagt er. Die Schulausstattung allein von der Sozialhilfe zu bezahlen, ist praktisch unmöglich.

Familien können sich Schulmaterial nicht leisten

So wie Sula kommen auch viele andere Väter und Mütter ins Schulmaterialmagazin. Vor dem Gebäude hat sich eine kleine Schlange gebildet. Allein im letzten Jahr haben die Ehrenamtlichen hier rund 600 Familien aus Geldern und dem Umkreis versorgt. Mit Kindern von der ersten bis zur 13. Klasse. Alle Familien eint: Für eine richtige und komplette Schulausstattung ihrer Kinder reicht das Geld nicht. Nach Schätzung der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW kostet allein der Schulstart pro Kind bis zu 500 Euro.

Deshalb ist Sula sehr dankbar für die Hilfe im Schulmateriallager. Er sucht die Farbe einer Sammelmappe für seinen Sohn aus, es wird eine blaue, und ein Federmäppchen. Die ehrenamtliche Helferin beim Schulmaterialmagazin guckt zur Sicherheit noch einmal auf die zweiseitige Liste in ihrer Hand: "Schultornister haben Sie schon? Dann sind Sie fertig."

Über das Bildungs- und Teilhabepaket können bedürftige Familien in NRW in diesem Jahr knapp 200 Euro Zuschuss für Schulmaterial bekommen. Das ist aber viel zu wenig, finden Sozialverbände wie der VdK. Allein ein vernünftiger Tornister kostet in der Regel mehr als 100 Euro, nach oben sind kaum Grenzen gesetzt. Gleichzeitig sind immer mehr Kinder von Armut betroffen. In NRW wächst bereits mehr als jedes fünfte Kind in Armut auf. Hier gibt es Tipps, wie der Schulstart zumindest etwas günstiger wird.

Julia Ivanov könnte sich mehrere hundert Euro für Schulsachen ebenfalls nicht leisten. Auch ihr Nachname lautet eigentlich anders. Ivanov ist vor anderthalb Jahren mit ihrer Familie aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet.

Hilfe, wie sie auch viele andere Familien brauchen. "Die Not ist schon sehr groß", beobachtet Monika Moss-Janssen. Sie ist Schulsozialarbeiterin am Berufsbildungszentrum in Kleve. "Es ist immer wieder so, dass Kinder ohne Materialien in der Schule sitzen." Durch die steigenden Preise hätten immer mehr Familien Probleme, das Geld für die Schulsachen zusammenzubekommen. Dabei ist Chancengleichheit in der Schule "unfassbar wichtig", sagt Moss-Janssen.

Nur Markenartikel für die Schulkinder

Die Ehrenamtlichen im Schulmateriallager der Tafel in Geldern tun für diese Chancengleichheit alles, was sie können. Routiniert sammeln sie zusammen, was auf den Listen steht. Vom Anspitzer bis zum Zeichenblock ist alles fein säuberlich in blauen Kästen in einem hohen Regal sortiert. In einer anderen Ecke des Raumes stapeln sich 100 nagelneue Tornister. An einer Wand zusätzlich noch viele aus zweiter Hand. Jeder einzelne wird eine Familie spürbar entlasten.

"Wir haben hier eine segensreiche Einrichtung geschaffen", sagt Alfred Mersch stolz. Er hat die Hilfsaktion vor zehn Jahren ins Leben gerufen und organisiert sie bis heute. Ein Grundsatz: Sie verteilen nur Markenartikel. Warum?

Das Geld dafür kommt von Sponsoren. Es ist ein niedriger fünfstelliger Betrag. Damit möglichst vielen Familien damit geholfen werden kann, schreiben die Ehrenamtlichen in Geldern genau auf, wer was bekommen hat. Manche Dinge geben sie nur einmal pro Schuljahr heraus, andere auch alle drei Monate.

Familienvater Klevis Sula ruft den Ehrenamtlichen noch "Vielen Dank und einen guten Tag" zu. Dann macht er sich mit dem neuen Tornister und einer großen Tasche voll mit Stiften, Heften und Schreibmaterial auf nach Hause.

Über dieses Thema haben wir auch am 16.08.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.