Zwei Frauen in Winterjacken stehen vor einem Haus. Sandsäcke und Werkzeuge liegen vor dem Eingang.

Danke an die Helfer: Wie einer Alleinerziehenden neue Hoffnung geschenkt wurde

Münster | Ehrenamt

Stand: 11.01.2024, 15:28 Uhr

Vanessa Steinhübel wurde vom Hochwasser schlimm getroffen: Die 39-jährige Mutter aus Rheine verliert fast ihre gesamte Existenz. Warum sie trotzdem hoffnungsvoll in die Zukunft blickt.

Von Ann-Christin Voßkühler

Am 25. Dezember packt Vanessa Steinhübel das Nötigste zusammen und flieht. Mit ihrem 13 Monate alten Kind auf dem Arm watet sie durch das Wasser in ihrem Haus. Wenig später steht es bis zu einem Meter hoch in dem freistehenden Gebäude aus Holz. Eine lebensbedrohliche Situation. Mit ihrer gewaltigen Kraft zerstören die Wassermassen fast alles, was Steinhübel besitzt.

Wird Vanessa Steinhübels ihr Haus für immer verlieren?

00:20 Min. Verfügbar bis 11.01.2026

Die 39-Jährige wohnt direkt an der Ems in Rheine, einer 80.000-Einwohner Stadt nördlich von Münster. Mitten durch den Ort fließt die Ems. An sonnigen Tagen ist es ein malerisches Bild. Aber sonnige Tage, die gibt es Ende vergangenen Jahres nicht. Stattdessen gibt es Regen, viel Regen. Normalerweise liegt der Pegelstand der Ems bei um die vier Meter. An Weihnachten steigt er auf über acht. 2011 kaufte Steinhübel das Haus, das so idyllisch am Ems-Ufer liegt. So hoch wie an Weihnachten 2023 stand das Wasser noch nie.

Große Schäden, keine Versicherung

Die kleine Familie steht von einem Tag auf den anderen vor den Trümmern ihrer Existenz. Steinhübel kommt als erstes bei ihrer Schwester Jasmin Optenhövel unter. "Ich bin froh, dass meine Familie für mich da ist und immer hinter mir steht", sagt Steinhübel. Dieses Weihnachten, da rückt die Familie noch enger zusammen als je zuvor. Ihre Schwester startet einen Spendenaufruf, bis Anfang Januar kommen mehr als 12.000 Euro zusammen. "Für mich war sofort klar, dass meine Schwester bei mir unterkommen kann, sie hat ja nun gar nichts mehr", sagt Optenhövel.

Ein kleines, braunes Holzhaus steht in einem wäldlichen Gebiet unter Wasser

Das Wasser stand in dem kleinen Haus fast einen Meter hoch

Das große Problem: Das Haus ist nicht versichert. Die letzte Versicherung hatte Steinhübel wegen Leitungswasserschäden einige Zeit vor dem Hochwasser gekündigt. Sie versuchte erfolglos, eine neue Versicherung zu finden. Aufgrund der Nähe zur Ems nimmt sie keine Versicherung auf und da ist sie nicht die einzige. Menschen, die in der Nähe der Ems oder anderen Gewässern wohnen, bekommen von den Versicherern zwar eine Wohngebäudeversicherung, häufig allerdings ohne Elementarschutz. Anwohner sind daher bei Hochwasser nicht abgesichert und müssen die Schäden selbst zahlen. Versicherungen dürfen eine Elementarschaden-Versicherungen ablehnen, wenn ihnen das Risiko zu groß ist.

Vor einer weißen Wohnungstür liegen Sandsäcke, Eimer und Tüten.

Das Wasser ist mittlerweile weg, doch Schlamm und Dreck erschweren das Aufräumen

Solidarität und Dankbarkeit

Nicht nur von ihrer Familie bekommt Steinhübel in dieser Zeit viel Unterstützung. Freunde, Nachbarn und Bekannte kommen noch an den Weihnachtstagen und packen da an, wo sie gebraucht werden. "Dafür bin ich unglaublich dankbar, es sind so viele Menschen gekommen, ich weiß nicht, was ich sonst gemacht hätte", sagt sie. Einige Helfer bringen Angleranzüge und Kanus mit, um zum Haus zu kommen und die wichtigsten Sachen zu retten. Ihre Schwester hat das alles miterlebt, sie kann es noch nicht richtig realisieren.

Jasmin Optenhövel über das Gefühl, so eine Unterstützung zu erleben.

00:13 Min. Verfügbar bis 11.01.2026

In Nordrhein-Westfalen waren über Weihnachten tausende freiwillige Helferinnen und Helfer im Hochwasser-Einsatz. Sie haben Sandsäcke geschleppt, Keller leergepumpt und Menschen aus Häusern gerettet. Der Zusammenhalt war riesig: Ehrenamtliche, Hilfsorganisationen, Rettungskräfte, Anwohner und Nachbarn waren tagelang im Einsatz.

Aktionstag "Der Westen hält zusammen. Gemeinsam helfen in NRW."

Am Donnerstag, 11. Januar rückt der WDR Menschen in den Fokus, die beim Hochwasser mit angepackt haben. Egal, ob im Beruf oder ehrenamtlich. Daran beteiligt sind im Fernsehen WDR aktuell, die Aktuelle Stunde und die WDR Lokalzeiten. Ab 20.15 Uhr gibt es außerdem eine einstündige Live-Sendung mit Helfern und NRW-Ministerpräsident Wüst. Im Radio sind 1LIVE, WDR 2, WDR 4 und WDR 5 dabei. Ebenso alle digitalen Angebote des WDR.

Das Wasser in Steinhübels Haus ist inzwischen abgeflossen. Das Chaos ist geblieben. Seit Tagen kämpft sich die alleinerziehende Mutter durch Schlamm und Dreck auf ihrem Grundstück. Das Haus ist unbewohnbar. "Ich bin immer noch richtig fertig und total kaputt. Ich komme jeden Tag hierher, aber es ist noch so viel zu tun", sagt Steinhübel.

Alles muss erneuert werden: Fliesen raus, neue Heizung, neue Elektrik. Wie lange das dauert, kann aktuell niemand sagen. Und ob die 39-Jährige es finanziell stemmen kann, ist noch unklar. An ihrem Traum vom Leben an der Ems in Rheine will sie trotzdem irgendwie festhalten. Sie hofft, dass sie irgendwann in ihr Haus zurückkehren kann.

Über dieses Thema berichten wir auch am 11.01.2024 im WDR Fernsehen: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.