Mechtild Pfumfel lächelt in die Kamera

Mechtilds Seniorenmensa: Drei Gänge gegen die Einsamkeit

Münster | Füreinander

Stand: 19.12.2023, 15:12 Uhr

Alle zwei Wochen, immer mittwochs, müssen rund 60 ältere Menschen aus Rinkerode im Kreis Warendorf nicht alleine essen. Sie kommen im Pfarrsaal zusammen und vergessen einen Mittag lang ihre Einsamkeit. Möglich gemacht wird die gemeinsame Zeit von Mechtild Pfumfel und ihren Helferinnen.

Von Lena Breuer

Beherzt knetet Mechtild Pfumfel in einer großen roten Schüssel, vermengt kiloweise Hack, Zwiebeln und Eier zu Frikadellenmasse. "Könnt ihr schon mal den Kohl schneiden, dann kann der schon mal in den Topf!", ruft sie durch die kleine, braun geflieste Küche. "Und wo bleiben eigentlich die Kartoffeln?" Die 70-Jährige streicht sich mit dem Handrücken die weißgrauen Haare aus der Stirn, wendet sich dann den Töpfen auf dem Herd zu, schmeckt die Suppe ab. Am Tisch nebenan schälen ihre Kolleginnen säckeweise Kartoffeln.

Mechtild Pfumfel in der Küche

Mechtild Pfumfel kauft die Zutaten ausschließlich im örtlichen Supermarkt ein

Es ist etwa 7.30 Uhr morgens, draußen ist es noch dunkel, aber im Pfarrhaus von Rinkerode sind die Frauen schon längst über Eimer, Schüsseln und Töpfe gebeugt. In fünf Stunden muss das Essen fertig sein, dann kommen 60 Seniorinnen und Senioren aus dem Ort zum Drei-Gänge-Menü. Es wird Tomatensuppe geben, dann Kartoffeln mit Rahmspitzkohl und Frikadellen, zum Nachtisch einen Himbeertraum.

Das Küchenteam schneidet Gemüse

Alles hier wird von Hand geschnibbelt und gekocht

Ehrenamt als "Vollzeitjob"

Etwa 3.800 Menschen leben in Rinkerode, 20 Kilometer südlich von Münster. Viele junge Dorfbewohner sind weggegangen, studieren, arbeiten - die Alten sind geblieben und viele von ihnen sind einsam. "Und genau das will ich, wollen wir hier ändern", erklärt Pfumfel energisch. Zweimal im Monat organisiert sie deshalb das gemeinsame Mittagessen. Die "Seniorenmensa" gibt es nun schon seit zwölf Jahren.

Warum die Seniorenmensa wichtig für die Menschen ist

00:14 Min. Verfügbar bis 19.12.2025

"Heute ist unser 276. Mal, ich kann das selber kaum glauben", schüttelt Pfumfel lachend den Kopf. 276 Mal Mittagessen, also exakt 15.041 Gäste – die resolute 70-Jährige hat über die Jahre akribisch Buch geführt. Früher hat sie selbst im Pfarrbüro gearbeitet, hat zwei Kinder großgezogen. Mittlerweile ist ihr Ehrenamt fast ein Vollzeitjob - planen, einkaufen, Helferinnen organisieren, kochen und natürlich mit den Menschen in Kontakt bleiben. "Mechtild ist unser bestes Pferd im Stall. Sie hat den roten Faden und wir anderen machen einfach", fasst eine Kollegin Pfumfels Engagement zusammen.

Mittagessen nur für Menschen aus Rinkerode

Mittlerweile ist es 10.30 Uhr - in der kleinen Küche riecht es nach Kohl, die Frikadellen brutzeln im Fett. Die Stimmung ist konzentriert. Ruhig und routiniert arbeiten die acht Frauen rund um Pfumfel: "Wir sind ein super eingespieltes Team." Im Saal sind inzwischen die Tische gedeckt und liebevoll mit Servietten und Kerzen geschmückt. Wer zur Seniorenmensa kommen möchte, muss sich vorher anmelden - und in Rinkerode leben. "Sonst stünden hier mehrere Hundert Menschen, das können wir nicht leisten", sagt Pfumfel und lacht in Richtung ihrer Kolleginnen.

Rund 20 Prozent der Menschen über 80 geben in Umfragen an, sich einsam zu fühlen, Frauen leiden öfter darunter als Männer - auch weil sie häufig länger leben als ihre Partner. Gerade in ländlichen Regionen ist das Zusammenkommen schwierig, hier sind die Wege weiter und Seniorinnen und Senioren oft nicht mehr so mobil.

"Ich freue mich über die glücklichen Gesichter"

12.30 Uhr, die Türen des Pfarrhauses öffnen sich und der Saal füllt sich schnell. Die Seniorinnen und Senioren begrüßen sich, die meisten kennen sich, die Stimmung ist fast ausgelassen. Pfumfel ist überall, drückt Hände, klopft auf Schultern und geleitet ihre Gäste zu den Plätzen.

Was die Seniorenmensa Mechtild Pfumfel bedeutet

00:22 Min. Verfügbar bis 19.12.2025

Fünf Euro kostet das Drei-Gänge-Menü. Das Geld wird vollständig für die Lebensmittel ausgegeben. "Selber etwas essen? Das kann ich nicht, dazu bin ich zu gestresst, aber ich freue mich über die glücklichen Gesichter", sagt Pfumfel, während sie einen Rollator zur Seite schiebt. Und tatsächlich, als die dampfende Tomatensuppe in die Teller gefüllt wird, sind im Saal viele glückliche Gesichter zu sehen. Die ganze Arbeit - sie hat sich gelohnt.

Über dieses Thema haben wir am 25.11.2023 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.