Kampf gegen die Kilos: Sarahs Weg zu einem neuen Leben

Siegen-Wittgenstein | Füreinander

Stand: 20.02.2025, 12:48 Uhr

Sarah Berkhahn zerpflückt eine Banane in kleine Stücke und gibt sie in einen Mixer. Währenddessen pressen die anderen Frauen in der Küche Zitronen aus und geben Joghurt dazu. Auf dem Programm des Kochevents stehen heute Smoothies. Sie sollen die Lösung für ein bekanntes Problem sein: "Wir haben immer die Schwierigkeit, morgens schnell etwas Gesundes zu essen", erklärt eine der Teilnehmenden. Das wollen sie ändern, denn sie alle kämpfen mit Übergewicht und gehören zur Adipositas-Selbsthilfegruppe "Pummelchen" in Siegen.

Laut den neusten Zahlen des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2021 rund 53 Prozent der Deutschen übergewichtig. Von Übergewicht spricht die Wissenschaft bei einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 25 und 30. Der BMI setzt das Gewicht in Relation zur Körpergröße. Adipositas bezeichnet starkes Übergewicht ab einem BMI über 30. Im Jahr 2021 waren davon in Deutschland knapp 17 Prozent der Erwachsenen betroffen. Männer sind dabei häufiger übergewichtig als Frauen.

Volkskrankheit Adipositas: Weltweites Problem

Die Weltgesundheitsorganisation spricht von einer regelrechten "Adipositas-Epidemie". Seit den 1970er-Jahren hat sich die Zahl der adipösen Menschen laut WHO weltweit und in Deutschland fast verdreifacht. Die Ursachen für die anerkannte Krankheit sind vielfältig und haben unter anderem gesellschaftliche, familiäre und individuelle Hintergründe. Ein ungünstiges Ess-, Trink- und Bewegungsverhalten kann schließlich zur Gewichtszunahme führen.

Berkhahn hat einen langen Leidensweg hinter sich. Doch das sieht man der 34-Jährigen auf den ersten Blick nicht an. Beim Treffen der Selbsthilfegruppe versprüht die Frau aus Bad Berleburg pure Lebensfreude. Noch vor wenigen Jahren wog sie 118 Kilo und spürte die Folgen ihrer Krankheit: Bluthochdruck, Gelenkschmerzen und Atemprobleme. Doch Ernährungsberatung, Sport und sogar eine Therapie halfen nicht.

"Irgendwann habe ich nur noch an Essen gedacht und mich nicht mehr getraut, wirklich zu essen. Und trotzdem ging kein Grämmchen runter. Ich habe jahrelang so viel gegeben. Es ist einfach nie etwas passiert", erzählt sie. Trotz ihrer jahrelangen Versuche, abzunehmen, stößt Berkhahn immer wieder auf das hartnäckige Vorurteil, übergewichtige Menschen seien zu faul zum Abnehmen.

Magen-OP als letzte Chance

Schließlich entscheidet sich Berkhahn wie viele der Frauen in der Selbsthilfegruppe für eine Magenoperation. Dabei wird der Magen verkleinert, sodass man weniger essen kann. "Ich habe einen sechsjährigen Sohn und mir gesagt: Ich möchte ihm das nicht vorleben, nicht unzufrieden durchs Leben gehen und so viele Aktivitäten aufgrund meines Übergewichts nicht machen können", sagt Berkhahn.

Im Adipositaszentrum fühlte sie sich zum ersten Mal ernst genommen. "Mir wurde dort gesagt: 'Du bist krank und kannst dafür nichts. Du hast es jahrelang versucht, aber dein Stoffwechsel ist einfach kaputt und mit der OP können wir dir helfen.'" Ein beliebtes Mittel zur Gewichtsabnahme sind mittlerweile auch sogenannte Abnehmspritzen wie Ozempic oder Wegovy. Krankenkassen in Deutschland übernehmen die Kosten von etwa 300 Euro pro Monat aktuell allerdings nur bei Diabetikern.

Gemeinsam gegen die Pfunde

In der Adipositas-Selbsthilfegruppe gehen Berkhahn und die anderen Teilnehmenden zusammen zum Sport, veranstalten Kochabende oder shoppen gemeinsam. So auch an diesem Nachmittag. Ein Dutzend Frauen schieben in einem Geschäft Kleiderbügel hin und her, quatschen und lachen zusammen. "Tada", ruft Berkhahn, als sie den Vorhang der Umkleide zurückzieht und sich den anderen in einer roten Hose präsentiert. Ein begeistertes "Wow" geht durch den Raum.

Berkhahn hat mittlerweile rund 40 Kilo abgenommen. Doch sie ist noch nicht am Ziel. Die "Pummelchen" unterstützen sie dabei, weiter abzunehmen. Um das Leben in vollen Zügen genießen zu können.

Über dieses Thema haben wir auch am 28.11.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.