"Jeder kann etwas tun": Wie Elke Dokus Wohnungslosen in Münster hilft
Stand: 08.01.2025, 07:29 Uhr
Der Bremer Platz in Münster ist Treffpunkt für alle, die sonst nirgendwo erwünscht sind. Einmal in der Woche fährt Elke Dokus genau hier hin und verteilt frisch geschmierte Brötchen an Bedürftige. Wieso die "One-Woman-Show" heute mehr gebraucht wird als je zuvor.
Von Lena Breuer
Auf dem Bremer Platz in Münster hat sich eine kleine Schlange gebildet. Geduldig stehen die Menschen in einer Reihe unter einer Straßenlaterne. Es ist kalt und riecht nach frischem Kaffee. Aber auch nach Menschen, die schon länger nicht mehr geduscht haben. Elke Dokus stört das nicht. Sie ist warm angezogen, trägt eine Daunenjacke und eine bunte Strickmütze. Sie steht vor grünen Klappkisten und reicht geduldig eine Brötchentüte nach der anderen heraus.
Münster: Wohnungslosigkeit nimmt zu
Die meisten, die hier geduldig auf ihre Tüte warten, gehören zu den etwa 2550 Wohnungslosen in Münster. So viele hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe im Jahr 2023 gezählt. Alle haben kaum Geld, manche Probleme mit Alkohol oder Drogen - oder beides. Elke Dokus weiß, dass das auf andere Menschen abschreckend wirken kann. Dabei wären ein respektvoller Umgang und Zuhören eigentlich wichtig.
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"Willst du ein Salami- oder ein Käsebrot? Heute kannst du dir auch zwei nehmen", sagt Dokus zu einem Mann, der zwei Kapuzenpullover übereinander trägt. Seine Antwort ist nur ein Nuscheln, aber er greift nach gleich zwei Brötchen und verzieht das Gesicht zu einem Lächeln.
Nicht alle, die sich ein belegtes Brötchen abholen, leben dauerhaft auf der Straße. Manche kommen zeitweise bei Freunden oder Verwandten unter. Seitdem der Ukraine-Krieg die Situation auf dem Wohnungsmarkt deutschlandweit weiter verschärft hat, ist es für viele am Bremer Platz in Münster noch schwieriger geworden, eine Wohnung zu finden. Der Platz an der Ostseite des Hauptbahnhofes ist ein bekannter Treff der Drogenszene. Die Stadt Münster startete hier ein vom Land gefördertes Pilotprojekt und gestaltete den Platz für drei Millionen Euro um. Drogenszene und Anwohner sollten dadurch besser miteinander auskommen. Für Helfende wie Elke Dokus gibt es außerdem einen klaren Anlaufpunkt.
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Jedes Wochenende kauft die zweifache Mutter frische Lebensmittel ein, finanziert von Spendengeldern. Wenn das nicht reicht, auch aus der eigenen Tasche. Dann bereitet sie kurz vor der Verteilung am Bremer Platz Brötchen, Kuchen und Snacks in ihrer kleinen Küche vor. Während der Vorbereitung ist jeder Zentimeter ihrer dunkelgrauen Arbeitsplatte belegt. Frische Brötchenhälften, Aufschnitt, dazwischen Kuchen und Obst. "Mir ist es total wichtig, dass die Brötchen frisch belegt sind", erklärt die 59-Jährige und schmiert Margarine auf eine Hälfte.
"Jeder kann etwas tun"
"Ich mache das alles selbst. Wenn ich die belegt vom Bäcker holen würde, dann lägen die ja schon ein paar Stunden, so ist es viel leckerer." Mit geübten Handgriffen belegt sie die Brötchen, packt sie in handbeschriebene Brötchentüten und anschließend in Plastikkisten. "Ich bin so ein bisschen eine One-Woman-Show", erklärt Dokus lachend. "Vor 7 Jahren haben wir erst in einer Gruppe mit anderen angefangen. Irgendwann war nur noch ich übrig." Dokus ist geblieben und inzwischen bekannt.
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"Die Szene, also meine Leute dort, wissen schon, dass ich komme", sagt Dokus, während sie ihr Auto bepackt. Unter der Woche arbeitet sie in der Finanzverwaltung des Landes, die Stunde hier auf dem Bremer Platz ist für sie ein Ausgleich. "Ich freue mich, wenn sie sich freuen. Und gleichzeitig bin ich super dankbar, wenn ich nach Hause ins warme Bett kommen kann. Für mich ist die Hilfe selbstverständlich, jeder kann etwas tun."
Über dieses Thema haben wir auch am 23.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.