Es ist Montagmorgen, auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft in Mülheim-Mitte riecht es nach arabischen Gewürzen. Der Duft kommt aus dem Gemeinschaftsraum. Etwa 15 Frauen sind hier gerade gut beschäftigt. Eine knetet Teig, eine andere rollt ihn aus, eine weitere kümmert sich um den Belag. "Manakish gibt es bei uns ganz oft", erzählt Iman Hamda und zeigt auf die libanesische Pizza, die vor ihr liegt. Sie selbst kommt aus Syrien und lebt seit etwa fünf Jahren in Deutschland. Heute lernt sie, wie die Zutaten auf Deutsch heißen: "Thymian, Sesam und Olivenöl kommen darauf", erklärt ihr Bilge Akbulut. Sie ist Sozialarbeiterin bei der Caritas und leitet das Frauentreffen. "Wir haben montags immer eine kleine Aktivität und verbinden damit das Deutschlernen", sagt die 27-Jährige.
Die Caritas in Mülheim an der Ruhr bietet jede Woche verschiedene Angebote für geflüchtete Menschen an. Alle haben das Ziel, die Integration zu fördern. Es gibt Sprachkurse, Mutter-Kind-Treffen oder das Mutcafé, bei dem speziell Frauen im Fokus stehen. Das niederschwellige Förderangebot ist kostenlos, die Frauengruppe bunt gemischt: Junge Frauen mit kleinen Kindern unterhalten sich mit Älteren, die alleine nach Deutschland gekommen sind. In einem Spielzimmer können die Kinder spielen, die Mütter lernen nebenan Deutsch. Warum ein gesondertes Angebot für Frauen wichtig ist?
Mutcafé in Mülheim: Spielend Deutsch lernen
Durch das Mutcafé lernen die Frauen nicht nur Deutsch, sondern kommen auch aus ihrem Alltag heraus und knüpfen Freundschaften. "Wir erleben oft, dass die Frauen in den Flüchtlingsunterkünften vereinsamen. Die Männer gehen arbeiten oder machen eine Ausbildung. Die Frauen sind mit den Kindern alleine und von der Gesellschaft abgeschottet", erzählt Akbulut. Viele Frauen, die in der Vergangenheit an dem Treffen teilgenommen haben, haben inzwischen auch beruflich Fuß gefasst. Denn sie erhalten von der Caritas auch Unterstützung bei der Jobsuche. "Ich konnte vielen Frauen helfen, einen Minijob zu finden. Manche arbeiten zum Beispiel als Küchenhilfe in der offenen Ganztagsschule", sagt die Sozialarbeiterin.
Genügend Interessentinnen gibt es allemal. Schließlich waren laut Ausländerzentralregister Ende 2023 rund 49 Prozent der Geflüchteten mit anerkanntem Schutzstatus in Deutschland Frauen. Das entspricht rund 1,2 Millionen Menschen.
Während die libanesischen Pizzen im Ofen backen, hält Akubulut kleine Schilder mit Bildern in die Luft. Der Reihe nach fordert sie die Frauen auf, zu beschreiben, was sie auf den Bildern sehen. Kleine Versprecher und manchmal völlige Ahnungslosigkeit gehören hier genauso dazu, wie gemeinsames Lachen über die Sprachfehler. "Hier können die Frauen in einer vertrauten Umgebung aus sich herauskommen und sich trauen, Deutsch zu sprechen. Das sind die ersten Schritte für eine gelungene Integration", erklärt Akbulut.
Die Atmosphäre bei dem Frauentreffen ist entspannt und vertraut. Teilnehmerin Iman Hamda hat Nachtisch mitgebracht. Sie versucht, den anderen Frauen zu erklären, woraus dieser besteht. "Künefe?", sagt sie fragend und sucht nach den richtigen Worten auf Deutsch. "Du meinst Engelshaar?", hilft ihr Sozialarbeiterin Akbulut auf die Sprünge. Die Sozialarbeiterin spricht neben Deutsch auch fließend Türkisch und hat durch das Café inzwischen viele Wörter in anderen Sprachen gelernt.
Auch wenn Deutschlernen im Fokus steht, lernen alle auch von- und übereinander. "Wir haben Frauen aus Syrien, Marokko, Irak oder Afghanistan. Hier treffen unterschiedliche Kulturen aufeinander. Und nicht nur die Frauen lernen von mir. Ich habe bisher auch viel von den Frauen gelernt und bin sehr dankbar dafür", sagt die 27-Jährige.
Über dieses Thema haben wir auch am 08.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.