Ahmad Alkhateeb: Vom Geflüchteten zum Ehrenamtler mit Auszeichnung

Bielefeld | Füreinander

Stand: 18.08.2023, 10:35 Uhr

Seit acht Jahren ist Ahmad Alkhateeb in Deutschland. In der Zeit hat er Fachabitur gemacht, ein Studium begonnen, einen Verein gegründet und sich bei der Drogenberatung engagiert.

Es wirkt wie ein gemütliches Wohnzimmer in dem Ahmad Alkhateeb mit fünf anderen Ehrenamtlichen des Vereins "Café Welcome" sitzt. Zimmerpflanzen schmücken die Fensterbänke, an der Wand steht ein Klavier und die Holzstühle auf dem Teppich knarzen. Hier treffen sich jeden Morgen die aktiven Vereinsmitglieder zum Frühstück und besprechen, was es zu erledigen gibt. Alkhateeb ist jedes Mal dabei, wenn er nicht gerade eine Vorlesung oder ein Seminar hat. Der 33-jährige Student der Sozialen Arbeit gehört zu den Gründern des Vereins "Café Welcome". Dabei war er bei der Vereinsgründung 2015 selbst erst wenige Monate in Bielefeld.

Aus der Not geboren: Das Café Welcome

Das "Café Welcome" entstand während einer Zeit, in der tausende Syrer vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland geflohen sind. Alkhateeb war einer von ihnen. Auf der Flucht verspürt er den Impuls zu helfen. "Ich habe gesehen, dass die Menschen Hilfe brauchten, aber keiner sich um sie gekümmert hat. In den Camps im Libanon gab es Menschen mit Behinderung, Menschen die krank waren oder Kinder, die alleine dort gelebt haben. Sie waren alle auf Hilfe angewiesen. Deswegen war es mir wichtig, dass ich später selbst anderen Menschen helfe", sagt der gebürtige Syrer. Nachdem er selbst bei der Ausländerbehörde in Bielefeld vorstellig geworden ist, hilft er dort schon am nächsten Tag anderen Geflüchteten, nutzt seine guten Englischkenntnisse und übersetzt für die Mitarbeitenden. Dabei lernt er Menschen kennen, die ebenfalls versuchen Geflüchteten beim Ankommen in Deutschland zu helfen. Diese Hilfe für Menschen in Not wollen sie zusammen ausbauen. Das "Café Welcome" entsteht und wird zum sozialen Treffpunkt. Der Verein berät besonders Geflüchtete und hilft beispielsweise bei Anträgen oder Handyverträgen.

Was motiviert Ahmad für sein Ehrenamt? 00:53 Min. Verfügbar bis 27.07.2025

Heute sortiert Alkhateeb Obst und Gemüse für die Lebensmittelausgabe, die das "Café Welcome" einmal die Woche für bedürftige Menschen organisiert. Er packt alles in die Tüten, die später ausgeliefert werden und sortiert gekonnt das aus, was die "Stammkunden" sowieso nicht mögen. Die Lebensmittel bringen sie an die Haustür, falls die von Armut betroffenen Menschen nicht mehr so mobil sind. Kirsten Rentrop gehört auch zu den Gründern des Vereins und kümmert sich um die Organisation der Auslieferungen. Sie ist froh, dass Alkhateeb anpackt: "Er motiviert uns alle hier. Schon allein wegen seines Lebensgeistes."

Neben dem Verein und dem Studium: Ehrenamtler bei der Drogenberatung

Über das "Café Welcome" erfährt Alkhateeb von einem Projekt der Drogenberatung in Bielefeld, das ihn begeistert. PaSuMi (Partizipation, Sucht und Migration), heißt es und soll Geflüchtete darin ausbilden, andere Menschen mit Fluchterfahrung für das Thema Drogen zu sensibilisieren. In seiner Heimat sei Drogensucht ein Tabuthema und führe dazu, dass man aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde, sagt der gebürtige Syrer. Viele Geflüchtete würden sich deshalb keine Hilfe suchen, wenn sie Drogenprobleme entwickeln. Hinzu käme die Angst vor Konsequenzen durch die Ausländerbehörde. Anzuerkennen, dass süchtige Menschen auch krank sind und Hilfe brauchen, dieser Ansatz leuchtet dem Studenten ein und er will ihn weitergeben.

Alkhateeb arbeitet ehrenamtlich im "Café Welcome" und in der Drogenberatung | Bildquelle: WDR

Anfangs fährt Alkhateeb einmal die Woche mit anderen Freiwilligen und Sozialarbeitern an die Bielefelder Tüte. Der Ort ist bekannt dafür, dass hier viele Menschen Drogen konsumieren. "Eine ganz andere Welt", sagt Alkhateeb. Wenn er da ist, verteilt er Kaffee und Sandwiches, sucht das Gespräch und vermittelt Hilfsangebote. Mittlerweile hat der 33-Jährige seine Tätigkeit bei der Drogenberatung ausgeweitet. Einmal die Woche fährt er mit Kindern- und Jugendlichen aus suchtbelasteten Familien zu einer Hütte im Teutoburger Wald. Alkhateeb beschreibt die Ausflüge dorthin in etwa so: Die Kinder sollen sich ablenken, ausprobieren und abends müde ins Bett fallen.

Auszeichnung durch den DAAD

Alkhateebs Engagement fällt auf. Eine Dozentin seiner Hochschule schlägt ihn für den Preis für besonderes Engagement des Deutschen Akademischen Austauschdienstes vor. Der gebürtige Syrer bekommt ihn und ist sehr stolz. Von dem Preisgeld kauft er sich ein Fahrrad. Er will noch mehr von Bielefeld sehen und kennenlernen.  

Über das Thema berichteten wir am 23.06.2023 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit aus OWL, 19.30 Uhr.