Nawaf Morad, Integrationsbotschafter in einer Flüchtlingsunterkunft in Hilden, lächelnd im Portrait

"Ein schönes Gefühl": Wie ein Flüchtling seinen Mitbewohnern hilft

Mettmann | Füreinander

Stand: 10.08.2024, 08:43 Uhr

Kleine und größere Probleme lösen. Das ist der Job von Nawaf Morad. Der Syrer lebt in einer Flüchtlingsunterkunft in Hilden. Die anderen Bewohner haben ihn zum Integrationsbotschafter gewählt.

Von Cindy Glasmacher

Dreckiges Geschirr liegt im Spülbecken. Kaffeetasse, Schüsseln, Becher, Löffel, ein Teller mit Saucenresten. Dawoud Bakhshi steht sauer in der Küche einer Flüchtlingsunterkunft in Hilden. "Ich wollte für meine Tochter kochen und das Geschirr von heute Morgen abwaschen, aber schau mal, wie es hier aussieht, alles dreckig und schmutzig", sagt er. Und beschwert sich bei Nawaf Morad. Morad hat das Küchen-Chaos nicht hinterlassen. Aber er ist derjenige, der das Problem lösen kann.

Kleine Streitigkeiten sind kein Einzelfall in Flüchtlingsunterkünften. Gemeinschaftsräume, wie die Küche, müssen sie sich teilen, in den Zimmern ist es eng. Meist leben die Flüchtlinge nicht in Einzelzimmern. Privatsphäre? Fehlanzeige. In der Unterkunft in Hilden leben 84 Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammen. Damit es reibungslos läuft, müssen alle zusammenarbeiten, weiß Morad.

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Morad geht auf die Suche nach dem Verursacher für das Küchen-Chaos und findet ihn telefonierend im Flur. Der Verursacher spült die dreckigen Sachen schnell ab und räumt auf. Bakhshi kann für sich und seine Tochter kochen. Dass ausgerechnet Morad das Problem angeht, ist kein Zufall. Er ist einer von zwei Integrationsbotschaftern in Hilden. Noch ist so eine Position in den Hildener Unterkünften so gut wie einzigartig in NRW. Das könnte sich aber in Zukunft ändern.

Integrationsbotschafter als schnelle Problemlöser

Insgesamt leben in Hilden über 800 Flüchtlinge. Jedes einzelne Problem zu klären, jeden Streit im Keim zu ersticken, ist kaum möglich. Aber "so ein Integrationsbotschafter kann im Kleinen schon mal vermitteln", sagt Anja Voß, Leiterin des Amtes für Jugend, Soziale Dienste und Integration in Hilden. Von ihr stammt auch die Idee für die Position. "Ziel ist es, jemanden zu haben, der aus den Häusern selbst kommt und die Probleme vor Ort kennt. Somit eine Vertrauensperson ist für die Menschen in den Unterkünften", sagt sie. Sie beobachtet Morad und seinen Einsatz ganz genau. Wenn es gut läuft, sollen auch die anderen elf Unterkünfte in Hilden Integrationsbotschafter wählen.

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Morad ist vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen. Er lebt auch selbst in der Unterkunft. In seiner Heimat Syrien war Morad Lehrer. Als er davon hört, dass in der Unterkunft Integrationsbotschafter gesucht werden, meldet er sich sofort. "Ich möchte den Menschen helfen und versuchen, sie in die deutsche Gesellschaft zu integrieren", sagt er.

Ende April haben die Bewohner in der Unterkunft ihre beiden Integrationsbotschafter demokratisch gewählt. Begleitet von einem Workshop über Rechtsstaat, Demokratie und Eigenverantwortung.

In seiner Rolle soll Morad zwischen Stadt und Flüchtlingen vermitteln. Er steht im Flur und streicht mit seiner Hand über die fleckige und bekritzelte Wand. Viele Bewohner wünschen sich, dass der Flur bald neu gestrichen wird. Morad bespricht solche Wünsche bei einem monatlichen Treffen mit Stadt und Sozialarbeitern.

Der ehemalige Lehrer hat zuletzt einen Sprachkurs gemacht, wartet darauf, arbeiten gehen zu können. Für sein Ehrenamt hat er also genug Zeit. Und nutzt sie dafür sehr gerne: "Es ist ein schönes Gefühl und es ist mir wichtig, Leuten zu helfen", sagt er.

Über das Thema haben wir am 22.05.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.