150 Jahre Zeche Hugo: Klaus Herzmanatus sei Dank!
Stand: 25.01.2024, 08:52 Uhr
Förderturm und Fördermaschine stehen noch, obwohl im Jahr 2000 endgültig Schicht im Schacht der Zeche Hugo in Gelsenkirchen-Buer war. Der letzte Betriebsratsvorsitzende Klaus Herzmanatus hat die Überbleibsel der Zeche Hugo mit seinem Verein gerettet.
Von Agata Pilarska
Schicht im Schacht
Klaus Herzmanatus schließt das große Tor zum Gelände der Zeche Hugo auf. Vor ihm befinden sich die letzten Überreste des Gelsenkirchener Bergbaus. Hinter ihm verrottet allmählich ein anderer Teil seiner Lebensgeschichte: das ehemalige Betriebsratsbüro. "Das Kauengebäude gehört uns leider nicht. Aber immerhin ist es erhalten geblieben", sagt Herzmanatus.
Wie blickt Herzmanatus heute auf das Ende des Bergbaus?
00:29 Min.. Verfügbar bis 25.01.2026.
Die Kaue - das ist eigentlich ein Gebäude, in dem sich die Bergleute umziehen, waschen oder aufhalten, wenn sie nicht unter Tage sind. Herzmanatus war 39 Jahre alt, als Schicht im Schacht war. Mit 16 hat er auf der Zeche Hugo die Ausbildung als Grubenelektriker gemacht. Mit 17 wurde er Jugendvertreter im Betriebsrat und löste später seinen Vater als Vorsitzenden ab. Inzwischen ist er 62. Immer noch ist der Bergbau Mittelpunkt seines Lebens.
Neben dem Förderturm und der Halle mit der Fördermaschine befindet sich ein weiteres Gebilde. Herzmanatus zückt erneut den Schlüsselbund und drückt auf einen Lichtschalter. Von der Tunnel-artigen Decke leuchtet eine Anzeigetafel: Seilfahrt, Schacht acht. Mehrere Loren stehen auf den Schienen, dazu diverse Maschinen, Grubenfahrräder und lange Holzbalken: "Wir haben hier eine Bergbaustrecke nachempfunden, damit man verstehen kann, wie es in 1.000 Metern Tiefe war. Der ganze Bereich ist wirklich so, wie er unter Tage ist. Und wer sich wundert, dass es so voll ist - unter Tage war es auch so voll."
Nur die wenigsten Objekte stammen tatsächlich aus der Zeche Hugo, aber "Bergbau ist Bergbau", sagt Herzmanatus. Unter Tage kann man nicht mehr. Dennoch sind die Bergleute dankbar für jedes bisschen, das erhalten geblieben ist. Dreieinhalb Jahre hat Herzmanatus mit seinen ehemaligen Kumpeln und anderen Bergbau-Freunden dafür gekämpft. Alles sollte dem Erdboden gleich gemacht werden. Die Stadt Gelsenkirchen machte schließlich dem eigens dafür gegründeten Verein ein Angebot: Wenn Herzmanatus und seine Mitstreiter eine Sicherheitsrücklage von 80.000 Euro nachweisen können, bleibt erhalten, was noch steht.
Früher war die Zeche Hugo ein wichtiger Bestandteil der Bergbau-Industrie
Aber welcher Verein hat schon 80.000 Euro in der Tasche? "Rudi Assauer hat mir damals 3.000 Euro auf den Tisch gelegt und gesagt: Zeig denen, dass man sowas erhalten muss." Die Fußballlegende ist nur ein großer Unterstützer der Zeche Hugo. Innerhalb von vier Wochen kamen 60.000 Euro zusammen. Für die restlichen 20.000 Euro sorgte eine Bürgschaft. Die Zeche Hugo war gerettet. Endlich.
Ein Wimmelbild für Bergbau-Fans
Viele Loren stehen auf dem Gelände. Einige haben einen frischen Anstrich. Das ist nur eine Tätigkeit, mit der Herzmanatus seine Freizeit füllt. Irgendwas ist immer auf dem Gelände zu tun. Bis zu vier Stunden pro Tag verbringt Herzmanatus mit seinem Herzensprojekt. Und das sieben Tage die Woche. Dazu gehört auch das zwei Kilometer entfernte "Kleine Museum". Die winzige, zweistöckige Wohnung inmitten einer Bergbausiedlung direkt an der Rungenberghalde birgt zahlreiche Schätze: Grubenlampen, Ausrüstungsgegenstände, Brotdosen, Messgeräte und so einige Unikate.
Klaus Herzmanatus ist stolz auf die Bergbau-Andenken
Auf ein paar Stücke ist Herzmanatus besonders stolz. Er öffnet eine Vitrine und holt ein Holzspielzeug heraus: "Das nennt sich pickende Hühner. Eine Dame hat es uns geschenkt. Ihr Vater war Chefarzt im Krankenhaus. Wir haben leider in der NS-Zeit russische Kriegsgefangene gehabt, die hier unter Tage arbeiten mussten. Der Kriegsgefangene hatte einen Unfall, war dann im Krankenhaus und hat aus Dankbarkeit aus Grubenholz das Teil geschnitzt und hat es dann dem Chefarzt geschenkt."
Alle Objekte hat Herzmanatus kostenlos bekommen. Viele jüngere Menschen finden Objekte ihrer Eltern oder Großeltern im Keller und haben keine Verwendung dafür. Einiges konnten die Bergleute in der Schließungsphase der Zeche Hugo retten. Jeden Dienstag von 11 bis 15 Uhr öffnet das "Kleine Museum". Der Besuch ist kostenlos. Wenn Gruppen außerhalb der regulären Öffnungszeiten vorbei schauen wollen, macht Herzmanatus auch das möglich.
Das Bundesverdienstkreuz
Seine unermüdliche Leidenschaft, seit Jahrzehnten das Andenken an den Bergbau zu erhalten, hat ihm eine ganz besondere Auszeichnung eingebracht: 2016 wurde Herzmanatus mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auch damit tritt er in die Fußstapfen seines Vaters, der ebenfalls damit ausgezeichnet wurde.
Klaus Herzmanatus über das Bundesverdienstkreuz
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Wenn sich Herzmanatus in der Fördermaschinenhalle umschaut, ist er stolz: "Wir sind glücklich, dass wir die Fördermaschine halten konnten. Sie war mal die leistungsstärkste Maschine Europas. Man hätte sie auch ins Ausland verkaufen können." In der großen Maschinenhalle befindet sich inzwischen eine Bühne, eine Theke und Stehtische. Für ausgewählte Veranstaltungen kann die Halle gemietet werden - so deckt der Verein einen Teil der Betriebskosten: "Erst ein paar Jahre später, als zum Beispiel die Band ‚Paradise Lost’ hier ihre neue CD vorgestellt hat, habe ich realisiert, was wir hier eigentlich geschafft haben. Mit der tollen Truppe, die hier mitmacht - das ist unbezahlbar", sagt Herzmanatus. Immer spricht er von der Gruppe, niemals nur von sich selbst. Ein echter Bergmann eben.
Über dieses Thema haben wir auch am 22.01.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.