v. l. Christian Strzecha (ehemaliger Bergmann), Matthias Bohm (Grubenhelden)

Ruhrpott zum Anziehen: Die Kumpel-Kollektion auf Zollverein

Essen | Heimatliebe

Stand: 02.12.2023, 10:50 Uhr

Das Ruhrgebiet ist stolz auf seine Bergbautradition und trägt das auch gern nach außen. Das Weltkulturerbe Zeche Zollverein gibt es jetzt als Rock, T-Shirt oder Hoodie. Mit dabei ist ein echtes Stück Bergbaugeschichte.

Von Jan Akkermann

"Siehst du, hier ist der blaue Streifen. Authentischer geht’s nicht." Matthias Bohm (41) fährt mit seiner Hand über die Kapuze eines Hoodies aus der neuen Kollektion. Ein blau-weiß gestreiftes Stück Stoff ist dort eingenäht. Bohm ist backstage in der Essener Zeche Zollverein, er steht zwischen nackten grauen Wänden und dicken Metallstreben. Früher, als im Ruhrgebiet noch Kohle aus der Erde geholt wurde, wäre das blau-weiß gestreifte Stück Stoff in die Grubenhemden der Kumpel eingenäht worden. Jetzt wird es Mode, die Mitte November auf dem Laufsteg in Halle 8 des Weltkulturerbes das erste Mal präsentiert wurde.

Matthias Bohm erklärt, warum das Ruhrgebiet eigene Mode braucht

00:35 Min. Verfügbar bis 28.11.2025

2016 hat Bohm das Mode-Label Grubenhelden gegründet. In den Designs werden Symbole, Farben und Stoffe verwendet, die typisch für den Bergbau und die Region sind. Das Logo des Gladbecker Labels ist ein Förderturm. Auch der blau-weiß gestreifte Stoff findet sich in vielen Kleidungsstücken wieder. In der Vergangenheit gab es bereits mehrfach Kooperationen mit lokalen sowie internationalen Anbietern, wie beispielsweise einer Essener Brauerei oder einem deutschen Paketdienst. Nun soll auch das wohl bekannteste Essener Wahrzeichen auf der Kleidung mit eigener Linie verewigt werden. Unbekannt sind sich Zollverein und Grubenhelden nicht. Seit 2018 gibt es auf dem Gelände der Zeche einen kleinen Verkaufsraum des Modelabels.

Laufsteg in der Halle 8 des Weltkulturerbes Zollverein

Der Laufsteg in der Halle 8 des Weltkulturerbes Zollverein

Bohm hat für die Show in dem vor Tradition triefenden Zechengebäude Zeit und Geld investiert. Dort, wo früher riesige Hochdruckdampfkompressoren standen, sind Tribünen aufgebaut. Die Maschinenhalle ist in gedämpftes Licht getaucht. Auf die Wände werden Bilder aus der Bergbaugeschichte projiziert.

Ein Stück Bergbaugeschichte am Körper

Zollverein-Chef Hans-Peter Noll ist beeindruckt. Für den 64-Jährigen wird an diesem Abend ein Traum wahr. Schon vor sechs Jahren hatte er mit Grubenheld-Chef Bohm den Entwurf einer eigenen Kollektion für das Weltkulturerbe verabredet. "Es geht für uns nicht darum, mit dieser Mode Geld zu verdienen, also Kohle zu machen", sagt er grinsend. "Wir wollen mit dieser Kleidung ein Stück Geschichte der Bergleute auf Zollverein anbieten, das jeder am Körper tragen kann."

Ein grauer Hoodie aus der Kumpel-Kollektion mit blau-weißem Futter in der Kapuze

In die Kapuze dieses Hoodies ist Grubenhemd-Stoff eingenäht

Bohm widmet sich seiner Idee seit Jahren. Der 41-Jährige kaufte Restbestände des blau-weißen Grubenhemden-Stoffs auf, die nach den Zechenschließungen übrig waren. "Das reicht noch für Jahrzehnte." Inzwischen hat sich das Portfolio erweitert, zum Beispiel durch Jacken, in die Stücke von alten Schmelzermänteln eingenäht sind.

Mode-Label aus dem Ruhrgebiet reist um die Welt

Der Label-Gründer will seine Bergbau-Marke immer weiterentwickeln. Eigentlich hat er Sportwissenschaften studiert und mit Mode nichts zu tun. Jetzt widmet er sich voll der schwarzen Vergangenheit des Ruhrgebiets. "Als die Idee geboren war, habe ich losgelegt. Oder wie man im Pott sagt: Nicht nur quatschen, auch malochen", sagt er. Und das quasi aus familiärer Verpflichtung. "Mein Uropa war, wie so viele damals, unter Tage. Er hat mit dazu beigetragen, dass das Ruhrgebiet wurde, was es heute ist. Und diese Geschichte möchte ich weitererzählen." Und er hat Erfolg damit. Die Kollektion wächst. 2019 hatte das Label eine eigene Show auf der New York Fashion Week, mitsamt Kaue und Bergmännern auf dem Catwalk.

Die Bedeutung der Zeche Zollverein für das Ruhrgebiet

00:25 Min. Verfügbar bis 28.11.2025

An diesem Novembertag heißt es Altenessen statt Big Apple. Während Bohm erzählt, machen sich die Models für ihren Gang auf dem Laufsteg bereit. Das Publikum wartet gespannt. Licht aus, Spot an. Die ersten Models erscheinen in rostroten Shirts, der Farbe des Förderturms, der gleich neben der Halle steht.

Förderturm der Zeche Zollverein vor einem malerisch aussehenden Himmel

Ein Stück Bergbaugeschichte gibt es jetzt als Kleidung: der Förderturm der Zeche Zollverein

Alltagstauglich soll die Kleidung sein, kein Chichi. Das kann man im Ruhrpott schlecht vermarkten. Am Ende der Show brandet Jubel auf. Während Zollverein-Chef Noll zufrieden lächelt, plant Bohm schon das nächste Ding. 2024 will er auf die Fashion Week nach Tokio.

Über dieses Thema haben wir auch am 15.11.2023 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.