Man sieht vier ältere Damen, die gemiensam an einem gemachten Frühstückstisch sitzen.

FairCafé Zülpich: Wo es um mehr als Heißgetränke geht

Euskirchen | Füreinander

Stand: 08.08.2024, 08:37 Uhr

In der Fußgängerzone von Zülpich gibt es ein besonderes Café. Besucher bekommen eine Tasse Kaffee schon für 1,50 Euro serviert. Hier geht es nicht darum, Gewinn zu machen - sondern um ein faires Miteinander. Ein Besuch.

Von Arnd Güttgemanns

Es duftet nach frisch gemahlenem Kaffeebohnen, unter stetigem rattern brüht die Kaffeemaschine einen Cappuccino. Etwa 20 Seniorinnen und Senioren haben sich zum Frühstück in dem kleinen Café getroffen. Auf den Tischen stehen Brötchen, Marmelade, Wurst und gekochte Eier. Was auf den ersten Blick wie eine ganz normale Verabredung zum Frühstück wirkt, wäre ohne viel ehrenamtliches Engagement nicht möglich. Denn im FairCafé frühstücken die Senioren einmal im Monat umsonst. Wer will, wirft beim Gehen was ins Sparschwein. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum sie sich hier treffen.

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Seit Jahren wird NRW älter. Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ist der Anteil der über 65-Jährigen in NRW von 1970 bis 2019 von zwölf auf 22 Prozent gestiegen. Das bringt gleich mehrere Herausforderungen mit sich. Auch der Anteil von Senioren, die von Altersarmut gefährdet oder betroffen sind, steigt laut NRW-Gesundheitsministerium. Ebenso die Zahl derer, die sich einsam fühlen, wie aus einer Mitteilung des Familienministeriums hervorgeht. Dabei sind ältere Menschen nicht unbedingt einsamer als junge. Das FairCafé will deshalb Treffpunkt für alle Altersgruppen sein.

Die gesellschaftlichen Entwicklungen machen auch den 40 ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Verein "Fair-Zülpich e.V." Sorgen. Der Verein ist Träger des FairCafés in Zülpich. Das soziale Projekt soll Menschen mit geringem Einkommen einen Ort der Gemeinschaft geben. Gäste sollen das Gefühl haben, dazuzugehören. Egal, wie viel Geld sie zur Verfügung haben.

FairCafé in Zülpich: Ideen wachsen zusammen

Draußen vor dem Café stellt Joachim Berg gerade zwei Besuchern eine Tasse Kaffee auf den Tisch. Der 69-Jährige ehemalige Hausarzt hat den Verein Fair-Zülpich vor 21 Jahren gegründet. Er wollte zwei Dinge in Zülpich zusammenbringen. Denn neben Kaffee, Tee und Frühstück können Kunden wie in einem Weltladen fair gehandelte Lebensmittel aus Afrika, Asien oder Südamerika kaufen.

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In den Regalen und auf den Tischen stehen Öle, Weine, Handtaschen, Kaffee, Geschirr, Kerzen oder Honig. Bevor es das FairCafé gab, hat ein Arbeitskreis zum Thema fairer Handel die Produkte an losen Ständen nach den Gottesdiensten verkauft. Als der Wunsch nach einem Geschäft größer wurde, sah Berg die Chance sich zusammenzutun.

"Wir verteilen keine Almosen"

"Einen Kaffee? Ohne Milch und Zucker, wie üblich?", ruft Karin Graulich einem Gast über den Tresen entgegen, als sie Brötchen in der Küche belegt. Sie serviert seit fünf Jahren ehrenamtlich im FairCafé und kennt die Gewohnheiten aller Stammgäste. Jahrzehnte hat sie im Einzelhandel gearbeitet und wollte im Ruhestand wieder unter Menschen. Dass ihr das so gefallen würde, hätte sie anfangs nicht gedacht. 

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Was am Ende als Gewinn durch die ehrenamtliche Arbeit im Café übrig bleibt, wird regelmäßig gespendet. Rund eine viertel Million Euro ist in über 20 Jahren zusammengekommen. Für Projekte in Bangladesch, in Kamerun oder vor der eigenen Haustüre: Für die Tafel oder die Notschlafstelle für Obdachlose. "Wir verteilen keine Almosen, sondern wir versuchen, faire Lebensverhältnisse zu fördern", sagt Gründer Joachim Berg. Das ist ihm wichtig. Zuhause in Zülpich und weltweit.

Über dieses Thema haben wir auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Bonn, 24.06.2024, 19:30 Uhr.