Michael Mönks hat Judith Portz aus dem seelischen Tief geholfen.

Die Flut aus dem Kopf kriegen: Ehrenamtliche helfen bei psychischen Problemen

Euskirchen | Ehrenamt

Stand: 17.09.2023, 15:31 Uhr

Michael Mönks ist bei der Psychosozialen Hilfsstation in Bad Münstereifel und bietet Gespräche für Flutbetroffene an. Auch zwei Jahre nach der Katastrophe wird seine Unterstützung noch gebraucht.

Von Jörg Stolpe

Zwischen den Fachwerkhäusern von Bad Münstereifel tummeln sich wieder Touristen, Einheimische, Baufahrzeuge sind unterwegs und der 62-jährige Michael Mönks macht seine Runde. Mit seiner weißen Weste fällt er auf. "Psychosoziale Hilfsstation Bad Münstereifel" steht darauf.

Es dauert nicht lang, bis er angesprochen wird. Ein Gespräch entwickelt sich mit Passanten: über die Flut im Juli 2021, über die Zerstörung und dass die Bilder von damals noch immer im Kopf sind. Damals verwüsteten durch Starkregen ausgelöste Wassermassen innerhalb von zwei Tagen ganze Dörfer in NRW, aber auch in Rheinland-Pfalz. Allein in NRW entstanden Schäden von mehr als 13 Milliarden Euro. Bis heute sind nicht alle Schäden behoben - weder die materiellen, noch die psychischen, die die Menschen erlitten haben. Aber wie kann man den eigenen Nachbarn dabei helfen?

Mönks hört erstmal zu und macht dann ein Angebot: "Wenn Sie wollen, melden Sie sich bei uns und kommen vorbei." Mönks wohnt in Bad Münstereifel in einem höher gelegenen Stadtteil. Er wurde von der Flut weitgehend verschont. In den Tagen nach dem Hochwasser wollte er mit anpacken und beim Aufräumen helfen. Dann wurde ihm schnell bewusst, dass die Betroffenen auch seelische Unterstützung brauchen. Damit kennt er sich aus. Mönks ist selbständiger Coach und Trainer.

Was kann man gegen die Angst vor Regen machen?

00:54 Min. Verfügbar bis 22.08.2025

Andere Bad Münstereifeler hatten einen ähnlichen beruflichen Hintergrund: Seelsorger, Psychotherapeuten, Heilpraktiker. Sie taten sich zusammen und gründeten die ehrenamtliche "Psychosoziale Hilfsstation".

Ihr Wohncontainer für vertrauliche Gespräche steht immer noch am Rande der Innenstadt. Bis heute haben sie mit weit über 1.000 von der Flut Betroffenen geredet. Wer ernsthafte psychische Probleme hat, wird an Kliniken oder Praxen vermittelt.

Hier können ungestörte Gespräche stattfinden.

Hier können ungestörte Gespräche stattfinden

Viele Betroffene haben immer noch Angst bei Regen

"Manche Menschen merken erst nach ein, zwei Jahren, dass da etwas ist, mit dem sie nicht klarkommen", sagt Mönks. Zum Beispiel die Angst, wenn es regnet. Diesem Gefühl kann man etwas entgegensetzen, sagt er. Man könne das Gehirn sozusagen umprogrammieren, wenn man sich gute, fröhliche Momente bei Regen schaffe.

Bei Judith Portz hat das besonders gut funktioniert. Portz und Mönks haben sich zufällig auf der Straße kennengelernt. Im Gespräch wurde dem Coach schnell klar, dass sie in einem seelischen Tief war. "Ich weiß nicht, ob ich da wieder ohne Hilfe herausgekommen wäre", erinnert sich die 42-Jährige.

Nach mehreren Gesprächen in der Hilfsstation hat sich ihr Zustand sehr verbessert. Wenn es regnet, habe sie keine Panikattacken mehr. "Ich kann damit umgehen. Dafür bin ich der Hilfsstation sehr dankbar." Bald macht sie ein Praktikum in einem Kindergarten. Ein wichtiger Schritt zurück in ein geregeltes Leben.

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Für Mönks ist das eine tolle Bestätigung seines ehrenamtlichen Engagements und die Motivation, weiterzumachen. "Wir werden da sein, solange es nötig ist. Und das kann noch eine ganze Weile dauern."

Über das Thema berichten wir am 29.08.2023 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr