Klaus Kuhlen lächelt in die Kamera

Düsseldorf: Gemeinsam für ein nüchternes Leben

Düsseldorf | Füreinander

Stand: 28.05.2023, 12:34 Uhr

Klaus Kuhlen war selbst alkoholabhängig, schaffte es aus der Sucht und leitet nun ehrenamtlich den Verein Kreuzbund e.V. in Düsseldorf. Unsere Autorin durfte bei einer seiner Selbsthilfegruppen dabei sein.

Von Lena Breuer

Ein schlichter Raum, weiße Wände, dunkelgrauer Boden, blaue Bürostühle stehen im Kreis, die Sonne scheint durch die Fenster. "So, dann sucht sich doch mal jeder einen Platz", sagt Klaus Kuhlen und hält die Tür des Raumes offen. Er trägt Jeans, einen dunkelblauen Pullover, Brille. "Wir fangen gleich mit unser Befindlichkeitsrunde an." Es ist Mittwochnachmittag, die Mitglieder der Selbsthilfegruppe kommen hier jede Woche zusammen, zum Reden, zum Zusammensein. Zwölf Menschen sind es heute, drei Frauen, acht Männer, der Jüngste ist Ende 20, der Älteste Ende 60. Sie alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie trinken keinen Alkohol mehr.

Klaus Kuhlen über sein Ehrenamt

04:12 Min. Verfügbar bis 28.04.2025

Ein Weg raus aus der Alkoholsucht – den hat auch der 66-jährige Kuhlen hinter sich. 2015 kam er zum Kreuzbund in Düsseldorf, einer Helfergemeinschaft, die von der Caritas in der Landeshauptstadt organisiert wird. Damals war Klaus selbst süchtig, trank jeden Abend, fast immer bis zur Besinnungslosigkeit. Kuhlen war einer von vielen. In NRW gelten laut Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales rund 400.000 Menschen als alkoholabhängig.

Ich habe mit 14 angefangen zu trinken, mit meinen Freunden in der Altstadt, ganz normal. Klaus Kuhlen, Vorsitzender Kreuzbund e.V.

"Aus dem Partytrinken wurde ein Gewohnheitstrinken und plötzlich war es mehr als das. Ich habe die Kontrolle verloren, meine Ehe zerbrach, ich war damals alleinerziehender Vater, musste meinen Job aufgeben und nichts hat mehr funktioniert", erinnert sich Kuhlen an die dunkelsten Jahre seines Lebens. "Irgendwann wusste ich, ich muss etwas tun."

"Das hier ist wie Familie "

In den Selbsthilfegruppen des Kreuzbundes fand er Halt, schaffte es mit Entzug und Therapie trocken zu bleiben. Ein Erfolg, der ihm vielleicht das Leben gerettet hat. Allein 2021 starben mehr als 2300 Mensch in NRW an den Folgen ihres Alkoholkonsums, über 70 Prozent von ihnen Männer. Kuhlen will jetzt auch anderen den Ausstieg aus der Sucht ermöglichen. "Für mich war klar, dass ich auch selber helfen will. Ich hab die Ausbildung zum Gruppenleiter gemacht, jetzt bin ich Vorsitzender des Vereins. Das bedeutet mir viel."

Für ein nüchternes Leben

Für sein ehrenamtliches Engagement wurde Klaus Kuhlen mit dem Ehrwin des Monats ausgezeichnet

"Diese Woche war eine gute Woche - ich habe meine erste Party hinter mir. Alle haben getrunken, nur ich nicht", Claudia lächelt, als sie von ihrem Erfolg erzählt. Sie trägt mittellange, braune Haare, eine Brille und einen farbigen Blazer. Wer sie auf der Straße treffen würde, würde nicht denken, dass sie lange Jahre Alkoholikerin war. "Das ist eine fiese Krankheit, die oft nicht gesehen wird. Eine Krankheit, die die Leute heimlich kaputt macht, weil sie sich dafür schämen und viel zu lange nichts sagen. Genauso ging es mir auch."

Rund 400 Menschen kommen regelmäßig zu den Selbsthilfegruppen des Kreuzbundes. In den Räumen, am Rande der Innenstadt gibt es ein Café, dazu Gruppenräume. Das Angebot wird fast komplett von Ehrenamtlichen gestemmt, seit Anfang April ist Klaus Kuhlen Vorsitzender. "Mir hilft das selbst total - ich will mich engagieren, weil ich weiß, dass es einen Weg aus der Sucht gibt."

Mittlerweile ist die Gruppe weitergezogen, raus aus dem weißen Raum mit dem dunkelgrauen Beton in die Cafeteria. Sie essen gemeinsam zu Abend, natürlich ohne alkoholische Getränke. "Das hier ist wie Familie", sagt einer der Teilnehmer und belegt sein Brötchen mit Käse. "Ich wüsste nicht, ob ich ohne sie noch nüchtern wäre." Die Stimmung ist gelöst. Heute ist ein guter Tag, denn es ist wieder ein Tag ohne Alkohol. Und morgen, da soll es noch einer mehr werden.

Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 29.04.2023: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.