Bericht: Peter Onneken, Mathew D. Rose
Georg Restle: „Guten Abend und willkommen bei Monitor. Natürlich werden auch wir uns heute noch mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels befassen, zunächst aber zum großen Skandal dieser Woche. Vielleicht ja sogar zu einem der größten Wirtschaftsskandale in der Geschichte dieser Republik. Kann es wirklich sein, dass deutsche Automobilhersteller über Jahre systematisch manipuliert und betrogen haben, ohne dass die Chefetagen irgendetwas davon mitbekommen haben? Und warum tun jetzt plötzlich auch alle verantwortlichen Politiker so überrascht, obwohl Hinweise auf diesen fortgesetzten Betrug schon vor Jahren auf ihren Schreibtischen lagen? Peter Onneken und Matthew D. Rose über die Chronik eines schon sehr lange angekündigten Skandals.“
Er will von all dem nichts gewusst haben. Von schmutzigen Motoren, die sauber manipuliert wurden. Jetzt ist er weg. Und andere geben sich ahnungslos.
Dobrindt: „Ich hab‘s aus der Zeitung erfahren.“
Gabriel: „Es ist eine große Enttäuschung.“
Dobrindt: „Wir müssen jetzt erst mal aufklären.“
Axel Friedrich, ehem. Abteilungsleiter im Umweltbundesamt: „Ich war überrascht, dass viele überrascht waren. Das Problem war ja allen bekannt. Es war nur Zufall, dass der über die USA aufgedeckt wurde, denn die Daten wurden hier genauso veröffentlicht. Nur hat sie hier keiner von der Regierungsseite entsprechend aufgenommen, wie es in den USA gemacht wurde“
Sagt Axel Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter im Umweltbundesamt. Manipulationen bei Verbrauchs- und Schadstofftest - nichts Überraschendes? Ein paar Fakten zum Grundverständnis. In solchen Prüfständen wird nach standardisierten Verfahren gemessen. Und schon lange ist bekannt, dass die Laborwerte mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Das beweisen Untersuchungen unabhängiger Wissenschaftler - nicht erst seit gestern. Die Testsstandards, nie schneller als Tempo 120, kaum scharfe Beschleunigung, kaum Bezug zu dem, was tatsächlich passiert auf den Straßen. Bei solchen Tests vielleicht kein Wunder, dass erst die amerikanischen Behörden den Schwindel bemerkten. In Deutschland fehlt es offenbar am Kontrollwillen, kritisieren Umweltschützer.
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe: „Ein Beispiel dafür ist, dass das Kraftfahrtbundesamt Betriebszulassungen für neue Fahrzeuge nur auf Plausibilität überprüft, nicht aber Nachmessungen macht. Und zwar vor allen Dingen unabhängige Nachmessungen. Das ist das Geheimnis der Überwachungsbehörden in den USA. Die wählen 15 bis 20 Prozent der wenigen 100 Zulassungen pro Jahr - das ist gar nicht so viel - aus, prüfen dort nach und natürlich, wenn jetzt Bürger oder Behörden sagen, dieses Modell ist auffällig, dann wird auch nachgemessen.“
Warum aber sind solche Kontrollen nicht auch hier möglich? Immerhin geht es um Schadstoffe und Klimagase. Und was sagt eigentlich die Umweltministerin?
Reporter: „Eine Frage, wir sind von der ARD-Redaktion Monitor. Wir hatten noch eine Frage zum Thema VW.“
Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin: „Da haben Sie doch sicher auch versucht den Herrn Verkehrsminister zu fragen.“
Reporter: „Wir wollten Sie fragen. Man wusste ja schon längere Zeit davon, dass die Abgaswerte nicht mit den realen Werten übereinstimmen - das wusste man lange - warum hat man da nicht eher reagiert?
Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin: „Nein, das ist natürlich ein großer Unterschied. Wir wissen in der Tat, dass die Laborbedingungen nicht übereinstimmen mit den sogenannten „Real drive emissions“.
Mit den „real drive emissions“, also mit der Wirklichkeit.
Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin: „Das ist aber etwas anderes als bewusste Manipulation. Das ist hier ein anderer Sachverhalt.“
Tests, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Minister, die all das wissen, und nun völlig überrascht tun, dass da jemand manipuliert haben könnte.
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe: „Hans Moser hat mal gesagt, ich muss kein Koch sein, um zu merken, dass mein Essen verbrannt ist. Ich muss nicht wissen, an welcher Stelle der Betriebssoftware irgendeine Zeile steht. Ich sehe doch das Ergebnis. Auf dem Prüfstand funktioniert das Auto. Ich fahr das Auto in sehr ähnlicher Weise auf der Straße und es hat zehnmal höhere Emissionen, da ist natürlich getrickst worden.“
Hinweise für mögliche Tricksereien in der Branche gibt es nicht erst seit dem Fall VW. Beispiel BMW. 2011 führten die Deutsche Umwelthilfe und der ADAC eigene Messungen durch, bei einem Einser BMW. Zunächst im ganz normalen Testzyklus. Die Stickstoffwerte hier deutlich unter dem Grenzwert. Doch dann variierten die Tester: Die Folge, die Werte explodierten. Auf das 30-fache des Grenzwerts. BMW legt Wert auf die Feststellung, dass inzwischen ein Nachfolgemodell im Handel sei, mit neuem Motor. Aber auch das alte Modell habe die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Trotzdem gesteht BMW gegenüber Monitor ein:
Zitat: „In einigen wenigen Teilbereichen können diese Motoren erhöhte NOx [also Stickoxid]-Emissionen aufweisen.“
Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe: „Die Politik hat das nicht zur Kenntnis genommen. Wir sind seit Jahren dabei, das Bundesumweltministerium und vor allen Dingen das zuständige Verkehrsministerium zum Handeln zu bewegen. Man verweigert ausdrücklich jegliches Handeln, weil man die Rechtsposition der Automobilindustrie 1:1 übernommen hat.“
Es geht aber nicht nur um schädliche Stickoxide, sondern auch um den Verbrauch und die CO2-Emissionen. Die wissenschaftlichen Daten sind auch hier seit langem auf dem Tisch.
Peter Mock, ICCT: „Für unsere neueste Studie haben wir die Daten von 500.000 Neufahrzeugen in Europa ausgewertet. Und wir haben dabei festgestellt, dass die durchschnittliche Abweichung 40 Prozent inzwischen beträgt. Das heißt, Neufahrzeuge verbrauchen 40 Prozent mehr Kraftstoff als laut offizieller Angaben.“
Es waren übrigens nicht zuletzt seine Untersuchungen, die die Ermittlungen gegen VW in den USA ins Rollen brachten. Der Abstand zwischen Test und Realität; er wird sogar immer größer. 2002 verbrauchten Autos auf der Straße durchschnittlich 10 Prozent mehr als im Labor. Heute verbrauchen Autos in der Realität 35 Prozent und mehr Prozent als auf dem Prüfstand, ohne dass sich am Testverfahren irgendetwas geändert hätte. Für die Industrie offenbar ein leichtes Spiel. Die Antwort wären härtere staatliche Kontrollen. Doch freundliche Empfänge bei der Autoindustrie sind für die Verantwortlichen offenbar bequemer.
Georg Restle: „Was immer wir in den nächsten Tagen und Wochen noch erfahren werden. Eines sollte uns jetzt schon klar sein: Es geht längst um weit mehr als nur um Abgaswerte und Schadstoffe. Es geht um das globale Saubermann-Image deutscher Konzerne, das spätestens mit diesem Skandal wohl endgültig der Vergangenheit angehören sollte.“
Kommentare zum Thema
Ihren Bericht zum Abgasskandal halte ich für nicht gerade gelungenen Journalismus. Der Skandal liegt doch in der AKTIVEN Manipulation der Abgaswerte bei VW. Sie vermischen diesen Fakt mit der lange bekannten Diskrepanz zwischen Abgastest und Realbedingungen. Dies ist Trickserei und sollte abgeschafft werden, doch Volkswagen hat wirklich betrogen und Sie implizieren in Ihrem Bericht, dass die Politik darüber genauso informiert war, wie über die bekannten Diskrepanzen. Das finde ich unlauter, da es hierfür keine Anhaltspunkte gibt. Außerdem stellen Sie alle Autokonzerne in eine Reihe mit VW, obwohl diese nur die Möglichkeiten der bestehenden schlechten Testverfahren ausnutzen, die von der Politik erlassen wurden. Das ist moralisch fragwürdig, allerdings glaube ich kaum, dass Sie anders handeln würden, wenn Ihnen ein Autokonzern gehörenden würde. Eine etwas reflektiertere Abgrenzung der Themen und Fakten und etwas weniger tendenziöse Berichterstattung hätte mich gefreut. Man hat deutl ...
Peter bringst auf den Punkt! Wo bleibt die Substanz bei dieser schwachen Journallie?
Ich habe gerade ihren Beitrag zu den VW-Manipulationen gesehen und bin erschrocken über ihre Art von Polemik. Der Beitrag suggeriert Aufklärung zum Thema und stellt die Probleme mit aktuellen Abgastests dar. Nur das diese Probleme den Betrug von VW nicht erklären. Eine Aufklärung, was und wie vorgefallen ist, fehlt in ihrem Beitrag. Von VW wurden in den USA anscheinend festgeschriebene Testverfahren umgangen. In Deutschland sind anscheinend die Tests an das Vermögen der Hersteller angepasst, also kein Betrug und diese Problematik ist tatsächlich hinlänglich bekannt. Ich wünsche mir schlicht differenzierte gut recherchierte Beiträge, wenn ich schon DAS ERSTE schaue. Für Polemik reichen mir die Einzeiler anderer Medien.