Georg Restle: "Rolladen runter! Was hier stattfindet, soll niemand mitbekommen. Ein Treffpunkt von Rechtsextremisten in der Nähe von Linz in Oberösterreich. Wer kommt da alles zusammen? Vor allem aber: Wer finanziert solche Immobilien, die für die rechtsextreme Bewegung eine wichtige Rolle spielen, auch in Deutschland? Guten Abend und willkommen bei MONITOR!
Es sind Enthüllungen über Geheimtreffen von AfD-Politikern, Rechtsextremisten, Unternehmern und CDU-Politikern, die die Menschen in Deutschland gerade zu Hunderttausenden auf die Straße bringen. Eigentlich sind solche Treffen ja nichts Neues, auch wir haben darüber schon berichtet. Was allerdings neu ist, dass hier Pläne geschmiedet werden, die bald schon Realität werden könnten, wenn die AfD tatsächlich an die Macht kommen sollte. Pläne, die detailliert beschreiben, wie Millionen Menschen - auch mit deutschem Pass - aus dem Land getrieben werden sollen. Die Frage stellt sich, wer finanziert das alles eigentlich, diese Netzwerke, ihre Infrastruktur, ihre Immobilien? Wer sind die Finanziers der rechtsextremen Bewegung? Gemeinsam mit der Rechercheplattform EXIF sind wir einer Spur nachgegangen, die zu einem Politiker führt, der in der CDU mal Karriere machte. Shafagh Laghai, Lara Straatmann und Julia Regis."
Steyregg, ein Vorort von Linz in Oberösterreich. Ein unscheinbar wirkendes Haus. "Castell Aurora" heißt es – ein Haus für Heimattreue. Hinter der grauen Fassade verbirgt sich ein zentraler Treffpunkt für Rechtsextreme aus Deutschland und Österreich. Das Haus gehört zur sogenannten "Identitären Bewegung". Hier vernetzen sie sich, hier schmieden sie Pläne. Wer ermöglicht solche Immobilienprojekte für Rechtsextremisten? Wer finanziert sie? Darum wird es in diesem Film noch gehen. Klar ist, für die Leitfigur der Identitären Bewegung, Martin Sellner, spielen solche Zentren eine große Rolle. Für genau jenen Martin Sellner, der nach Recherchen von "Correctiv” in Potsdam seine Pläne zur sogenannten "Remigration" vorgetragen hatte. Pläne, bei denen es laut Sellner darum geht, auch
Zitat: "nicht assimilierte Eingebürgerte"
aus dem Land zu treiben. Vertreibung deutscher Staatsbürger, wenn sie nicht Deutsch genug sind. Darum gehe es der rechtsextremen Bewegung, sagt der Politologe Claus Leggewie.
Prof. Claus Leggewie, Politikwissenschaftler, Universität Gießen: "Mit Remigration ist gemeint mehr als legale und auf humanitäre Weise zu vollziehende Abschiebungen. Damit ist gemeint, dass man bestimmte Volksteile, die man für nicht zum deutschen Volk wirklich gehörig zählt, dass man die unter Druck setzt, dass man ihnen die Ausreise sozusagen nahelegt oder im Endeffekt, dass man sie deportiert."
Deportation von deutschen Staatsbürgern. Die AfD-Parteispitze distanziert sich in der Öffentlichkeit davon.
Bernd Baumann (AfD), Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, 21.01.2024: "Keiner will deutsche Staatsbürger abschieben. Das ist eine infame Kampagne. keiner von uns will das!"
Alles nur Kampagne? Dabei hat auch eine DER Führungsfiguren der AfD - Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah - in seinem Buch über ähnliche Pläne geschrieben. Anreize zur Rückkehr müsse man schaffen, heißt es darin. In Deutschland würden das
Zitat: "prognostisch über 25 Millionen Menschen sein, davon deutlich über 15 Millionen deutsche Staatsangehörige."
15 Millionen Staatsbürger. Um solche Vertreibungs-Pläne ging es auch bei dem Treffen in Potsdam im vergangenen November, das das Recherchezentrum Correctiv enthüllte. Auch dieses Treffen redet die AfD-Parteispitze jetzt klein. Es sei ja nur ein privates Treffen gewesen, keine AfD-Veranstaltung.
Prof. Claus Leggewie, Politikwissenschaftler, Universität Gießen: "Man merkt den AfD-Vertretern an, dass sie verdammt nervös geworden sind. Sie machen das auf die übliche Art, sie hauen einen radikalen Spruch raus und rudern zurück. Es hat Dutzende von Treffen gegeben, es hat Dutzende von Treffen in unterschiedlicher Zusammensetzung gegeben. Das Wichtige ist, dass wir gucken, wer trifft sich da mit wem?"
Wer mit wem? Schnellroda in Sachsen-Anhalt. Hier, beim so genannten "Institut für Staatspolitik" diskutieren AfD-Spitzenpolitiker mit Köpfen der rechtsextremen Szene schon seit langem darüber, wie man das Schlagwort "Remigration" in der Mitte der Gesellschaft platzieren kann. Gegründet wurde das „Institut“ von Götz Kubitschek, Rechtsextremer Vordenker und Verbündeter von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. Vom Verfassungsschutz wird Kubitscheks „Institut“ als gesichert rechtsextrem eingestuft. In einem Werbefilm demonstrieren sie ihre Einigkeit. Der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternative drückt es so aus:
Tomasz Froelich (Junge Alternative) Stellv. Bundesvorsitzender: "Das macht mal Spaß, mit gesichert rechtsextremen Zeitgenossen die Zeit zu verbringen. Hier ist der Kern, hier trifft sich der Kern. Hier sind die Leute, die die Vorarbeit leisten für die Partei, fürs Vorfeld. Die Leute, die die Weichen gestellt haben. Dafür, dass die AfD jetzt bei 20 Prozent und mehr steht."
Spaß mit gesichert Rechtsextremen. Mit Leuten, die schon seit Jahren an Plänen zur Vertreibung von Millionen Menschen arbeiten. Treffen dieser Art gab es immer wieder. Ein paar Beispiele: Letzte Woche in Dortmund: Der AfD-Abgeordnete Matthias Helferich hatte den rechtsextremen Götz Kubitschek für einen Vortrag in sein Wahlbüro eingeladen. Oktober 2023: Im Zentrum Rheinhessen hatte der AfD-Abgeordnete Sebastian Münzenmaier, den Leiter des Instituts in Schnellroda, und andere Rechtsextreme zu Gast. Juni 2023: AfD-Politiker wie Matthias Helferich, Hans-Thomas Tillschneider und Roger Beckamp bei einem Treffen in Dortmund. Ein Teilnehmer zeigt den Hitlergruß, ein anderer mit einem SA-Tattoo. Januar 2023: Roland Hartwig - bis vor kurzem noch Referent von Alice Weidel - bei einem Treffen in Schnellroda. Wieder mit dabei: Martin Sellner. Alles nur "private Treffen"? Offensichtlich geht es um viel mehr.
Prof. Claus Leggewie, Politikwissenschaftler, Universität Gießen: "Das ist nicht mehr irgendwelche Außenseiter in der AfD. Die AfD-Spitze mit Intellektuellen der Neuen Rechten aus dem Umfeld des Instituts für Staatspolitik und der Identitären Bewegung, mit Leuten aus dem Mittelstand, die Geld haben, die Einfluss haben, die Ressourcen haben, die der AfD Geld spenden."
Geld und die Finanzierung der extremen Rechten. Das spielte offenbar auch in dieser Berliner Privatwohnung eine Rolle. Nach Spiegel-Informationen hat hier im vergangenen Sommer ein Netzwerk-Treffen zwischen Unternehmern, Konservativen, AfDlern und Rechtsextremen stattgefunden. Der Anlass: Maximilian Krah hat dort sein Buch vorgestellt. Die Wohnung gehört Peter Kurth, einem langjährigen CDU-Politiker. Peter Kurth, ehemaliger Berliner Finanzsenator der CDU, machte Karriere in der Landespolitik. Später: Oberbürgermeisterkandidat in Köln. Letztes Jahr soll er aus der Partei ausgetreten sein. Zurück zum Haus in Steyregg bei Linz. Auch hier hat Peter Kurth offenbar eine entscheidende Rolle gespielt – bei der Finanzierung. MONITOR und der Rechercheplattform EXIF liegt ein Kontoauszug vor: Eine Überweisung von 120.000,- Euro an eine rechtsextreme Firma, getätigt von: Peter Kurth. Verwendungszweck: "Schanze Eins”. Was ist Schanze Eins? Auf ihrer Website wird deutlich: Das Unternehmen gehört zur Identitären Bewegung. Sie würden "Unterstützer und Aktivisten zusammenbringen” und bieten "erfolgsversprechende Investitionsmöglichkeiten” in Immobilienprojekte der Identitären. Der Projektverantwortliche: Steve H. Und dieser Steve H. erhält einen Tag später - von dem Konto, auf das Kurth das Geld zuvor überwiesen hatte - knapp 200.000,- Euro. Verwendungszweck: "Darlehen Linz". Steve H., er ist der offizielle Eigentümer des Szenetreffpunkts bei Linz. Ein rechtsextremes Projekt, mitfinanziert von einem ehemaligen CDU-Finanzsenator? Peter Kurth will sich zu den Vorgängen auf MONITOR-Anfrage nicht äußern.
Prof. Matthias Quent, Rechtsextremismusforscher, Hochschule Magdeburg-Stendal: "mit solchen Strukturen, die offenbar auch mit den mit Spenden aus dem konservativen Spektrum aufgebaut wurden, gewinnt die extreme Rechte nicht nur ein neues Selbstbewusstsein, sondern auch logistische und ideelle Bastionen für ihren Kampf gegen die Demokratie Und diese Bastionen aufzulösen, zu brechen, zu verhindern, das ist die eigentliche Aufgabe einer wehrhaften Demokratie und eben nicht durch Finanzierung diese rechtsextremen Zentren noch zu unterstützen und zu begründen."
Peter Kurth als Finanzier der Identitären Bewegung? Offenbar nicht nur in Österreich. Nach Recherchen des Spiegels soll er auch bei der Finanzierung einer Immobilie der Identitären Bewegung in Chemnitz eingebunden gewesen sein. Was hat ein ehemaliger CDU-Spitzenpolitiker mit Rechtsextremisten zu tun? Ein Grund für Kurths Engagement könnte hier liegen: Kurth ist seit Jahren Mitglied der ultra-rechten Burschenschaft Gothia in Berlin, in der auch Funktionäre der AfD und der rechtsextremen Jungen Alternative organisiert sind. Peter Kurth ist sogar der erste Vorsitzender der Vereinigung Alter Gothen der Burschenschaft. Gestern Abend in Steyregg – Steve H. hat ein Treffen organisiert. Ein Treffen, das zeigt, wie wichtig das Haus auch für die Szene in Deutschland ist. Als Redner mit dabei: Götz Kubitschek, der rechtsextreme Vordenker der AfD.
Kommentare zum Thema
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er sich nicht auf das Thema der Diskussion bezieht. (die Redaktion)
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)