MONITOR vom 21.04.2022

Putins Influencer: Russische Propaganda auf dem Vormarsch

Bericht: Andreas Maus, Luisa Meyer, Alina Schreiber

Putins Influencer: Russische Propaganda auf dem Vormarsch Monitor 21.04.2022 07:24 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Andreas Maus, Luisa Meyer, Alina Schreiber

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Georg Restle: "Angesichts solcher Bilder und solcher Geschichten fällt es schwer, die Ruhe zu bewahren, wenn Menschen diesen Krieg verharmlosen, rechtfertigen oder sogar feiern – meist weit entfernt vom Kriegsgeschehen, auch hier in Deutschland. Da wurden auch diese Woche wieder auf einigen Demonstrationen Parolen verbreitet, die fast deckungsgleich sind mit der Kriegspropaganda aus dem Kreml. Man müsse Russland doch verstehen, heißt es da, als seien ein Angriffskrieg oder andere Kriegsverbrechen irgendwie zu rechtfertigen. Aber nicht nur auf den Straßen, auch im Netz fällt die russische Kriegspropaganda auf äußerst fruchtbaren Boden. Verbreitet von so genannten Influencern und Influencerinnen, die immer erfolgreicher dafür sorgen, dass Putins Propaganda sich auch hierzulande immer weiter verbreitet. Andreas Maus, Luisa Meyer und Alina Schreiber."

Deutsch-Russische Freundschaftsfahnen beim Ostermarsch in Dresden diesen Montag. Menschen demonstrieren für den Frieden in der Ukraine – und einige zeigen viel Verständnis für Putins Angriffskrieg.

1. Frau: "Ich denke, es sind Wirtschaftsinteressen und Russland fühlt sich bedroht."

2. Frau: "Insofern bin ich der Auffassung, dass Russland dermaßen in die Enge getrieben war, dass sie zu diesem Schritt gegangen sind."

Mann: "Es gibt tatsächlich in der Ukraine große Probleme die Entnazifizierung bräuchten. Sie wissen schon, wie, welche Ströme, nationalistische Ströme da aktiv sind. Und das ist nicht ohne."

Viele hier sehen die Berichterstattung deutscher Medien kritisch. Auf die Frage, wie sie sich informieren, verweisen sie auch auf die sozialen Netzwerke. Wie etwa diesen Social-Media-Kanal.

Alina Lipp: "Hallo aus Donezk. Hier ist es ziemlich warm, ich bin heute im T-Shirt rumgelaufen, unglaublich."

Alina Lipp inszeniert sich – auch als Kriegsreporterin in der Ukraine. Mit ihrem Telegram-Kanal "Neues aus Russland" erreicht sie mittlerweile rund 130.000 Menschen. Und die lesen hier vor allem russische Kriegspropaganda. Etwa, dass Russland in der Ukraine gegen Nazis kämpft, dass die mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Butscha und Kramatorsk nicht von russischen Soldaten begangen wurden und russische Soldaten in Mariupol "humanitäre Helfer" sind. Nach eigenen Angaben finanziere Lipp sich über Spenden, aber auch durch Geld russischer Staatsmedien, denen sie Material verkaufe. Im russischen Staatsfernsehen trat sie dann auch mehrfach als Gast auf. Neben Alina Lipps Kanal gibt es weitere, die russische Kriegspropaganda in Deutschland verbreiten. Der "Anti-Spiegel" von Thomas Röper beispielsweise, der auch als Kriegsreporter mit der russischen Armee unterwegs ist. Oder Sergey Filbert mit seinem Telegram-Kanal "DruschbaFM". Auf Anfrage von MONITOR wollten alle drei keine schriftlichen Fragen beantworten. Pro-russische Kanäle seien seit dem Krieg in der Ukraine deutlich gewachsen, sagt Jan Rathje von der Denkfabrik CeMas. Auch, weil der russische Staatssender "Russia Today Deutsch" Anfang März abgeschaltet wurde.

Jan Rathje, Center für Monitoring, Analyse und Strategie: "Nachdem "RT Deutsch" und andere Kanäle in Europa verboten worden sind – zumindest die Ausstrahlung ihres Programms und dann auch von Telegram abgeschaltet worden sind, die Kanäle – konnte man feststellen, dass hier ein gewisses Vakuum auch innerhalb des verschwörungsideologischen Milieus zumindest entstanden ist, um an bestimmte pro-russische Informationen zu kommen."

Informationen, die jetzt über zahlreiche Telegram-Kanäle verbreitet werden, von denen einige mittlerweile ein regelrechtes Netzwerk bilden. Alina Lipp hat neben "Neues aus Russland" mit Sergej Filbert einen YouTube-Kanal. Sergej Filbert betreibt auf Telegram die Kanäle "GolosGermanii" und "Druschba FM". Mit Thomas Röper vom "Anti-Spiegel" hat Alina Lipp gemeinsam aus der Ukraine berichtet. Dazu werden auch andere Kanäle zunehmend populärer. Sie nennen sich "Deutsch-Russische Freundschaft", "Russländer & Friends" oder "Bürgerinitiative für Frieden". Doch wie einflussreich sind die prorussischen Kanäle? CeMas hat für MONITOR die Entwicklung von fünf deutschsprachigen Kanälen untersucht. Ergebnis: Alle haben seit Beginn des Kriegs stark an Reichweite und Abonnenten zugelegt, zum Teil um das 5-fache. Bei Alina Lipps Kanal "Neues aus Russland" ist die Zahl der Abos sogar von wenigen Tausend Ende Februar auf heute 134.000 angewachsen. Siebzehn mal so viel. Eine Entwicklung, die gefährliche Folgen haben kann.

Jan Rathje, Center für Monitoring, Analyse und Strategie: "Mit dem Zuwachs der pro-russischen Telegram-Kanäle gibt es natürlich eine Chance für Russland, auch ihre Propaganda weiter zu streuen. Und das ist insofern problematisch, als dass Russland hier eine weitere Möglichkeit hat, um konzentriert die eigenen Informationen, die eigenen Desinformationen, die eigene Perspektive an ein dafür empfängliches Publikum zu senden."

Das mache es auch leicht innerhalb kurzer Zeit viele Menschen zu mobilisieren. So gingen Tausende in den letzten Wochen in Deutschland mit Russlandfahnen auf die Straße oder – wie bei diesem Autokorso in Berlin Anfang April. Ein Protest gegen die Diskriminierung von Russen, so hieß es. Doch wer steckt hinter dem Berliner Korso? Einer der Organisatoren ist René Hermann. Er trat beim rechtsextremen Compact-TV auf und war Anfang März im russischen Staatsfernsehen zu sehen – mit einer Videobotschaft an Wladimir Putin.

René Hermann, Videobotschaft (Übersetzung Monitor): "Sehr geehrter Herr Putin, ich finde es sehr schade, wie sich die europäischen Staaten Ihnen gegenüber verhalten, und Sie nicht verstehen. Ich teile vollständig Ihre Meinung und ich bin froh über jeden, der für Sie auf die Straße geht."

Auch Hermann wollte sich auf MONITOR-Anfrage schriftlich nicht äußern. Doch es gibt auch eine Gegenbewegung. In Berlin treffen wir eine Gruppe junger Russen. Sie solidarisieren sich mit der Ukraine, organisieren Proteste, auch gegen russische Kriegslügen und die, die sie verbreiten.

Dasha, Demokrati-JA: "Was mich wütend macht, ist, dass so viele Menschen nach wie vor drauf reinfallen. Und nicht nur Russen oder Russländer, sondern das sind auch sehr viele Deutsche, die genauso drauf reinfallen."

Mehr als ein halbes Dutzend Demonstrationen haben Dasha und ihr Verein seit Kriegsbeginn organisiert, auch vor der russischen Botschaft. Wir begleiten sie zum sowjetischen Ehrenmal in Berlin. Hier soll ihre nächste Aktion stattfinden. Dabei wollen sie den russischen Panzer mit einem großen Tuch verdecken. Und darauf Bilder von Kriegsverbrechen zeigen – auch von den Ermordeten in Butscha.

Elena, Demokrati-JA (Übersetzung Monitor): "Es frustriert mich und macht mich wütend. Ich fand es unerträglich, bei diesem Autokorso fröhliche Leute zu sehen – am selben Tag wie Butscha – einfach unglaublich. Uns ist sehr wichtig zu zeigen, dass viele Russen gegen diesen Krieg sind, dass wir gegen den Krieg sind.

Sie wollen zeigen, dass sie das andere Gesicht Russlands sind – mitten in Deutschland.

Kommentare zum Thema

  • otto 25.03.2024, 11:16 Uhr

    mich erinnert,wie sich meine Eltern 1938 uber den Hass gegen die Sowjets und Juden geoesert haben.Der sich heute widerholt.Das Ende des Krieges durch die Sowjets,waren wir Kiinder glucklich in Berlin.

  • Mikel 31.07.2023, 13:15 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)

  • Simon 28.05.2023, 08:38 Uhr

    Putins influencer soso. Wdr ist somit der influencer für die usa. Anstatt sich um frieden zu bemühen werden waffen in einem kriegsgebiet geschickt.