MONITOR vom 05.12.2019

Klimapolitik: Das Ende der Aufklärung?

Bericht: Golineh Atai, Christina Zühlke

Klimapolitik: Das Ende der Aufklärung? Monitor 05.12.2019 05:57 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Golineh Atai, Christina Zühlke

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Achim Pollmeier: „Und damit sind wir bei der Weltklimakonferenz. Dieses Bild zeigt die erste weltweite Klimakonferenz in Genf – 40 Jahre ist das her. Schon damals warnten Wissenschaftler davor, dass sich die Erde durch wachsenden CO2 Ausstoß und Treibhauseffekt um mehr als zwei Grad erwärmen könnte.“

Prof. Flohn, Meteorologe, Uni Bonn: „Die Folgen, die für Wasserversorgung und Ernte dann eintreten würden, sind in der Tat unübersehbar.“

Achim Pollmeier: „Trotzdem dauerte es 30 Jahre, bis das Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, zumindest mal ins Protokoll genommen wurde. Und erst 2015 in Paris haben sich die Staaten dann dazu verpflichtet, völkerrechtlich verbindlich. Aber was heißt das schon? Seit dieser Woche sitzen Wissenschaftler und Regierungen nun zur 25. Weltklimakonferenz in Madrid zusammen. Und nicht nur die deutsche Bundesregierung bleibt weit hinter ihren eigenen Versprechen zurück. Wenn man die bisherigen Zusagen aller Länder zusammennimmt, steigt nach Einschätzung der Wissenschaftler die Erderwärmung immer noch über mehr als drei Grad über das vorindustrielle Niveau. An wissenschaftlichen Erkenntnissen mangelt es also längst nicht mehr, an der politischen Umsetzung umso mehr. Wir haben renommierte Klimaforscher getroffen und gefragt, das für sie bedeutet.“

Mojib Latif: „Mein Name ist Mojib Latif. Ich bin Professor für Klimadynamik an der Universität Kiel und forsche am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, und beschäftige mich seit über dreißig Jahren mit dem Thema Klimawandel.“

Tagesschau 1979: „Wie es mit dem Wetter langfristig weitergehen wird, mit diesen Fragen befasst sich die Weltklimakonferenz in Genf. Vor allem das Abholzen tropischer Wälder wie zurzeit in Brasilien kann Auswirkungen auf das gesamte Weltklima haben.“

Bericht 2019: „Die Brände sind ein weiteres alarmierendes Zeichen, dass sich die Zerstörung am Amazonas weiter beschleunigen könnte.“

Mojib Latif: „Vor über dreißig Jahren war ja schon ziemlich klar – zumindest in der Forschung – dass der Mensch dabei ist, das Klima nachhaltig zu verändern, und zwar zum Nachteil der nachfolgenden Generationen. Deswegen war es für mich eigentlich immer klar, dass die Menschheit versuchen muss, diesen Weg so schnell wie möglich zu verlassen. Und ich hab eben versucht, das immer wieder deutlich zu machen. Ja, das ist natürlich schon ziemlich gefährlich.“

Angelika Humbert: „Mein Name ist Angelika Humbert. Ich bin vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Die Faszination in der Forschung von Eisschilden steckt tatsächlich darin, dass es ganz viele unterschiedliche Prozesse auf ganz vielen Größenskalen gibt, und das ist ein wahnsinnig spannender Zusammenhang, das hat mich immer fasziniert. Was mich so unglaublich aufgerüttelt hat, als ich das erste Mal selbst so eine Beobachtung geleitet habe von einer Stelle, die instabil geworden ist. Wie wahnsinnig schnell das ging! Für mich ist das Wichtige: Welche Handlungsmöglichkeiten haben wir denn noch? Also dass wir alle irgendwie wach werden, bevor unser Handlungsfenster zugeht. Das ist – glaube ich – das absolut Entscheidende!”

Bjorn Stevens (Übersetzung Monitor): „Wenn wir nichts verändern, ändert sich unsere Welt. Sie wird wärmer. Mein Name ist Bjorn Stevens. Ich bin am Max-Planck-Institut für Meteorologie und untersuche, wie Wolken sich im Klimasystem verhalten. Meine größte Sorge ist, dass die Wahrheit zur Nebensache wird, wenn Entscheidungen getroffen werden. Trump zieht über jeden her, der seinen Standpunkt nicht teilt, oder sich seiner Weltsicht nicht unterwirft.“

Mojib Latif: „Es werden immer wieder Behauptungen in den Raum gestellt, die wissenschaftlich überhaupt nicht haltbar sind. Ich persönlich werde auch angegriffen, bekomme auch Hassmails, und – das muss man dann abkönnen. Obwohl es mich auch trifft, muss ich ganz ehrlich sagen. Denn in welcher Welt leben wir eigentlich, wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur dafür angefeindet werden, dass sie belastbare wissenschaftliche Informationen an die Öffentlichkeit geben?

Karsten Hilse, AfD Bundestagsabgeordneter, 26.11.2019: „Letztendlich ist es nach wie vor so, dass es keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass die menschengemachten CO2-Emissionen das Klima maßgeblich beeinflussen.“

Angelika Humbert: „So was finde ich erschreckend. Und ich weiß aber aus der Erfahrung, dass es wahnsinnig schwierig ist, diesen Menschen klar zu machen, dass wir diese Sachen wirklich nüchtern und neutral mit Instrumenten beobachten. Und da muss ich auch häufig selbst die Segel streichen, da laufe ich gegen die Wand – muss ich ganz ehrlich zugeben.

Reporterin Tagesschau: „Nun ist es also abgenickt, das Klimaschutzpaket der Bundesregierung. Und das erste Klimaschutzgesetz.“

Mojib Latif: „Ich hatte mir zwar schon gedacht, dass es nicht der große Wurf sein wird, aber dass es so wenig ist, das hätte ich mir selbst in meinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können.“

Angelika Humbert: „Ich finde es frustrierend auch zu sehen, dass immer noch alte Verbrennungsmotoren irgendwie neu aufgelegt werden, und die noch mehr verbrauchen, und noch schwerer, und dann irgendwie dreihundert Stundenkilometer – da denke ich mir, was soll das denn? What for, ja?”

Bjorn Stevens (Übersetzung Monitor): „Ich kann nicht verstehen, warum Deutschland, das so talentierte Ingenieure hat, diese Chance nicht nutzt.“

Moderatorin Tagesthemen: „In Madrid hat heute der UN-Klimagipfel begonnen.“

Reporterin Tagesthemen: „Die Politiker werden zeigen müssen, dass es nicht bei großen Worten und dringenden Appellen bleibt.“

Mojib Latif: „Meine größte Befürchtung ist, dass am Ende des Tages sich die Politik vom Klimaschutz verabschiedet, und wir dann wirklich langfristig in eine Klimakatastrophe kommen.“

Bjorn Stevens (Übersetzung Monitor): „Wir als Wissenschaftler versuchen zu begreifen, wie die Welt funktioniert. Und wenn wir etwas wissen, sprechen wir es aus. Doch dann liegt es an der Welt, zu handeln.“

Kommentare zum Thema

  • Schmidt 06.01.2020, 22:00 Uhr

    Junge Menschen werden ideologisch populistisch animiert für Umweltschutz zu kämpfen, doch das Überleben der Natur einschließlich Fauna, Tier und Mensch liegt in der Hand des mächtigsten Staatspräsidenten aller Staaten der Erde. Was nutzen feste Geschwindigkeitsbeschränkungen auf restliche ca. 1,3 % des Gesamtstraßennetzes in Deutschland (zumal rund 95 % der Kraftfahrer die Richtgeschwindigkeit einhalten und ein großer Teil der Kfz (z.B. Lkw) eh einer Geschwindigkeitsbeschränkung unterliegen) wenn durch einen neuen Weltkrieg der Erde durch Totalzerstörung das freie Atmen genommen wird.

  • Kriege gefährden die Erde 30.12.2019, 19:51 Uhr

    Susan, wo ist ein Widerspruch zu meinem Beitrag? So wie ich Ihr Beitrag verstehe mögen auch Sie keine Kriege. Aus Ihrem Beitrag ist jedoch eine gewisse Aggression gegen meinen Beitrag zu verstehen. Stört es Sie dass ich auch ideologische Begründungen für eine Kriegsrechtfertigung verurteile? Die Politik derzeitiger Politiker im Sinne eines ideologischen Blockdenkens gefährdet unsere Erde kurzfristig weitaus stärker als ideologisch von Demagogen vorgegebene Umweltpunkte, welche sicherlich auch alle ihre Berechtigung haben. Jedoch die Bürger der Ideologie wegen zwingen zu wollen sich alle Akku-E-Autos anzuschaffen wo es derzeitig in Deutschland wegen Abschaltung der AKW nicht genug Stromquellen gibt um alle Akkuautos mit Strom zu versorgen, der zu nutzende Strom also von französischen Atomkraftwerken gekauft werden muss, das halte ich für grotesk. Im Januar 2020 startet eine US/NATO-Miltärübung in Europa welche alle neu diktierten Umweltregeln über Jahre zerstören wird.

  • Kriege gefährden die Erde 27.12.2019, 23:50 Uhr

    Es ist derzeitig Mode sich fanatisch über eine von Menschen gemachte Umweltschädigung auszudrücken. Es ist wahr, Menschen betreiben eine extreme Umweltschädigung. Würde es keine unvernünftige Menschen geben könnte die Erde mitsamt des Tierreiches und der Pflanzenwelt sehr viel länger existieren. Mich stört an dieser ideologischen Fanatik dass von demagogischen Ideologen immer wieder einzelne Punkte genannt werden und fast alle setzen sich nur für diese von ihren Vorbetern gepredigten Punkte ein. In naher Zukunft ist die Erde weitaus stärker durch eine aggressiv gegen Russland sowie China gerichtete Politik gefährdet als durch einen Anstieg von z.B. CO2. Ich befürchte stärker einen neuen mit Atom-, Chemie, - und Biowaffen geführten Weltkrieg als dass in den nächsten Jahren die Erde Schaden nimmt wenn nicht auf den restlichen rund 1,5 % der deutschen Straßen eine feste Geschwindigkeitsbeschränkung vorgeschrieben wird. Derzeitig scheinen einige Politiker ihren Verstand verloren zu haben.

    • Susan 29.12.2019, 19:55 Uhr

      Schon mal was davon gehört, dass erstens die Rüstungskonzerne an der Ölindustrie hängen, wie Motten am Licht und ohne sie gar nichts produzieren könnten? Schon mal was davon gehört, dass alle großen Kriege Rohstoffkriege waren, bei denen es fast immer auch um Zugriff auf Ölquellen ging? Schon mal darüber nachgedacht, dass der Klimawandel für Wasserknappheit und folgend massiven Nahrungsmangel sorgen WIRD? Und dass dieser Umstand für weitere Verteilungskämpfe und -kriege sorgen wird, weil sich kaum einer freiwillig zum Verrecken einfach friedlich hinlegt? Warum sind viele Erwachsene einfach unfähig, weiter als bis zu ihrer Esstellerchen zu denken?