MONITOR vom 20.02.2020

Rechter Terror: Wie Taten jahrelang verharmlost wurden

Bericht: Herbert Kordes

Rechter Terror: Wie Taten jahrelang verharmlost wurden Monitor 20.02.2020 05:33 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Herbert Kordes

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Georg Restle: „Trauer in Hanau. Und nein, man möchte sich nicht an solche Bilder gewöhnen. Wieder ein rechtsextremistischer Terroranschlag. Und wieder traf es Menschen, die dem Täter als Fremde galten. Am Abend kam dann auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Hanau. Kein guter Tag. Willkommen bei MONITOR.

Das Motiv des Täters: Ausländerfeindlichkeit, Rassismus. Und doch ist da auch heute wieder die Rede von einem verwirrten oder verrückten Einzeltäter. Wie so oft, wenn es um Rechtsterrorismus in diesem Land geht. Als würden solche Taten aus dem Nichts kommen, als hätten rechtsextremistische Weltbilder kaum etwas damit zu tun. Auch wenn vieles in Hanau noch nicht geklärt ist, soviel ist dann doch sichtbar. Ob München, Halle oder Hanau, da verfestigt sich ein Muster dieser Täter, die alle auf dem gleichen Fundament stehen: Rassismus, Rechtsextremismus, Hass. Herbert Kordes.“

Hanau, gestern Abend – ein Mann eröffnet in der Innenstadt in zwei Shisha-Bars das Feuer. Neun Menschen sterben, sechs weitere werden teils schwer verletzt. Alle Todesopfer und die meisten Verletzten haben einen Migrationshintergrund. Der mutmaßliche Täter, ein 43 Jahre alter Deutscher. Ermittler finden ihn und seine Mutter später tot in der eigenen Wohnung. Schon nach kurzer Zeit wird klar, der mutmaßliche Täter handelte aus rassistischen Motiven. Der Generalbundesanwalt spricht von einer „zutiefst rassistischen Gesinnung“. In den Medien wird der Täter zudem als psychisch auffällig beschrieben. Er habe Verschwörungstheorien nachgehangen und sich von Geheimdiensten verfolgt gesehen. Hintergründe, mit denen am politisch rechten Rand versucht wird, der Tat ihre politischen Bezüge zu nehmen. AfD-Bundesprecher Jörg Meuthen beispielsweise twittert:

Zitat: „Das ist weder rechter noch linker Terror, das ist die wahnhafte Tat eines Irren.“

Genauso klingt es beim Fraktionschef der AfD.

Alexander Gauland (AfD), Vorsitzender AfD-Bundestagsfraktion: „Bei einem völlig geistig Verwirrten sehe ich kein politisches Ziel. Insofern bin ich vorsichtig mit dem Begriff Terror. Und von Links und Rechts wollen wir ja gar nicht reden. Das ist ein Verbrechen.“

Psychisch kranker Einzeltäter? Eine Zuschreibung, die die ideologische Nähe der Täter zum Rechtsextremismus immer wieder unkenntlich machen soll, sagt die Rechtsextremismus-Expertin Beate Küpper.

Prof. Beate Küpper, Hochschule Niederrhein: „Auch wenn es eine psychische Störung ist, dann ist die in diesem Fall ja gerichtet. Und die Richtung kommt durchaus aus Ideologiefragmenten aus dem Internet, aus Hetze, die im Internet verbreitet wird gegen Minderheiten. Aber eben auch aus hasserfüllten Kommentaren von Politikerinnen und Politikern gegen einzelne Bevölkerungsgruppen und gegenüber abwertenden Einstellungen, die wir ansonsten in der Bevölkerung verbreitet finden.“

Ignorierte Gefahr? Aus einer renommierten norwegischen Datenbank geht hervor, dass die Zahlen rechtsextremer Terrorakte, Morde und Mordversuche in Westeuropa schon in der jüngeren Vergangenheit stark gestiegen sind. Noch klarer ist das Bild bei den Opfern. Von 2001 bis 2005 gab es noch 136 Tote und Verletzte, von 2011 bis 2015 waren es mehr als dreimal so viel. Viele der jüngeren Taten gehen einher mit einer Radikalisierung im Internet. Vor allem wenn die Täter isoliert vorgehen, werden nachher oft ihre psychischen Probleme in den Vordergrund gerückt, immer wieder:

Köln, 17. Oktober 2015: Ein Mann greift die Kölner Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker an und verletzt sie lebensgefährlich mit einem Messer. Im Vordergrund stand seine attestierte „paranoid narzisstische Persönlichkeitsstörung“. In den Hintergrund gerückt: Seine rassistischen, fremdenfeindlichen Motive.

München, 22. Juli 2016: Der 18 Jahre alte David S. erschießt am Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen, alle mit Migrationshintergrund. Die bayerischen Behörden charakterisieren den Täter als Psychopathen. Die Tat gilt offiziell immer noch als Amoklauf.

Bottrop, 1. Januar 2019: Ein Mann steuert sein Auto in der Silvesternacht in mehrere Menschengruppen. 14 Menschen werden – teils lebensgefährlich – verletzt. Die meisten aus Afghanistan und Syrien. Kein Zufall, doch auch hier wird immer wieder auf die psychische Störung des Täters verwiesen.

Immer wieder, psychische Krankheiten als Rechtfertigung. Die rechtsextremistischen Weltbilder werden bagatellisiert. Und eine Gesellschaft spricht sich frei von jeglicher Mitverantwortung für die Folgen eines Rassismus, der sich längst breit gemacht hat.

Sebastian Fiedler, Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V.: „Die aktuelle Tat, die führt uns auf erschreckende Weise vor Augen, welche unterschiedlichen Problembereiche der Gesellschaft wirklich intensiv miteinander verwoben sind. Auf der einen Seite haben wir eine ganz aufgeladene gesellschaftliche Stimmung, wir haben eine Partei wie die AfD, deren ganze Programmatik darauf fußt, die Gesellschaft, den demokratischen Rechtsstaat zu destabilisieren. Und das bereitet wiederum einen Nährboden für alle möglichen Taten und für alle möglichen Täter. Und dazu gehören unter anderem auch solche, die möglicherweise psychisch erkrankt sind und für die gerade so etwas das entscheidende Momentum ist, um fremdenfeindliche Taten auch zu begehen.“

Auch das zeigt uns Hanau erneut: Wer rechtsextremistischen Terrorismus verhindern will, muss seine ideologischen Wurzeln bekämpfen – überall.

Georg Restle: „Und das bedeutet eben auch, dass man diese Gefahr klar benennt und nicht durch falsche Vergleiche kleinredet.“

Kommentare zum Thema

  • Sissi 10.03.2020, 17:24 Uhr

    Heute Brandanschlag auf das Auto des Berliner AfD Chef s Herrn N. Fest! Anschläge auf die #AfD mittlerweile im Wochentakt! Wir lassen uns aber nicht einschüchtern. Wir wissen, wer ideologisch dafür den Weg bereitet hat und Verantwortung trägt. Es ist an der Zeit, dass die Regierungsparteien verbal abrüsten. Kein Thema in den Medien? Das ist schon Alltag ! Aufrufe zur Gewaltfreiheit keine,Beileid der Politik null ? Die Medien ( Monitor) haben natürlich keine Mitschuld?

  • Gerald Wilfried 07.03.2020, 19:40 Uhr

    Grundsätzlich sind Gewalt,Terror und Angriffe auf Menschen und Einrichtungen zu verurteilen!Die von der Merkelregierung erlaubten Medien recherchieren und beurteilen daher sehr neutral und sehr genau solche Vorkommnisse:Werden Büros oder Fahrzeuge von Personen der Alternative für Deutschland angegriffen,beschädigt bzw. zerstört, handelt es sich ausschließlich um irgendwelche unbekannte Kriminelle.Im Falle Chrupalla wurde nach dem jüngsten Autobrand so auch logischerweise festgestellt, dass es sich um einen mutmaßlichen Brandanschlag gehandelt haben muß(evtl.politisch motiviert,aber nie im Zusammenhang mit den lupenreinen Demokraten).Sind Personen und Einrichtungen von CDU bis Grün jedoch betroffen,werden ausschließlich und rasant schnell die Alternative für Deutschland und deren Wähler festgestellt.Viele Deutsche sehen daher große Gefahren bei soviel Wahrheit und einen weiten Weg hin zu Demokratie.Populistische Propaganda, Hass und Hetze nehmen zu.

  • Gert Spötter 02.03.2020, 21:27 Uhr

    Dieser reschtradikale Terrorist hat ja auch auf unterirdische Anlagen in den USA hingewiesen in denen der Teufel Kinder quält. Davon hört man gar nichts. Gibt es da neue Erkenntnisse ? Und was ist mit Kliensmann und Bierhoff ? Die beiden zum DFB zu berufen war eine Idee dieses Terroristen. Gibt es da neuere Erkenntnisse ? Ich foffe MONITOR hält uns auf dem Laufenden.