MONITOR vom 22.10.2020

Corona: Falsche Strategie zur Eindämmung?

Bericht: Jochen Taßler, Herbert Kordes, Luisa Meyer

Corona: Falsche Strategie zur Eindämmung? Monitor 22.10.2020 07:19 Min. UT Verfügbar bis 22.10.2099 Das Erste Von Jochen Taßler, Herbert Kordes, Luisa Meyer

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Georg Restle: „Strikte Verbote hier, Laissez-faire da. Auch bei vielen Corona-Maßnahmen hier in Deutschland blicken viele nicht mehr durch. Wie sinnvoll sind Masken in halbleeren Fußgängerzonen oder Sperrstunden oder Beherbergungsverbote? Einiges wirkt da eher wie politischer Aktionismus. Und das hat ganz sicher auch damit zu tun, dass wir im achten Monat der Pandemie über vieles immer noch nicht genau Bescheid wissen. Warum das so ist und welche Rolle die Gesundheitsämter dabei spielen, das zeigen Ihnen jetzt Jochen Taßler, Herbert Kordes und Luisa Meyer.“

Maskenpflicht in Fußgängerzonen, Sperrstunden und Alkoholverbote, in einigen Bundesländern Reisebeschränkungen. Strenge Auflagen für Veranstaltungen. Und hohe Bußgelder für alle, die sich nicht an die Regeln halten. Die Politik greift durch.

Trotzdem – das hier geht noch: Gedränge in Bussen und Bahnen, volle Klassenzimmer, enges Sitzen in Restaurants und Bars – auch drinnen und ohne Maske. Der Corona-Herbst und seine Widersprüche. Viele können es kaum noch nachvollziehen.

Passantin auf der Straße: „Warum muss ich hier draußen in einer fast leeren Fußgängerzone Maske tragen? Wenn ich ins Brauhaus gehe, sitze ich mit X Leuten im geschlossenen Raum, da brauche ich keine mehr, das ist für mich völlig unsinnig.”

Passant auf der Straße: „Tatsächlich hat es eine sehr verwirrende Geschichte, und es ist auch das, was ich um mich herum in meinem persönlichen Umfeld wahrnehme, dass es immer mehr zu Unmut kommt auch bei den Leuten. Eben gerade, weil es nicht mehr verstanden wird.”

Bislang ist die Zustimmung zu den Corona-Maßnahmen insgesamt groß. Aber wie lange noch? Die Regeln müssten klar und nachvollziehbar sein, sagen Fachleute. Sonst gehe die Akzeptanz verloren.

Prof. Ursula Münch, Akademie für politische Bildung, Tutzing: „Der Unmut in Teilen der Bevölkerung kommt einerseits daher, dass nicht alle Maßnahmen wirklich logisch sind und er kommt andererseits daher, dass diese Maßnahmen sehr kurzfristig verhängt werden.”

Vielleicht hat der Unmut auch damit zu tun, dass viele Fragen auch nach Monaten mit Corona weiterhin offen sind, und wir das Pandemie-Geschehen immer noch nicht richtig erfassen können.

Prof. Gérard Krause, Helmholz-Zentrum für Infektionsforschung: „Wir haben im Moment eine Situation, in der wir mit Maßnahmen und Instrumenten arbeiten, für die wir nicht durchweg wissenschaftliche Evidenz haben, wie gut sie wirken. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht benutzt werden dürfen. Wir sind in einer sehr, sehr schwierigen Situation.“

Zu wenig wissenschaftliche Evidenz? Zu wenig Wissen auch darüber, wo sich Menschen eigentlich anstecken und wo Gefahren lauern? Es sind die Gesundheitsämter, die dieses Wissen sammeln könnten. Aber die sind wegen der Rekord-Infektionszahlen völlig überlastet.

Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg. Die Infektionszahlen sind hier noch vergleichsweise niedrig. Trotzdem seien 14- bis 16-Stunden-Tage gerade keine Seltenheit. Das Team versucht alles, um weitere Infektionen zu vermeiden. Fragt vor allem, mit wem Infizierte Kontakt hatten.

Dr. Anne Kühn, Gesundheitsamt Rhein-Neckar-Kreis: „Die oberste Priorität hat immer die Nachverfolgung der Kontaktpersonen, allerdings gehört bei uns zum Standardermittlungsprozess auch automatisch die Frage, wo waren Sie in den letzten 14 Tagen? Was glauben Sie, wo Sie sich angesteckt haben?“

Nur ist gerade diese Frage nicht immer zu beantworten. Viele Ansteckungsorte bleiben daher unentdeckt.

Sonja Klein, Mitarbeiterin Gesundheitsamt Rhein-Neckar-Kreis: „Ermittlungen von privaten Feiern sind deutlich einfacher, weil die Leute genau wissen, mit wem sie da Kontakt hatten, wie der Kontakt aussah. Das sieht in der Bahn natürlich anders aus, weil man da nicht weiß, wer neben einem gesessen hat und dementsprechend auch nicht so ohne Weiteres sagen kann, wer Kontakt sein könnte.“

Unser Bild von der Pandemie dürfte also zumindest unvollständig sein. Das Robert-Koch-Institut weist zwar aus, wo sich Infizierte vermutlich angesteckt haben – und kommt zum Ergebnis: vor allem im privaten Umfeld. Aber in drei Viertel der Fälle gibt es gar keine Hinweise auf den Ansteckungsort. Und einiges ist erstaunlich: Die Daten zeigen etwa kaum Ansteckungen in Restaurants, und praktisch keine in Bussen und Bahnen. Dass das vermutlich nicht stimmt, sagt das RKI sogar selbst. Ausbrüche etwa im Bahnverkehr ließen sich „nur schwer ermitteln” und könnten „deshalb hier untererfasst” sein.“

Die Corona-Maßnahmen zielen bisher vor allem auf die Ereignisse ab, die sich leicht zurückverfolgen lassen, private Veranstaltungen etwa. Aber sind Busse und Bahnen weniger gefährliche Orte, nur weil man wenig darüber weiß? Schließlich kommen gerade in Bahnen Menschen auf engstem Raum zusammen. Müsste man hier nicht genauer hinschauen?

Je höher die Infektionszahlen, desto weniger Zeit bleibt für Analyse. Viele Ämter kommen nicht mehr hinterher. Etwa das Gesundheitsamt in Berlin-Mitte, einem der Corona-Hotspots in Deutschland.

Dr. Lukas Murajda, Gesundheitsamt Berlin-Mitte: „Die Situation ist sehr ernst. Wir haben sehr viele neue Fälle. Und ja, was soll ich sagen? Wir machen uns Sorgen.”

Trotz Hilfe der Bundeswehr dauert es Tage, bis Infizierte und ihre Kontakte benachrichtigt werden. In vielen Fällen dürfte es dann schon zu spät sein. Deshalb raten Experten, die Gesundheitsämter sollten sich jetzt stärker darauf konzentrieren, größere Infektionsherde zu finden. Man spricht von Clustern. Gerade sie treiben die Pandemie. Denn alle Infizierten im Cluster haben weitere Kontakte, die sie anstecken können. Wenn es gelingt, solche Cluster früh zu erkennen und zu isolieren, könnten viele Infektionsketten unterbrochen werden.

Karl Lauterbach (SPD), Bundestagsabgeordneter: „Die Clusterverfolgung ist jetzt die einzige Möglichkeit, die überhaupt noch wirken könnte, weil damit hätte man zwei Vorzüge. Man würde sich konzentrieren auf die Ausbrüche, die größer sind. Wir wissen ja, dass also 80 Prozent der Neuinfektionen bei diesen Clustern wahrscheinlich entstehen. Und zum zweiten, man könnte damit auch noch vor die Welle kommen, dass man die Cluster rechtzeitig – sag ich mal – informiert, isoliert und testet, bevor die Pandemie von dort weitergegeben wurde.“

Vor die Welle kommen statt der Pandemie hinterherzulaufen. Genau deshalb legt Japan den Schwerpunkt auf die Suche nach Clustern. Wie immer bei Corona sind Vergleiche schwierig. Aber bislang scheint es dort zu funktionieren. Deutschland konnte die erste Welle nur mit drastischen Kontakteinschränkungen stoppen. Jetzt gehen die Zahlen wieder extrem nach oben. Japan hat insgesamt deutlich weniger Fälle, bei mehr Einwohnern und weniger einschneidenden Maßnahmen. Ein Modell für Deutschland?

Das RKI sagt auf Anfrage, aus den Corona-Empfehlungen lasse sich ein Vorrang für die Clustersuche ableiten. Welche Aufgaben dafür reduziert werden könnten, hinge aber von der Situation vor Ort ab. Und so sucht sich jedes Amt gerade seinen eigenen Weg. Ob wirklich sinnvoll oder eher nicht.

Kommentare zum Thema

  • D.Köhler 18.12.2020, 10:56 Uhr

    Die Bundesregierung hatte/hat eine falsche Strategie. Stress, Angst und die Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Lebensfreude machen die Menschen nicht nur krank, sondern sind sehr gefährlich und können absolut tödlich sein. Nun, die Frage, was bewirken die Corona-Maßnahmen: Maskenpflicht, Abstandpflicht, Kontaktverbote, Quarantäne, Isolation, Reise-und Berufsverbot, Starke Einschränkung der persönlichen Freiheiten, Schlimme Horrormeldungen über die Ansteckungsgefahren, Schreckliche Bilder von Intensivstationen, die ständigen Meldungen und Ansagen über die Ansteckungsgefahr und Ansteckungsrisiko in DB, ÖVB und fast überall in BRD.+++Alle diese Maßnahmen angeblich zum Schutz der Bevölkerung bringen täglich Menschenleben in Gefahr. Wie oben erwähnt wurde, können die negativen Emotionen, Stress und die Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Lebensfreude auch Menschen töten. Wer Zweifel an dieser Aussage hat, sollte den Suchbegriff „Stress ist tödlich“ in Google eingeben+++

  • Ulrike Mehrens 07.12.2020, 14:12 Uhr

    Kommentar falsche Strategie: Wenn die Regierung so eindimensional und wissenschaftlich völlig falsch durch Corona-Verordnungen und Einschränkungen die Gesundheit der gesamten Bevölkerung praktisch aufs Spiel setzt und dreist behauptet, dass dies im Sinne des Gesundheitsschutzes ist, dann sind unsere Politikerinnen/Politiker, die sowas behaupten, entweder zu dumm oder ist die Korruption im Spiel .Man kann ja nicht von Gesundheitsschutz sprechen, wenn man durch Corona-Verbote und Sanktionen und Zwangsmaßnahmen der gesamten Bevölkerung einer enormen Stressbelastung aufsetzt. Es ist ja in der Wissenschaft unumstritten, dass der Stress das Immunsystem schwächet und eine Wichtige Ursache für den Schlaganfall, Hertzinfarkt, Depression und alle mögliche Krankheiten und Erkrankungen ist. Daher müssen die absurden gesundheitsgefährdende Corona-Zwang-Maßnahmen sofort abgeschafft werden, „im Sinne des Gesundheitsschutzes versteht sich“.

  • Meryam Steinecke 03.12.2020, 16:05 Uhr

    Wir werden jeden Tag von dem staatlichen RKI, der Regierung und der Medien über die Zahl der Corona-Toten BELOGEN. Diese LÜGEN werden überall unkritisch wiedergegeben und nicht hinterfragt. Laut der Definition von RKI, wer an Corona positiv getestet wird und irgendwann stirbt, als „Tod durch Corona-Virus“ gezählt. Ob der verstorbene auch an andere Grippe-Viren infiziert war, oder an Schlaganfall, Herzinfarkt, Leberzirrhose, Lungenembolie, Unterzuckerung, Blutkrebs etc. verstorben ist, spielt bei dieser Statistik absolut keine Rolle, Hauptsache irgendwann wurde der Verstorbene an Corona-Virus POSITIV getestet, dann zählt er offiziell in der Statistik als Verstorben durch Corona-Virus! Diese Art von Verlogenheit und Verfälschung von Todesursachen betreib das RKI im Sinne der Regierung, damit man das Corona-Virus als eine gefährliche Seuche dramatisiert und die Corona-Maßnahmen begründet. Dieser Skandal muss Konsequenzen und rechtlich Folgen für alle Verantwortlichen haben....