Bericht: Kim Otto, Markus Schmidt, Markus Zeidler
Moderation Sonia Mikich: "Er würde sich schämen, Hilfe vom Staat anzunehmen. Ja doch, Josef Ackermann war selbstbewusst genug, auf staatliche Schutzschirme für die Deutsche Bank zu verzichten. Und es stimmt ja, direkte Finanzspritzen brauchte Ackermann auch gar nicht, er ist geschickt genug, auf anderen Wegen von Steuermilliarden zu profitieren. Markus Schmidt, Markus Zeidler und Kim Otto haben erlebt, wie sich eine Mauer des Schweigens auftürmt, wenn man rund um die Deutsche Bank und die Steuermilliarden einfach Transparenz einfordert. Wer zahlt, muss doch wohl etwas wissen dürfen? Ja, schauen Sie mal!"
Volker Wissing will Aufklärung. Gerhard Schick ebenso. Zwei Bundestagsabgeordnete auf dem Weg in den HRE-Untersuchungsausschuss. Beide interessiert, welche Rolle spielten die Deutsche Bank und ihr Chef Josef Ackermann bei der Rettung von Krisenbanken wie der HRE.
Volker Wissing, FDP, Bundestagsabgeordneter: "Es gab auf höchster Ebene Gespräche über die Rettung der Hypo Real Estate. An diesen Gesprächen soll auch Herr Ackermann beteiligt gewesen sein und in dieser Situation ist es für das Parlament wichtig zu erfahren, welche eigenen Interessen die Deutsche Bank dort vertreten hat."
Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsabgeordneter: "Ich habe den Verdacht, dass sich die Deutsche Bank im Zuge dieser Rettungsmaßnahme für die Bankenbranche, zum Beispiel IKB oder Hypo Real Estate zulasten von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern saniert hat. Und das müssen wir jetzt im Untersuchungsausschuss untersuchen."
Die Deutsche Bank als heimlicher Profiteur der staatlichen Milliarden-Hilfen? Auf Staatshilfe sei er nicht angewiesen, verkündet Josef Ackermann seit Monaten. Wie zum Beweis liefert er jetzt - mitten in der Krise - glänzende Erfolgszahlen.
Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender Deutsche Bank (vom 28. April 2009): "Wir haben ein Vorsteuerergebnis von 1,8 Milliarden Euro und ein Nachsteuerergebnis von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. "
Josef Ackermann im Off-Ton: "Wir sind in der größten Krise ohne Staat durchgekommen."
Tatsächlich ganz ohne Staat? Direkte Hilfszahlungen brauchte die Deutsche Bank bislang in der Tat nicht. Die direkten Steuermilliarden fallen anderen zu. Den Krisenbanken, wie HRE und IKB. Sie bleiben nur dank Staatshilfen zahlungsfähig. Wer aber profitiert sonst noch, dass Pleiten verhindert werden und die Gläubiger weiter ihr Geld bekommen? Und wer sind die wichtigsten Gläubiger? Die Deutsche Bank, wie viele Abgeordnete jetzt vermuten? Wir fragen nach bei der Deutschen Bank. Die Antwort:
Zitat: " Die Deutsche Bank veröffentlicht grundsätzlich keine Details zu Kundenbeziehungen."
Rückblende 2008. Schieflage bei der HRE. Es ist Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann, der sich massiv stark macht für eine staatliche Rettung der HRE. Selbstlos war das nicht, sagen Banken-Experten. Denn mit der HRE wäre vermutlich der Markt für Pfandbriefe zusammengebrochen, Hunderte von Milliarden schwer.
Prof. Thomas Heidorn, Banken-Experte: "Dies hätte zum Beispiel die Deutsche Bank in zwei Arten getroffen: Einerseits sind sie der größte Händler in diesem Bereich, sodass ein Zusammenbrechen des Marktes natürlich ausgesprochen negativ wäre. Zweitens haben fast alle Banken größere Bestände in diesen Wertpapieren und weiterer Abschreibungsbedarf wäre in der Krise wahrscheinlich tödlich gewesen."
Mitte 2007: die Mittelstandsbank IKB vor dem Kollaps. Wieder war es Josef Ackermann, der nach Staatshilfe rief. Zuvor hatte seine Bank der IKB genau die Finanzpapiere vermittelt, die ihr die Riesenverluste bescherten. Der Bundesrechungshof - oberster Kontrolleur der Verwendung von Steuergeldern: Er wollte prüfen, er durfte nicht.
Andreas Krull, Pressesprecher Bundesrechnungshof: "Wir hätten gerne in die IKB, in die Bücher der IKB geguckt. Das war uns aber verwehrt. Die IKB ist eine privatrechtlich organisierte Bank, keine Mehrheitsbeteiligung des Bundes, sodass wir trotz der Steuergelder, die dorthin geflossen sind, nicht prüfen konnten, was damit passiert ist."
Auf den Weg in den Untersuchungsausschuss. Auch die Abgeordneten Schick und Wissing fordern Transparenz. Sie haben parlamentarische Anfragen an die Regierung geschrieben, in den Fach-Ausschüssen nachgehakt. Doch die Regierung blockt, beruft sich auf das Aktien- und Kreditwesen-Recht.
Zitate aus den Antworten der Regierung: Die Bundesregierung könne sich "über die Interessen der beteiligten Unternehmen nicht hinwegsetzen." Es sei nicht möglich, die Gläubiger-Struktur [der HRE] bekanntzugeben.
Reporter: "Es geht um den Banken-Rettungsplan für die HRE. Warum erfahren wir nichts über die Gläubiger-Struktur der HRE?"
Peer Steinbrück, SPD, Bundesfinanzminister: "Ich weiß nicht, was Sie mit dieser Frage von mir jetzt wissen wollen, mit der Gläubiger-Struktur, das ist weitestgehend im Streubesitz und im Zweifelsfall müssen Sie Herrn Flowers fragen, wer Family and Friends sind. Das können Sie mich doch nicht fragen, ich weiß das doch gar nicht."
Eigentlich hatten wir nach den Gläubigern gefragt, also denen, die Geld von der HRE bekommen, nicht nach den Eigentümern. Wir haken nach. Nun versteht uns der Minister:
Reporter: "Doch, weil das Finanzministerium angefragt worden ist, von den Abgeordneten."
Peer Steinbrück, SPD, Bundesfinanzminister: "Ich nicht, ich nicht. Und bevor Sie für irgendein Fernseh-Magazin versuchen, etwas zu dramatisieren, erkundigen Sie sich bei mir im Hause. Ich weiß, wie so was läuft. Sie überfallen mich immer gerne damit, senden Sie das auch, das ist dieser Überfall-Journalismus. Sie haben eine ganz schlimme Frage und haben den Eindruck, da sind irgendwelche Verschwörungen, sind sie nicht."
Die Frage nach Transparenz - eine "ganz schlimme“ Frage von Verschwörungstheoretikern?
Volker Wissing, FDP, Bundestagsabgeordneter: "Das sind völlig abwegige Äußerungen des Bundesfinanzministers. Es geht hier nicht darum, irgendwelche Theorien zu entwickeln, sondern es geht darum, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Fakten auf dem Tisch haben wollen; wollen wissen, wer alles von diesen Banken-Rettungspaketen in welcher Form profitiert."
Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin: "Wenn man über die Frage nachdenkt, ob der Hinweis darauf, wir sind ja zur Verschwiegenheit verpflichtet, nach vielen Gesetzen, ob das juristisch eigentlich haltbar ist? Dann würde ich sagen, nein, das ist juristisch nicht haltbar, denn der Steuerzahler, der ja hier die großen Unterstützungsgelder zahlt, wird durch das Zahlen dieser Gelder zum Gesellschafter bei den Banken, die er unterstützt. Das ist auch sonst so. Und wenn man Gesellschafter ist, hat man natürlich Auskunfts-, Einsicht- und Mitbestimmungsrechte."
Wir schauen in die USA. Auch hier fließen hunderte von Milliarden an Steuergeldern, um Banken und Versicherungen zu retten. Allein 150 Milliarden US-Dollar für den Versicherungskonzern AIG. Senat und Kongress wollten das nicht einfach abnicken.
Christopher J. Dodd, US-Senator (Übersetzung MONITOR): "Der Steuerzahler hat das Recht zu erfahren, wen er tatsächlich unterstützt und wer wieviel bekommen hat."
Die AIG musste dem Druck nachgeben und offenlegen, wohin die Steuergelder der US-Bürger geflossen sind. Einer der größten Empfänger: die Deutsche Bank - mit brutto 11,8 Milliarden Dollar; gut abgesichert. Steuermilliarden aus den USA - zum Wohle der Aktionäre? Zurück nach Berlin. Mehrere Stunden tagte der Untersuchungsausschuss heute. Antworten auf die entscheidenden Fragen bekamen die Abgeordneten auch diesmal nicht.
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