Bericht: Nikolaus Steiner
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Georg Restle: „In Zeiten von Krisen gibt es immer Menschen und Unternehmen, die daraus Kapital schlagen – und das ist wortwörtlich gemeint. Während die Börsen teilweise dramatische Kurseinbrüche verzeichneten, haben einige genau damit Gewinne gemacht: Hedgefonds, die auf fallende Kurse wetten, darauf dass bestimmte Unternehmen von der Corona-Krise besonders hart getroffen werden. Vor allem mit sogenannten Leerverkäufen, und die können eine Krise an den Finanzmärkten dramatisch verschärfen. Während einige europäische Staaten solche Leerverkäufe jetzt stoppten, sieht der Bundesfinanzminister hier keinen Grund zum Handeln. Nikolaus Steiner.“
Corona-Panik an den Börsen. Der Dax nach einem Absturz leicht erholt. Doch immer noch rund minus 30 Prozent seit Ende Februar. Aber es gibt auch Gewinner der Krise: Bill Ackman zum Beispiel, Hedgefonds Manager aus New York. Auf Twitter forderte er Mitte März den US-Präsidenten auf, einen 30-tägigen Shutdown zu verhängen. Dann gab er dem US-Fernsehsender CNBC ein Telefoninterview, warnte vor drastischen Folgen von Corona.
Bill Ackman, Hedgefonds-Manager (18.03.2020) (Übersetzung Monitor): „Das Virus ist tödlich und ist unglaublich weit verbreitet. Es tötet gesunde Menschen, es tötet junge Menschen! Stellen Sie sich vor, das Virus würde Babys in New York töten. Aber genauso müssen wir denken, stellen Sie sich vor, ihr Kind stirbt!”
Warnungen mit Hintergedanken? Wenige Tage später verkündete Ackman einen Gewinn von 2,6 Milliarden Dollar. Er hatte auf fallende Kurse gesetzt. Mit seinen Corona-Warnungen habe dies aber nichts zu tun gehabt. Und nicht nur in den USA, auch in Deutschland wetten große Hedgefonds auf fallende Kurse. Oftmals mit sogenannten Leerverkäufen.
Prof. Volker Brühl, Center for Financial Studies, Goethe-Universität Frankfurt: „Wir haben in den letzten sechs bis acht Wochen eine starke Zunahme der Leerverkaufsaktivitäten nicht nur in Deutschland, sondern eigentlich in allen europäischen Märkten erlebt. Vor allen Dingen Hedgefonds, die natürlich in solchen unsicheren Zeiten besonders aktiv sind, haben ihre Positionen deutlich ausgebaut.”
Ray Dalio zum Beispiel, US-Milliardär und Gründer eines der größten Hedgefonds der Welt: Bridgewater Associates. Laut Bloomberg hatte Bridgewater Anfang März Wetten im Volumen von 14 Milliarden Dollar auf fallende Kurse in Europa abgeschlossen. Darunter Wetten auf Kursverluste von Aktien deutscher Unternehmen im Wert von fast 4,9 Milliarden Dollar. Bridgewater setzte auf den Absturz von Aktien, etwa von SAP, Bayer, Allianz und vielen anderen großen deutschen Unternehmen.
Prof. Volker Brühl, Center for Financial Studies, Goethe-Universität Frankfurt: „In Krisenzeiten sind Leerverkäufe deswegen besonders gefährlich, weil sie wie eine Art Brandbeschleuniger wirken können. Das bedeutet, dass also letztendlich fallende Kurse verstärkt werden dadurch, dass es vermehrt Leerverkäufe gibt. Das heißt, der Kursdruck nimmt zu, sodass insgesamt die Bandbreite an Schwankungen, die sogenannte Volatilität insgesamt zunimmt und das sorgt für zusätzliche Verunsicherung am Markt.“
Und Bridgewater ist nicht allein. Die Leerverkaufs-Datenbank des Handelsblatts zeigt, wer in diesen Tagen spekuliert. Darunter viele große Hedgefonds die auf fallende Kurse bei deutschen Unternehmen setzen. Und in manchen Fällen – so die Schätzungen der Handelsblatt-Datenbank – große Gewinne machen. Die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin teilt mit, man könne ...
Zitat: „keinen bedeutsamen Anstieg von Leerverkaufs-Aktivitäten feststellen.”
Und: Derzeitige Kursrückgänge seien …
Zitat: „nicht von etwaigen Leerverkäufen hervorgerufen oder durch diese (mit-)ausgelöst worden.”
Tatsächlich? Fest steht, Finanzaufsichtsbehörden in Frankreich, Belgien, Spanien, Italien und Österreich hatten umgehend reagiert und bestimmte Leerverkäufe für eine gewisse Zeit teilweise oder komplett verboten. In Österreich hieß es dazu: Man habe eigentlich eine
Zitat: „EU-weite und einheitliche Maßnahme bevorzugt”.
Aber darüber sei
Zitat: „keine Einigung”
zu erzielen gewesen. Erstaunlich: Auch die CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament fordert ein europaweites Verbot von Leerverkäufen. Doch ausgerechnet Deutschland verhindere das.
Markus Ferber (CSU), Ausschuss für Wirtschaft und Währung des EU-Parlaments: „Ich habe mit der Europäischen Aufsicht einen sehr engen Kontakt zurzeit. Und mir wird leider gesagt, es sind eine Reihe von Ländern: An der Spitze Deutschland, die ein europaweites Verbot bisher behindern. Und insofern hoffe ich, dass sich Deutschland hier bewegt. Das wäre der entscheidende Domino-Stein, um ein Leerverkaufsverbot durchzusetzen.”
Deutschland blockiert? Fest steht: Bundesfinanzminister und BaFin sehen aktuell keinen Anlass für ein Verbot in Deutschland.
Reporterin: „Warum sind Leerverkäufe in Deutschland noch nicht verboten worden?”
Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister (23.03.2020): „Es gibt verschiedene Dinge, die man tun kann, wenn man aus der Betrachtung der Situation erkennt, dass es notwendig ist zu intervenieren. Das machen die dafür zuständigen Aufsichtsbehörden. Aber es gehört auch zur Wirklichkeit dieser Maßnahmen dazu, dass über sie nie spekuliert wird, sondern sie eines Morgens da sind.”
Eines Morgens – irgendwann. Das Argument, dass sich die Märkte im Moment doch einigermaßen stabilisiert hätten, überzeugt Finanzexperte Gerhard Schick nicht. Denn die Folgen von Corona seien noch überhaupt nicht absehbar.
Gerhard Schick, Bürgerbewegung Finanzwende e. V.: „Diese Krise ist längst noch nicht vorbei am Finanzmarkt. Und deswegen ist es richtig, dass manche Aufsichtsbehörden in Europa Leerverkäufe verboten haben. Das sollte jetzt europaweit geschehen. Auch die deutsche Aufsichtsbehörde sollte jetzt handeln. Wenn man dann nach ein paar Tagen feststellt, jetzt gab es wieder einen Kursrutsch, ist es zu spät einzugreifen.”
Gewinner in Krisenzeiten: Für viele Hedgefonds ist das Zögern Deutschlands eine gute Nachricht.
Georg Restle: „Profiteure der Corona-Krise, da gibt es auch noch ganz andere.“
Kommentare zum Thema
Besten Dank fuer diesen Beitrag. Dank Leuten wie Ernst Wolff wissen wir ja ohnehin dass die WEltWirtschaft vor dem Virus (d.h. Sept-Nov 2019) zusammengebrochen ist (Oeldollar, Derrivate, halt dieselben Faktoren wie 2008. Die sog Korona Krise und das Kriegsrecht ist ja nur dazu da dies sinnhaft zu erklaeren so dass man sich der Volkswut nicht stellen muss. Das haben Sie mE gut dargestellt wenn auch nur andeutungsweise. Jemand meinte Sie haetten Leerverkauefe und andere Mechanismen die ja dazu gehoeren und es schon lange gibt besser erklaeren koennnen. Dem stimme ich zu. Bitte senden Sie mehr von solchen Berichten damit auch Nicht Fachleute dies erkennen koennen.
Wenn ich etwas verkaufe was ich nicht besitze nennt man das Betrug, bei den Bankern nennt man das Leerverkauf. Betrug ist strafbar, Leerverkäufe nicht, das soll einer verstehen. Leerverkäufe und andere Tricksder Finanzmafia gehören verboten. Dazu sind unsere lieben Politiker aber nicht bereit. Was soll man auch von einem Finanzminister erwarten der einer Cum/Cum/Ex Bank aus Hamburg mal eben 46 Millionen geschenkt hat.
Ja, es ruiniert die Aktienkultur, den seriõsen Anleger, Unternehmen, zerstört Arbeitsplætze und ist ganz einfach ein krimineller Akt, ein gewebs-und bandenmæsziger Betrug. Leerverkæufe um Unternehmen zu ruinieren um sich selbst Marktvorteile und hohe Gewinnezu sichern.
Fallende Kurse sind kurzfristig kein Problem. Einem Unternehmen geht es nicht besser oder schlechter, weil der Aktienkurs hoch oder niedrig steht. Kurse sind eher die Folge der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens. Wenn nun Hedgefonds auf fallende Kurse setzen, können sie sich daran ebenso die Füsse verbrennen. Denn die Kurse können ebensoschnell wieder steigen, wenn die Nachrichten positiv werden. Dann müssen die Hedgefonds sich mit den Werten, die sie zuvor leer verkauft haben, teuer wieder eindecken und müssen dabei sogar Geld nachschiessen. Monitor hat es sich hier sehr einfach gemacht und nur einen kleinen Teilbereich beleuchtet, um kapitalismuskritisch daherzukommen. Viel von Wirtschaft scheint Herr Restle nicht zu verstehen.