MONITOR vom 27.04.2017

Die AfD: Schutzschild der extremen Rechten?

Bericht: Achim Pollmeier, Peter Onneken

Die AfD: Schutzschild der extremen Rechten? Monitor 27.04.2017 08:49 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

Alexander Gauland: „Wir sind nicht nach rechts gegangen, wie ich von einigen gehört hab. Wir gehen nicht nach links. Wir sind die Partei der Mitte und wir wollen alle mitnehmen.“

Georg Restle: „Soso, die AfD, eine Partei der Mitte also, und alle, alle sollen mitgenommen werden. Die Frage ist nur, wer ist mit alle eigentlich gemeint? Guten Abend und willkommen bei Monitor. Was war das für ein Showdown beim Parteitag am Wochenende in Köln? Die Parteivorsitzende schwerst gedemütigt und der rechte Flügel jubiliert. Na ja, wenn man überhaupt noch von Flügeln sprechen will bei der AfD, irgendwo zwischen Rechtsaußen und ganz Rechtsaußen. Selbst Sympathisanten von Rechtsextremisten waren in Köln als Delegierte dabei, von wegen Parteiausschluss. Der heimliche Sieger war in Köln jedoch nicht anwesend: Björn Höcke. Er und seine Leute vom äußersten rechten Rand können jetzt in der AfD durchmarschieren. Und das tun sie auch längst, sogar ziemlich erfolgreich. Achim Pollmeier und Peter Onneken waren auf dem Kölner Parteitag unterwegs und zeigen Ihnen auch, wer da demnächst alles im neuen Bundestag sitzen könnte.“

Aufbruch bei der AfD. Das Spitzenteam – liberal und konservativ. Die Mitglieder – bürgerlich, patriotisch. So wollen sie sich sehen. Aber sicher nicht rechtsextrem.

Alexander Gauland: „Wir sind die Partei der Mitte und wir wollen alle mitnehmen.“

Alle Mitnehmen. Was das bedeutet bei der selbst ernannten „Partei der Mitte“, auch das zeigte dieser Parteitag. Man trifft auf etliche Mitglieder, die hier eigentlich gar nicht mehr sein sollten. Mitglieder, von denen man sich nach außen abgegrenzt hat und die hier trotzdem die Geschicke der Partei mit bestimmen. Zum Beispiel Wolfgang Gedeon. Der Abgeordnete aus Baden-Württemberg hat antisemitische Schriften verfasst, bezeichnete Juden als inneren „Feind des christlichen Abendlandes". Ein Ausschlussverfahren dümpelt vor sich hin, trotzdem wurde Gedeon erst kürzlich von der AfD als Delegierter wiedergewählt. Dabei hatte Parteichef Meuthen ihn einmal für untragbar erklärt.

Jörg Meuthen AfD , Bundessprecher (Juni 2016): „Die inhaltliche Position ist, kein Platz für extremistische, rassistische und antisemitische Positionen in dieser Partei.“

Auch sie sollte hier eigentlich nicht mehr sitzen. Um Petra Federau aus Schwerin gab es schon etliche Querelen, beständig trommelt sie am äußerst rechten Rand.

Petra Federau, AfD: „Wir Deutschen wurden mit dem kollektiven Schuldkultbann belegt und zu modernen, wehrlosen Untertanen für die halbe Welt gemacht.“

Veranstaltungen mit Rechtsextremen, Auftritte bei Pegida. Vor einem Jahr noch hat die AfD ihren Mitgliedern das verboten - das ist offenbar passé. Dass sich die Partei nach außen von ihr abgrenzt - Federau stört das nicht.

Petra Federau, AfD: „Ich lebe damit, Sie sehen, ich bin hier und werde auch immer wieder dabei sein.“

Beispiel drei: Vor einem Jahr verkündete der Landesverband NRW, ihn aus der Partei auszuschließen. Markus Mohr, Delegierter aus Aachen. Er paktierte im Stadtparlament offen mit Rechtsradikalen und ist immer noch in der AfD. Er war in Köln nicht dabei. Doch auch gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke läuft ein Ausschlussverfahren, schon Anfang Februar wurde es vom Bundesvorstand beschlossen, doch der Antrag wurde beim zuständigen Schiedsgericht erst kürzlich eingereicht. Das Verfahren dürfte sich bis nach der Bundestagswahl hinziehen - und kaum jemand rechnet damit, dass es durchkommt. Der Antrag gegen Höcke wurde von Spitzenkandidatin Alice Weidel massiv unterstützt. Doch wenn er bleibt, hat sie damit auch kein Problem.

Alice Weidel AfD, Spitzenkandidatin: „Das entscheiden - wie gesagt - die internen Parteigerichte. Und wenn es da nichts zu beanstanden gibt, dann sehe ich dafür überhaupt keinen Grund, für Herrn Höcke bzw. auch in Thüringen Wahlkampf zu machen. Das ist doch ganz klar, wir sind eine Partei.“

Kehrtwende um 180 Grad. Dabei wurde Höcke im Ausschlussantrag eine „extremistische Grundhaltung mit Bezügen zum Nationalsozialismus“ vorgeworfen.

Björn Höcke: „Ich reise heute einen langen und entbehrungsreichen Weg, aber es ist der einzige Weg, der zu einem vollständigen Sieg führt. Und dieses Land braucht einen vollständigen Sieg.“

Der Heilsbringer weist den Weg zum vollständigen Sieg. Vom rechten Parteiflügel wird Höcke geradezu verehrt - und er sendet seine Anhänger förmlich aus.

Björn Höcke (AfD), Kreisvorsitzender Thüringen: „Ich möchte, dass die Flügelleute in ganz Deutschland die kommenden Listenparteitage maximal frequentieren, damit die Richtigen nach Berlin kommen.“

Höckes Anhänger sind der Aufforderung gefolgt. Wir haben die Landeslisten der AfD für den Bundestag durchforstet: Bundesweit wurden etliche Kandidaten des rechten Parteiflügels auf aussichtsreiche Listenplätze gewählt. In Sachsen zum Beispiel der Richter Jens Maier. Maier polemisiert gegen die Gefahr sogenannter „Mischvölker“ und propagiert – wie Höcke – einen anderen Blick auf die deutsche Geschichte.

Jens Maier (AfD), Bundestagskandidat Sachsen: „Diese ganze gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, das Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre. Ich erkläre hiermit diese Schuldhaft für beendet, für endgültig beendet.“

Aufgrund dieser Rede kündigte der Landesvorstand eher zaghaft ein Ausschlussverfahren gegen Maier an. Doch auf einem Parteitag forderte die Mehrheit der Mitglieder, den Ausschluss zurückzunehmen. Und auch aus Westdeutschland könnten etliche Vertreter des Höcke-Flügels in den Bundestag einziehen. Frank Magnitz aus Bremen zum Beispiel. Inhaltlich stehe er voll zu Höcke, sagt er - mit dem Wort "völkisch" - einem Schlüsselbegriff der Rassenideologie, hat er ohnehin kein Problem.

Frank Magnitz (AfD), Bundeskandidat Bremen: „Da dürfen wir auch nicht mehr Autobahn sagen, ne. Adolf wird direkt mit Autobahn verbunden.“

Reporter: „Also völkisch ist wie Autobahn?“

Frank Magnitz (AfD), Bundeskandidat Bremen: „Ja, auf der gleichen Ebene bewegt sich das.“

In Bayern wurde der einflussreiche Landesvorsitzende Petr Bystron nominiert. Vergangene Woche wurde bekannt, dass Bystron vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Es geht um seinen Umgang mit einer rechtsextremen Organisation - der Identitären Bewegung.

Petr Bystron: „Identitäre ist eine tolle Organisation, das ist eine Vorfeldorganisation von der AfD, und die müssen wir unterstützen.“

Petr Bystron: „Ich begrüße hier ausdrücklich die Jugend, die Identitäre Jugend, die noch weiß, was Heimat bedeutet.“

In etlichen Bundesländern wird die Identitäre Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie eine rechtsextreme, islamfeindliche und völkische Ideologie verbreitet. Durch Zuwanderung werde die deutsche Bevölkerung bewusst ausgetauscht. Laut offizieller Parteilinie sind die Ziele der Identitären mit der AfD unvereinbar. Bystron weiß das, doch er spielt es herunter.

Reporter: „Wie stehen Sie zur Identitären Bewegung?“

Petr Bystron (AfD), Landesvorsitzender Bayern: „Na ja, schauen Sie, falls Sie die Reden verfolgt haben, ich habe die Aktionen der Identitären beschrieben. Habe gesagt, die sind doch witzig, die sind intelligent. Das ist so wie das Greenpeace das früher gemacht hat.“

Greenpeace? Alles harmlos? Bystron tauchte auch schon mit Rechtsextremen bei einer Infoveranstaltung über die AfD auf - angeblich rein zufällig. Doch erst als der Verfassungsschutz ins Spiel kam, kündigte die Partei Sanktionen an. Auf unsere Frage, wie die konkret aussehen, erhielten wir keine Antwort. Und auch viele andere AfD-Funktionäre sympatisieren ganz offen mit den Identitären. Der Berliner Abgeordnete Thorsten Weiß zum Beispiel, Jan Wenzel Schmidt, Abgeordneter in Sachsen Anhalt oder Hans-Thomas Tillschneider, der Vorsitzende der Patriotischen Plattform in der AfD. Sanktionen fürchtet wohl niemand. Die selbst ernannte Partei der Mitte hat kein Problem mehr mit Sympathisanten von Rechtsextremisten. Das vielleicht meint die AfD, wenn sie davon spricht, „alle mitzunehmen“.

Georg Restle: „Viele Funktionäre und Mitglieder der AfD haben ja ein ziemlich klares Feindbild. Dazu gehören vor allem Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, nicht nur hier im Land, sondern auch draußen auf dem Mittelmeer. Menschen, die das vor allem deshalb tun, weil es kein staatliches Seenotrettungsprogramm gibt.“

Kommentare zum Thema

  • Daniel K 02.03.2018, 13:41 Uhr

    @ "Marc", 28.04.2017, 09:39 Uhr: 1. der Artikel ist nicht von Herrn Restle 2. er ist veröffentlich in dessen Blog, genauso wie Ihr aggressiver Gegenartikel. Was wollen Sie also? Lesen Sie doch eingangs die Bemerkungen zur Art des Blogs...

  • Miriam S 02.03.2018, 13:24 Uhr

    Ein brisantes Thema; mir stößt dabei auf, wie man im BT mit den gewählten Vertretern dieser Partei umgeht; der Umgang ist - klar formuliert - völlig UNDEMOKRATISCH , man verlacht, ja verhöhnt die Redner; statt sich auf eine differenzierte Auseinandersetzung einzulassen. Warum ? man kann den Eindruck gewinnen, dass es Verlustängste sind , die dabei eine wesentliche Rolle spielen: Man muss fremder Kompetenz ein OK geben und hält das für blamabel, dann entzieht man sich besser gleich von Anfang an und schiebt Belanglosigkeiten der andern Seite vor. Und noch etwas statt hinhören , lächerlich machen des "Gegners" ist der letzte Diskussionsstil, den es in einer Demokratie geben darf.

  • Demokrat 27.06.2017, 13:50 Uhr

    Parteiinterne Demokratie kann schwierig und langsam sein. Wenn nun aber per Federstrich alle die genannten Personen ausgeschlossen worden wären, hätte MONITIOR es auch wieder zum Thema gemacht, weil es dann nicht demokratisch sauber gelaufen wäre. Und seien wir mal ehrlich, selbst wenn alle die genannten Personen eines Tages nicht mehr in der AfD sein sollten, würde MONITOR nicht aufhören ablehnend über die AfD zu berichten.