Georg Restle am 07.11.2017

Paradise Papers: Mehr davon!

Von Georg Restle

Nein, nicht alle Kollegen applaudieren der Veröffentlichung der so genannten „Paradise Papers“. Und vielleicht mag bei dem ein oder anderen ja auch ein bisschen Neid dabei sein angesichts der weltweiten Reaktionen auf die Recherchen über die globale Steuerflucht. Dass aber ausgerechnet eine der renommiertesten Schweizer Zeitungen am lautesten ins Horn der Kritiker bläst, überrascht dann schon. Journalistische Kritik ausgerechnet aus dem Land, in dem Konzerne und Superreiche seit Jahren ihr Vermögen bunkern, um keine oder weniger Steuern zahlen zu müssen.

Paradise Papers | Bildquelle: WDR/picture alliance

„Der Diebstahl von Millionen von Daten zu privaten Angelegenheiten und Geschäftsgeheimnissen, die dann von Journalisten nach eigenem Gutdünken öffentlich ausgeschlachtet werden“, sei „alles andere als eine paradiesische Angelegenheit“, schimpft die Neue Züricher Zeitung in einem Kommentar. Als seien die dubiosen Aktivitäten von Konzernen und Superreichen schützenswerte Rechtsgüter, die es zu verteidigen gilt. Klar, in der Schweiz kamen die Recherchen nicht überall gut an. Wo Kommunen dank Steuerprivilegien und Bankengeheimnis jahrelang Milliarden angehäuft haben, droht das Schweizer Geschäftsmodell jetzt weiter Schaden zu nehmen. Und das völlig zu Recht.

Wer die Offshore-Geschäfte der Steuervermeider immer noch „als Schutz vor Rechtswillkür, überbordender Bürokratie, übermäßiger Besteuerung oder auch nach Privatsphäre“ zu legitimieren versucht, wie es die NZZ tut, übersieht etwas ganz Entscheidendes: Nicht die Illegalität solcher Geschäfte ist schließlich das Problem, sondern ihre Rechtmäßigkeit. Dass den Steuerflüchtigen aller Länder der Weg geebnet wird in die Steuerparadiese dieser Welt, darin liegt nach wie vor der eigentliche Skandal. Und wo kein Richter urteilen kann, braucht es eben Journalisten, die darauf immer wieder hinweisen. Die an den Pranger stellen, was an den Pranger gehört. Deshalb: Mehr davon bitte. Und Applaus!

Kommentare zum Thema

  • Hermann Schmidt 30.11.2017, 11:47 Uhr

    Die NZZ übersieht, dass hinterzogene Steuern das Sozialsystem der Staaten zusätzlich belasten. Wer ist der Staat? Wir Bürger, und somit versuchen einige Superreiche das System zu schädigen. Es können wichtige staatliche Hilfen und Investitionen nicht getätigt werden. Das die Schweizer da so reagieren, ist für mich unverständlich, weil eine vernünftige Staatsführung behindert wird. Hier wäre es interessant welche Gruppe hinter der NZZ steht.

  • Marina Heckmann 27.11.2017, 10:20 Uhr

    Das Thema findet im Angesicht der Bundestagswahl und der Koalitions-Sondierungen kaum Beachtung... Über viele Monate haben Journalisten soviel Daten durch Sisyphusarbeit ausgewertet. Guter Journalismus braucht dringend mehr Aufmerksamkeit.

  • uwe 17.11.2017, 16:01 Uhr

    Der Schaden bzw. Steuerverlust weltweit betragt 245 Mrd .Dollar.Auch in Deutschland bis zu 8Mrd. geschätzt! Warum ist sowas noch legal? Warum keine Meldepflicht bzw, Verbot?Haben da die Lobbyisten der Weltkonzerne bzw, Finanzindustrie ganze Arbeit geleistet?Wie groß ist der Einfluss von Lobbyisten auf unsere Politiker?Sind unsere Politiker wirklich frei und unabhänig?Arbeiten Ex Bänker im Finanzminiterium?Werden Vorschläge der Finanzindustrie fast 1 zu 1 in Vorschriften bzw. Gesetze übernommen?Es wird kurz darüber geredet und nichts hat sich geändert!Übrigens der Sänger von U2 Bono der schon mehrmals bei Frau Merkel war und einen Schuldererlass für dritte Weltländer in Mrd,Höhe und Mrd.mehr Entwicklungshilfe gefordert hat ist schwerreich (über 1,2 Mrd.).Es sind keine größeren Spenden von ihm bekannt!Ein gutes Vorbild oder ein Heuchler wie viele behaupten?Ein großes Vorbild ist für mich Bill Gates und andere Großspender ,es geht also auch anders! Vorbildlich und ein großensLobb!Danke.