Wirtschaft, Steuern, Migration: Was kommt auf Deutschland zu?
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
In der Sendung diskutieren unsere Gäste über die Vermögensverteilung in Deutschland. Der Start-Up-Unternehmer Sebastian Klein spricht davon, dass das Vermögen in Deutschland vornehmlich bei den wirklich reichen Familien konzentriert sei, die ihren Reichtum vor allem Erbschaften verdankten. Dieses Vermögen werde nicht verwendet, um die Wirtschaft anzukurbeln, sondern als Privatvermögen „beiseite geschafft”. Die CDU-Politikerin Serap Güler widerspricht: Das meiste Vermögen von Privatpersonen in Deutschland sei in Betrieben gebunden.
Laut Statistischem Bundesamt wurden in Deutschland im Jahr 2021 118 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, 34,2 Milliarden Euro davon waren übertragenes Betriebsvermögen. Dabei handelt es sich allerdings nur um steuerlich berücksichtigte Übertragungen. Die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik kann keine Informationen über alle Vermögensübergänge liefern, da die meisten Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkungen innerhalb der Freibeträge liegen. Für diese wird in der Regel keine Steuer festgesetzt, sodass sie in der Statistik nicht enthalten sind.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat Daten des Sozio-oekonomischen Panels analysiert um die Verteilung dieser Erbschaften genauer zu betrachten. Demnach erhielten die obersten zehn Prozent der EmpfängerInnen die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen.
Welchen Einfluss Betriebsvermögen allgemein auf die Vermögensverteilung in Deutschland haben, wird in einem Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Jahr 2021, welches von der Interessensvertretung „Die Familienunternehmer“ in Auftrag gegeben wurde, genauer betrachtet. Es kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere im obersten Vermögensbereich (0,1 Prozent) die Vermögen zu beinahe 60 Prozent im Betriebsvermögen gebunden sind. Da nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung Anteile an nicht-börsennotierten Unternehmen halte, gingen die Betriebsvermögen mit einervergleichsweise hohen Vermögensungleichheit einher. Laut Analysen des DIW für den Sozialbericht 2024 besaßen im Jahr 2021 nur 8 Prozent der Haushalte Betriebsvermögen.
Wie ungleich ist die Vermögensverteilung in Deutschland insgesamt? Eine Möglichkeit, dies zu messen, ist der so genannte Gini-Koeffizient. Ein Wert von 0 beschreibt dabei vollkommene Gleichverteilung, ein Wert von 1 bedeutet vollkommene Ungleichverteilung. Laut Bundesbank lag der Gini-Koeffizient in Bezug auf Vermögen 2021 in Deutschland bei 0,73. Im Vergleich zu beispielsweise Italien (0,68) und Portugal (0,66) ist das Vermögen in Deutschland demnach ungleicher verteilt; in den USA ist die Vermögensungleichheit größer.
Später in der Sendung wird über das Thema Migration diskutiert. Der SPD-Politiker Ralf Stegner und der parteilose Landrat des Kreises Vorpommern-Rügen, Stefan Kerth, sind sich uneins über die Entwicklung der Zahl der Asylanträge. Kerth sagt, die Zahlen seien leicht zurückgegangen, Stegner ordnet den Rückgang als „deutlich“ ein. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden im Jahr 2024 250.945 Asylanträge in Deutschland gestellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang von 28,69 Prozent. Insgesamt ist die Zahl der Asylerstanträge 2024 um fast 100.000 auf knapp 230.000 zurückgegangen. Allerdings waren die Zahlen zwischen 2016 und 2022 noch niedriger. Für 2025 gibt es bereits Zahlen vom BAMF für Januar und Februar. Demnach wurden dieses Jahr in beiden Monaten weniger Anträge gestellt als im jeweiligen Monat 2024 und 2023. Laut Bundesinnenministerium sind die Erstanträge im ersten Quartal diesen Jahres insgesamt 35 Prozent niedriger als die des Vorjahresquartals.
Quellen: