Faktencheck: Merz und die AfD: Ist die Brandmauer Geschichte?

Merz und die AfD: Ist die Brandmauer Geschichte?

Der Faktencheck zur Sendung vom 03.02.2025

Merz und die AfD: Ist die Brandmauer Geschichte?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch behauptete in der Sendung: „Wir haben zwei Gruppenvergewaltigungen am Tag und zehn normale Vergewaltigungen [...] pro Tag in den letzten sechs Jahren gehabt im Schnitt durch Zuwanderer, in erster Linie von Syrern, von Afghanen und von Irakis.“

In der jährlich veröffentlichen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden nicht verurteilte Straftäter, sondern Tatverdächtige aufgeführt. Den Straftaten werden auch die Nationalitäten der mutmaßlichen Straftäter zugeordnet.

Den Begriff Gruppenvergewaltigung gibt es in der Kriminalstatistik nicht, da er kein „feststehender juristischer Begriff“ ist und sich auch „keiner bestimmten Strafvorschrift zuordnen“ lässt, wie das Bundesinnenministerium schreibt.

Auf Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion wurde allerdings eine Sonderauswertung vorgenommen, in der alle Straftaten nach §177 (also auch sexuelle Übergriffe und Nötigungen) aufgeführt werden, die nicht von alleinhandelnden Tatverdächtigen begangen wurden.

Im Sechs-Jahres-Zeitraum von 2018 bis 2023 wurden durchschnittlich 717 dieser Straftaten jährlich begangen. Zu den Tatverdächtigen lässt sich sagen: Im Durchschnitt waren 48,5 Prozent nichtdeutsche Tatverdächtige. Und: Im Durchschnitt waren knapp 18 Prozent der Tatverdächtigen Zuwanderer.

In der oben genannten Sonderauswertung zu „Gruppenvergewaltigungen“ werden die fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten aufgeführt.
Während im Zeitraum 2018 bis 2023 durchschnittlich 477 Tatverdächtige Deutsche waren (51,6 Prozent), waren 60 Syrer (6,5 Prozent), 56 Afghanen (6,1 Prozent) und 41 Iraker (4,4 Prozent). Bei den Irakern bezieht sich die Zahl auf einen Fünf-Jahres-Zeitraum, da sie 2018 nicht unter den häufigsten fünf Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen waren.

In Bezug auf Vergewaltigungen im Allgemeinen zeigt eine Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik, dass es im Zeitraum 2019 bis 2023 insgesamt durchschnittlich 29 Vergewaltigungen täglich gab. Insgesamt gab es 45.685 Tatverdächtige, von denen 16.811 nichtdeutsch waren, was 36,8 Prozent entspricht.

Schauen wir uns beispielsweise das Jahr 2023 an, so gibt es insgesamt 10.295 Tatverdächtige im Bereich „Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge“. Davon sind 3.834 nichtdeutsch, aber nur 1.193 Zuwanderer – also 11,6 Prozent aller Tatverdächtigen.

Beatrix von Storch sagte zudem in der Sendung, „die [Kriminalstatistik] gibt es her, dass bei 131 Gewaltdelikte[n] pro Tag […] die Beteiligten Zuwanderer und die Opfer […] Deutsche sind.“

2023 gab es laut PKS insgesamt 214.099 Gewaltdelikte. Das entspricht im Schnitt gut 586 Fällen pro Tag. Da die Anzahl der Tatverdächtigen nicht deckungsgleich mit der Zahl der Delikte ist, lässt sich schwer sagen, wie viele Delikte genau von Zuwanderern begangen wurden. Von den 190.605 Tatverdächtigen waren 25.732 Zuwanderer (13,5 Prozent).

Ferner ist aus der PKS nicht standardmäßig abzulesen, ob eine spezifische Straftat, die von einem Zuwanderer begangen wurde, einen Deutschen als Opfer hat. Allerdings wird zusammenfassend ausgewiesen: „Unter den insgesamt 111.184 Opfern von Straftaten mit tatverdächtigen […] Zuwanderern befanden sich 52.535 deutsche Staatsangehörige.“ Fast die Hälfte der Opfer (47,3 Prozent) aller von Zuwanderern begangenen Straftaten waren also Deutsche.

Für einen Teil der Gewaltdelikte (Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen) gibt es ebenfalls Zahlen: 2023 gab es hier 119 deutsche Opfer einer Straftat, an der mindestens ein tatverdächtiger Zuwanderer beteiligt war; davon wurden 25 Personen Opfer einer vollendeten Tat.

Moderator Louis Klamroth sagte in Bezug auf die nichtdeutschen Tatverdächtigen im Kontext von Gruppenvergewaltigungen, dass man nicht wisse, woher diese kämen. Das könnten Flüchtlinge sein, das könnte aber zum Beispiel auch ein “australischer Austauschstudent” sein. Mit dieser Aussage wollte er verdeutlichen, dass die PKS in diesem Fall begrenzt Informationen über Nationalitäten liefert. In keiner Weise wollte er Australien oder seine Bürger diffamieren.

(Geändert am 05.02.2025)

Quellen: