Die Migrationsdebatte: Wie hart wird der Wahlkampf?
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Während der Sendung unterstützte CDU-Politiker Jens Spahn die Forderung des Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, straffällig gewordenen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen zu können. Sowohl die Anwältin Nahla Osman, die sich im Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine engagiert, als auch der Bürgergast Bardia Razavi verwiesen auf deutsche Staatsbürger, für die eine doppelte Staatsbürgerschaft unumgänglich ist.
Einige Staaten entlassen ihre Bürger nicht aus ihrer Staatsbürgerschaft. Wer aus diesen Ländern stammt und sich in Deutschland einbürgern lassen will, muss also die doppelte Staatsbürgerschaft wählen. Neben Syrern betrifft das auch Menschen aus diesen Herkunftsländern: Afghanistan, Algerien, Angola, Argentinien, Brasilien, Bolivien, Costa Rica, Dominikanische Republik, Ecuador, Eritrea, Guatemala, Honduras, Iran, Kuba, Libanon, Malediven, Marokko, Mexiko, Nicaragua, Nigeria, Panama, Thailand, Tunesien und Uruguay.
Die Ampel-Regierung hat 2024 das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert und Mehrstaatigkeit generell möglich gemacht. Zuvor gab es für die genannten Herkunftsländer Ausnahmeregelungen. Von den 200.095 Einbürgerungen im Jahr 2023 hatten allein 75.485 Menschen die syrische Staatsangehörigkeit, 6.520 die afghanische, 6.420 die iranische und 2.520 die marokkanische. Insgesamt gab es 2023 in Deutschland knapp 3,3 Millionen Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit.
Jens Spahn kritisiert, dass unter den Eingebürgerten viele zuvor subsidiär schutzberechtigt waren. Dieser Schutz sei nur dafür gedacht, eine begrenzte Zeit lang in Deutschland zu bleiben, er stelle den schwächsten Schutzstatus dar, den das internationale Recht kenne. Der subsidiäre Schutz wurde 2011 vom Rat der Europäischen Union installiert, um Menschen Zuflucht vor Folter, Todesstrafe oder kriegerischen Handlungen gewähren zu können – als Ergänzung zum Asylrecht und zur Genfer Flüchtlingskonvention. Für alle Schutzformen in Deutschland gilt, dass eine Aufenthaltserlaubnis zunächst für drei Jahre erteilt und dann gegebenenfalls verlängert werden muss. Der Fachbereich Europa des Bundestags kommt in einer Analyse zu dem Schluss, dass die “Rechtsstellung von subsidiär Schutzberechtigten [...] weitgehend dem Status von Flüchtlingen [entspricht]”.
Wie gut gelingt die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt? In diesem Zusammenhang spricht Jens Spahn später in der Sendung davon, dass die Beschäftigungsquote von Syrern in Deutschland bei 42 Prozent liege. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigt diese Zahl und liefert zusätzliche Einordnung. Zum einen erfasst die Statistik bereits eingebürgerte Menschen nicht. Zum anderen sind selbstständig Erwerbstätige ebenfalls ausgenommen. Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor ist der deutliche Anstieg der Erwerbstätigkeit über einen längeren Zeitraum. So liegt die Erwerbstätigenquote von Syrern, die bereits seit sieben Jahren in Deutschland leben, beispielsweise bei 61 Prozent – bei syrischen Männern sogar bei 73 Prozent.
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