Nach dem Attentat, vor den Wahlen: Welche Folgen hat der Angriff von Solingen?
Der tödliche Messerangriff in Solingen erschüttert das Land. Welche politischen Konsequenzen müssen jetzt folgen? Und welchen Einfluss hat dieser Terroranschlag auf die Wahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag? Werden davon die Populisten profitieren? Wird das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie sinken?
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Sebastian Fiedler, Bundestagsabgeordneter für die SPD und Kriminalbeamter, fordert in der Sendung eine Änderung des Waffenrechts. Raubdelikte und Körperverletzungsdelikte unter Verwendung eines Messers seien in Deutschland an der Tagesordnung, so Fiedler. Daher müsse es viel schärfere Gesetze geben.
Die Zahl der Messerangriffe pro Jahr in Deutschland ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) aufgeführt. Systematisch erhoben werden diese Zahlen erst seit 2021. Laut Bundeskriminalamt haben die Fälle seitdem stetig zugenommen. Während es 2021 noch 10.101 Messerangriffe waren, verzeichnete die Statistik im Jahr 2022 12.355 und 2023 13.844 solcher Fälle. Zu unterscheiden sind hier jedoch Messerangriffe im Zusammenhang mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung (8.951 im Jahr 2023) und solche im Zusammenhang mit Raubdelikten (4.893 im Jahr 2023).
Neben den bundesweiten Zahlen zu Messerattacken aus der PKS gibt es auch solche für einzelne Bundesländer, die aber aufgrund unterschiedlicher Erfassungsmethoden nicht addiert werden sollten. Eine Ausweitung zu einem national repräsentativen und validen Lagebild ist für das Erhebungsjahr 2024 geplant.
An anderer Stelle in der Sendung geht es um dschihadistische Anschläge in Europa in den vergangenen Jahren. Sebastian Fiedler sagt in der Sendung, dass sich die Zahl stark erhöht habe.
Der Terrorismusexperte Peter Neumann sagte kürzlich in einem Spiegel-Interview, wir erlebten gerade eine Renaissance des dschihadistischen Terrorismus. „Allein in den letzten zehn Monaten hatten wir sechs Anschläge in Westeuropa. Zwar kleinere Anschläge, aber teils tödliche Angriffe. Hinzu kommen über 20 Anschlagsplanungen oder vereitelte Anschläge. Wenn man das vergleicht mit den letzten zur Verfügung stehenden Zahlen von Europol, dann hat sich die dschihadistische Anschlagsaktivität mehr als vervierfacht.“
Die Statistik über verübte, gescheiterte und vereitelte Terroranschläge in der EU führt die Europäische Polizeibehörde Europol. Die neuesten offiziell erhobenen Zahlen sind von 2022. Demnach hatte sich die Zahl dschihadistischer Terroranschläge in den Jahren vor diesem Zeitpunkt verringert. Während es 2020 noch 14 solcher Attacken in der EU gab, waren es im Jahr 2022 sechs. Jahre mit mehr dschihadistischem Terror lagen etwa zwischen 2017 (33 Terroranschläge bzw. ohne Großbritannien 19) und 2019 (21 Terroranschläge, ohne Großbritannien 18).
Quellen: