Faktencheck - Rechtsruck oder Kurs der Mitte: Soll Deutschland konservativer werden?

Rechtsruck oder Kurs der Mitte: Soll Deutschland konservativer werden?

Der Faktencheck zur Sendung vom 29.04.2024

Rechtsruck oder Kurs der Mitte: Soll Deutschland konservativer werden?

Welcher politische Kurs ist richtig fürs Land – ein konservativer, ein linker oder ein Kurs der Mitte? Braucht Deutschland wirklich eine Leitkultur? Wie mit der AfD umgehen? Sollten andere Parteien mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht zusammenarbeiten? Und wer wäre der beste Kanzlerkandidat für die Union?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Sahra Wagenknecht (BSW) und Mario Voigt (CDU) sprechen in der Sendung eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen an. Laut der Erhebung, so die beiden Politiker, nimmt mehr als jeder zweite muslimische Schüler den Koran wichtiger als die deutschen Gesetze. Die Publizistin Khola Maryam Hübsch hält in der Sendung dagegen und spricht eine Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach, wonach 80 Prozent der Muslime die Demokratie als die beste Staatsform bezeichneten. In der Bevölkerung insgesamt würden dem lediglich 70 Prozent zustimmen.

Die Befragung, die Sahra Wagenknecht und Mario Voigt in die Diskussion einbringen, wurde 2022 im Rahmen des sogenannten Niedersachsensurvey durchgeführt und bezieht sich – wie der Name es sagt – ausschließlich auf das Bundesland Niedersachsen. Die befragten Schülerinnen und Schüler besuchten zum Zeitpunkt der Befragung die neunte Schulklasse.

Die Befragung zum Thema Islamismus nimmt im Niedersachsensurvey nur eine kleine Rolle. Auch ist die Stichprobe bei diesem Themenkomplex deutlich kleiner als in der Gesamtbefragung. Während insgesamt 8.539 Schülerinnen und Schüler am Niedersachsensurvey teilnahmen, wurden für den Part über den Islamismus nur 308 muslimische Jugendliche befragt.

Von diesen 308 Jugendlichen gaben 67,8 Prozent an, dass ihnen die Regeln des Korans wichtiger seien als die deutschen Gesetze. Die Ergebnisse der Befragung sind jedoch nicht repräsentativ, worauf auch in der Studie selbst verwiesen wird: „Die Auswertungen für Islamistische Einstellungen können nicht als repräsentativ für muslimische Schüler*innen in Niedersachsen gesehen werden.“

In der Sendung verweist auch die Journalistin und Publizistin Khola Maryam Hübsch auf eine Studie, für die Muslime mit deutscher Staatsangehörigkeit befragt wurden. Frau Hübsch zitiert eine repräsentative Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2021, wonach 81 Prozent der Muslime die Demokratie, wie es sie in Deutschland gibt, als die beste Staatsform bezeichnen. In der Bevölkerung insgesamt stimmten dem lediglich 70 Prozent zu.

Auch bei anderen Fragen zum Thema Demokratieverankerung zeigten die Muslime in der Befragung eine stärkere Loyalität zum demokratischen Staat und seinen Vertretern als die Bevölkerung insgesamt. Die Autorinnen und Autoren der Studie weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass es sich bei den Befragten überwiegend um Menschen mit Migrationshintergrund handelt, die ganz bewusst die Entscheidung getroffen haben, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen - eine Entscheidung, die die allermeisten Deutschen ohne Einwanderungsgeschichte nie treffen mussten.

Die Frage, ob die Demokratie eine gute Regierungsform sei, wurde auch im Oktober vergangenen Jahres im ARD-DeutschlandTrend gestellt. Hier stimmten dem in der Gesamtbevölkerung mit 85 Prozent deutlich mehr Menschen zu. Muslime wurden nicht extra befragt.

Quellen: