Obergrenzen, Drittstaaten, Bezahlkarte: Geht Asylpolitik wirklich nur so?
Überforderte Kommunen, wütende Bevölkerung, Bund, Länder und Gemeinden streiten. Lösungen in der Asyl-Debatte sind fern. Wie kann Migration geregelt werden? Durch eine Obergrenze für Geflüchtete? Ist eine Bezahlkarte für Asylsuchende sinnvoll? Wie gelingt Integration? Wie kann die Hilfsbereitschaft vor Ort gestärkt werden?
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt HART ABER FAIR nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Armin Schuster, CDU, sagt, die Anerkennungsquote beim Bundesamt für Migration (BAMF) läge bei etwa 50%. Das bedeute, dass 175.000 Menschen keinen positiven Bescheid bekommen hätten. Der Soziologe Özgür Özvatan spricht von einer Schutzquote von 86%.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigt die Aussage des sächsischen Innenministers Schuster: Die Gesamtschutzquote der Flüchtlinge, die 2023 nach Deutschland kamen, liegt bei 51,7 Prozent. Die absolute Zahl von 175.000 Menschen, die Schuster in der Sendung nennt, ist hingegen zu hoch. 126.000 Anträge wurden 2023 entweder aus formellen Gründen eingestellt oder abgelehnt.
Özvatan bezieht sich in seiner Aussage auf einen anderen Betrachtungszeitraum. Betrachtet man alle Flüchtlinge, die zum Stichtag 31. Dezember 2023 in Deutschland lebten – also auch all jene, die bereits vor 2023 nach Deutschland kamen – liegt die anerkannte Schutzquote laut BAMF bei 81,1 Prozent. Nur sechs Prozent haben einen abgelehnten Asylantrag, bei den übrigen 12,8 Prozent laufen die Asylverfahren noch. Die Zahlen stammen aus den Rohdaten des Ausländerzentralregisters.
Während der Diskussion über Asylverfahren in Drittstaaten, wurde auch das sogenannte "Ruanda-Modell" in der Sendung diskutiert.
Hinter dem sogenannten “Ruanda-Modell” steckt die Idee der britischen Regierung, irregulär eingereiste Menschen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nach Ruanda abzuschieben.
Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Menschen, die nach Ruanda gebracht werden, keine Chance auf eine Rückkehr nach Großbritannien haben. Sie können Asyl lediglich in Ruanda oder in anderen Drittstaaten, die als sicher gelten, beantragen.
Das Vorhaben der britischen Regierung ist im In- und Ausland hochumstritten.
Obwohl die erste Ausreise nach Ruanda schon für 2022 geplant war, wurde bislang noch kein Asylsuchender in das ostafrikanische Land gebracht. Neben britischen Gerichten, die Abschiebungen nach Ruanda für rechtswidrig erklärten, attestierte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Zudem wurde der aktuelle Gesetzentwurf auch noch nicht von allen Instanzen des britischen Parlaments abgesegnet.
Umstritten ist ebenfalls, ob Ruanda für Großbritannien ein sicherer Drittstaat ist: 2021 hatten die Briten Ruanda vor dem Menschenrechtsrat der UN noch vorgeworfen, dass es in dem Land außergerichtliche Hinrichtungen, Todesfälle in Gewahrsam und Folter gebe.