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Der Fall Rammstein und die Frage: Männer, seid Ihr wirklich noch nicht weiter?

Der Faktencheck zur Sendung vom 19.06.2023

Skandale wie der um die Band Rammstein zeigen: Wo Männer Macht haben, zählen Frauen oft wenig. Warum erleben Frauen häufig Erniedrigung bis hin zum Missbrauch? Wann gibt es endlich Augenhöhe statt Machtgefälle? Und was haben Frauen dazu schon erreicht, Männer gelernt?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Rita Süssmuth im Bundestag

Unterschiedliche Jahreszahlen nannten Louis Klamroth und Rita Süssmuth zu der Frage, wann die ehemalige Bundestagspräsidentin denn nun in den Bundestag eingezogen war. 1987, meinte Klamroth und wurde von Rita Süssmuth korrigiert: Es sei bereits 1985 gewesen.

Rita Süssmuth mit Louis Klamroth

00:16 Min. Verfügbar bis 19.06.2024

Im Grunde genommen haben beide irgendwie Recht. Zwar stimmt es, dass Rita Süssmuth bereits 1985 vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl als Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit ins Kabinett berufen worden war. Allerdings hatte Rita Süssmuth zu diesem Zeitpunkt noch kein Bundestagsmandat. Abgeordnete des Deutschen Bundestags wurde sie erst 1987, als sie bei der Bundestagswahl das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Göttingen gewonnen hatte. Es ist keine Seltenheit, dass Kabinettsmitglieder kein Bundestagsmandat besitzen. Die Liste der Minister und Ministerinnen, auf die das zutraf, ist lang. Alleine in den vergangenen neun Wahlperioden trugen über 30 Minister und Ministerinnen Regierungsverantwortung ohne in den Bundestag gewählt worden zu sein. Regierungsmitglieder ohne Bundestagsmandat waren unter anderem Klaus Kinkel, Renate Künast, Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück, Ursula von der Leyen, Julia Klöckner und auch der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz.

Tobias Haberl über Zahlen zu Gewalt an Frauen

Tobias Haberl hat ein Buch geschrieben über die schwierige Lage von Männern in unserer heutigen Zeit. Bei der Recherche zu seinem Buch hat er sich auch mit Statistiken zur Gewalt an Frauen beschäftigt, wovon er in der Sendung berichtete.So sei jede zehnte Frau in der EU schon einmal vergewaltigt worden. Darüber hinaus werde jeden dritten Tag eine Frau durch einen Partner getötet.

Tobias Haberl

00:20 Min. Verfügbar bis 19.06.2024

Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hat eine EU-weite Untersuchung veröffentlicht, in der sie Zahlen und Statistiken zu Gewalt gegen Frauen erhoben hat. Zwar ist es laut dieser Studie nicht jede zehnte Frau in der EU, die schon einmal vergewaltigt wurde, mit 5 Prozent – also jeder zwanzigsten Frau – ist die Zahl der Frauen, die seit ihrem 15. Lebensjahr Opfer einer Vergewaltigung wurden, aber ebenfalls erschreckend hoch. Die Autoren der Untersuchung geben aber zu bedenken, dass in einer Reihe von EU-Staaten der Tatbestand einer Vergewaltigung nicht an die Anwendung körperlicher Gewalt gebunden ist. Daher könnte die Rate der Vergewaltigungen durchaus höher gelegen haben. Jede zehnte Frau ab 15 Jahren hat darüber hinaus schon einmal irgendeine Form der sexuellen Gewalt erfahren. Sechs Prozent der befragten Frauen wurden schon einmal Opfer einer versuchten Vergewaltigung. Ebenfalls sechs Prozent wurden gegen ihren Willen genötigt, an sexuellen Handlungen teilzunehmen.

Gewalt gegen Frauen gipfelt nicht selten in Mord und Totschlag. Tatsächlich wird in Deutschland statistisch betrachtet an jedem dritten Tag eine Frau in einer Partnerschaft getötet. Das geht aus einer kriminalstatistischen Auswertung des Bundeskriminalamts für das Jahr 2021 hervor. Die Zahl der Opfer lag bei 121. 109 Opfer waren Frauen. Vier Mal zählte das BKA Körperverletzung mit Todesfolge. Insgesamt endete Gewalt gegen Frauen in der Partnerschaft also 113 Mal tödlich.

Stand: 20.06.2023, 09:54 Uhr