Letzte Abfahrt: Wie verändert die Klimakrise Alltag und Leben?
Der Faktencheck zur Sendung vom 30.01.2023
Keine weißen Winter mehr – kommt so das Aus für den Skitourismus? Zwingt die Klimakrise bald überall zum Verzicht? Warum verfehlt Deutschland trotz allem schon wieder seine Klimaziele? Und wie radikal darf der Protest dagegen sein? Die Diskussion direkt nach der Dokumentation zum Thema.
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Diskussion über UBA-Studie zu Tempolimit
Mehrmals in der Sendung war eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zu möglichen CO2-Einsparungen durch ein Tempolimit Stoff für Diskussionen. Wir haben die Ergebnisse der Untersuchung und die Kritik an ihr zusammengefasst.
Erst vor wenigen Tagen hat das Umweltbundesamt die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, die sie unter anderem beim Institut für Straßen- und Verkehrswesen der Uni Stuttgart und dem gleichnamigen Institut der Universität Graz in Auftrag gegeben hatte. Die Verkehrsforscher kommen mit Hilfe neuer Berechnungen zu dem Schluss, dass durch ein Tempolimit deutlich mehr CO2 eingespart werden könne, als bisher angenommen. Demnach könnte der Treibhausgasausstoß des Straßenverkehrs bei einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen um acht Millionen Tonnen CO2 reduziert werden. Dies entspreche einem Rückgang um gut 5 Prozent.
Die Studienergebnisse wurden nicht nur von unserem Gast Hildegard Müller angezweifelt, die bemängelt, dass der Ausbau der E-Mobilität und die damit verbundene Reduzierung von CO2 in der Untersuchung nicht berücksichtigt worden sei. So äußerte etwa auch der Spezialist für Verbrennungsmotoren am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Prof. Thomas Koch gegenüber der BILD-Zeitung Zweifel an den Ergebnissen. In Deutschland gebe es ohnehin nur auf zwei Prozent der Straßen kein Tempolimit, so Koch. Eine solch hohe CO2-Ersparnis sei darüber hinaus aufgrund von Baustellen, hoher Verkehrsdichte und Menschen, die ohnehin nicht schneller als 130 km/h fahren, nicht nachvollziehbar. Das UBA wiederum argumentiert, die Studie basiere auf neueren Daten für das gesamte Autobahnnetz. Außerdem sei der Verbrauch der Fahrzeuge genauer bestimmt worden und sowohl eine veränderte Routenwahl als auch die Verkehrsnachfrage berücksichtigt worden.
Auch den kolportierten Vorwurf, das UBA habe ein Gefälligkeitsgutachten für die Grünen erstellt, weist das UBA weit von sich. In einer Stellungnahme an unsere Redaktion stellt das UBA klar: “Unsere Studie wurde unter der Vorgängerregierung unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Jahre 2019 von uns, dem Umweltbundesamt (UBA), ausgeschrieben und durch uns direkt beauftragt. Frau Dr. Merkel war und ist meines Wissens Mitglied der CDU und die Partei Bündnis 90/Die Grünen seinerzeit nicht in der Regierung.“
Zum Vorwurf von Hildegard Müller, dass die künftig steigende Zahl an E-Autos keine Berücksichtigung gefunden habe, haben wir das UBA um eine weitere Stellungnahme gebeten. Wenn uns diese vorliegt, werden wir den Faktencheck an dieser Stelle ergänzen.
"Letzte Generation" und ihre Finanzen
Für ihre Bildungsarbeit erhält sie ein Gehalt, sagt Aimée van Baalen. Wie finanziert sich die letzte Generation?
In ihrem „Transparenzbericht 2022“ gibt die Initiative “Letzte Generation“ Auskunft über ihre finanzielle Situation. Im vergangenen Jahr verbuchte die “Letzte Generation“ demnach Einnahmen von mehr als 900.000 Euro. Diese Einnahmen speisten sich nahezu vollständig aus Spenden. Demgegenüber stehen Ausgaben in Höhe von rund 534.000 Euro. Hierzu zählen unter anderem Kosten für Material, die Miete von Räumen und Gerätschaften, Kosten für rechtlichen Beistand oder Fahrtkosten.
Als großer Unterstützer gilt der “Climate Emergency Fund“ (CEF), eine in den USA beheimatete Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Klima-Aktivisten weltweit finanziell zu unterstützen. Eine direkte Unterstützung können nach Angaben der Sprecherin der “Letzten Generation“, Carla Hinrichs, aber nur gemeinnützige Initiativen erhalten. Um eine Gemeinnützigkeit vorweisen zu können, wurde die Initiative “Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation“ aus der Taufe gehoben. Diese Initiative ist Teil des “Wandelbündnisses“, einer Organisation, die gemeinnützige Initiativen und Gruppen unter einem Dach vereint. Als Teil des Wandelbündnisses kann die gemeinnützige Bildungsinitiative der letzten Generation somit die finanzielle Unterstützung des “Climate Emergency Funds“ annehmen und hierfür auch Menschen einstellen. Diese Kosten beziffert die „Letzte Generation“ mit ca. 50.000 Euro. Darüber hinaus werden 41 Personen finanziert, die beim Wandelbündnis für die Bildungsinitiative angestellt wurden, damit, wie es im Transparenzbericht heißt: „auch sie während ihres freiwilligen Engagements in der Klimabildung weiter ihre Miete bezahlen können.“ Über die Höhe der Gehälter werden in dem Bericht keine Angaben gemacht.
Gitta Connemann über Stromimporte
Gitta Connemann macht sich Sorgen um die Energieversorgung und weist darauf hin, dass Deutschland Strom importiert.
Mit dem Hinweis, dass Deutschland Strom importiert, suggerierte Gitta Connemann, dass Deutschland aufgrund eigener Energieknappheit auf diesen Import angewiesen ist. Es ist jedoch vollkommen üblich, dass Deutschland auch Strom aus anderen Ländern importiert. Was Gitta Connemann unerwähnt ließ, ist die Tatsache, dass Deutschland ebenso Strom exportiert. Und zwar mehr, als es aus anderen Ländern importiert. Nach neuen Zahlen der Bundesnetzagentur importierte Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt 35,77 Terrawattstunden an Strom. Gleichzeitig lieferte Deutschland aber auch über 62 Terrawattstunden ins Ausland. Unter dem Strich ist Deutschland also ein Netto-Stromexporteur. Im Vergleich zu 2021 ist der Netto-Export sogar um 51 Prozent gestiegen. Laut Bundeswirtschaftsministerium hat Deutschland seit 1990 – mit wenigen Ausnahmen – immer mehr Strom aus eigener Produktion exportiert, als es aus anderen Ländern importierte.
Stand: 31.01.2023, 11:35 Uhr