Hauptsache friedlich und warm: Scheut Deutschland klare Kante gegen Putin?

Der Faktencheck zur Sendung vom 14.02.2022

Montag Kiew, Dienstag Moskau: Kanzler Scholz vermittelt im Konflikt um die Ukraine. Was will Putin mit seinen Drohungen erreichen? Droht wirklich ein Krieg? Und stimmt der Vorwurf, die Deutschen biedern sich bei Putin an - für den eigenen Frieden und eine warme Wohnung?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Mariam Lau und Michael Roth zur Osterweiterung der Nato

Eine kurze Verwirrung gab es zwischen Mariam Lau und Michael Roth über den Zeitpunkt der letzten NATO-Osterweiterung. 2004 sei dies gewesen, sagte Lau. Dem stimmte dann auch Roth zu, als ihm klar wurde, dass Mariam Lau die OST-Erweiterung der Nato meinte.

Es kommt ein wenig darauf an, wie man den Begriff der “Osterweiterung“ definiert. Versteht man unter Osterweiterung die Nato-Beitritte von Staaten, die vor dem Ende des Kalten Krieges Teil der Sowjetunion oder Mitglied des Warschauer Paktes waren, ist das Jahr 2004 nachvollziehbar. Nachdem bereits im Jahr 1999 die ehemaligen Ostblockstaaten Polen, Tschechien und Ungarn der Nato beigetreten waren, schlossen sich im Jahr 2004 auch Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien dem Verteidigungsbündnis an.

Vielfach werden aber auch die Beitritte der Balkan-Länder zur Nato nach dem Jahr 2004 als dritte und vierte Phase der “Osterweiterung“ bezeichnet. Zwar waren die Nachfolgestaaten Jugoslawiens keine ehemaligen Sowjetrepubliken oder Mitglieder des Warschauer Paktes, politisch aber waren sie eng mit der Sowjetunion verbunden. So wurde Kroatien im Jahr 2009 ebenso in die Nato aufgenommen wie Albanien (bis zum Jahr 1968 noch Mitglied des Warschauer Paktes). Mit Montenegro folgte im Jahr 2017 – nicht 2014, wie Mariam Lau sagte – ein weiterer Balkan-Staat. Als 30. und bis heute letztes Mitglied schloss sich im Jahr 2020 Nordmazedonien dem Verteidigungsbündnis an.

Russische Truppenstärke an der ukrainischen Grenze

Die Zahl der russischen Soldaten, die inzwischen an der ukrainischen Grenze aufgezogen sind, wurde in der Sendung einmal mit 130.000, ein anderes mal mit 150.000 angegeben.

Wie viele russische Soldaten sich genau an der ukrainischen Grenze befinden, weiß derzeit wohl lediglich das russische Verteidigungsministerium. Je nach Quelle schwanken die Angaben. In den Medien wird häufig mit Verweis auf geheimdienstliche Quellen die Zahl 130.000 genannt. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach vor wenigen Tagen auf einer Pressekonferenz mit dem rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis von „mehr als 100.000 Soldaten“. Ähnlich äußerte sich gestern ein Sprecher des Bundesaußenministeriums. Man habe Erkenntnisse, so der Sprecher, “dass die Russische Föderation in den letzten Monaten über 100.000 Mann mit schwerem Gerät, Hubschrauber, Schiffe in die unmittelbare Nähe der Ukraine verlegt hat“. Konkreter wurde vor wenigen Tagen der Chef des norwegischen Geheimdienstes Nils Andreas Stensones. Der Vizeadmiral geht inzwischen von einer Truppenstärke von über 150.000 Soldaten aus.

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Stand: 15.02.2022, 09:52 Uhr