Es geht wieder los: Wie hart werden die Wochen mit Omikron?

Der Faktencheck zur Sendung vom 10.01.2022

Lange waren die Zahlen unklar, nun zeigt sich: Deutschland steckt in der Omikron-Welle. Was kann die Infektionen jetzt noch bremsen? Oder kann man sie einfach laufen lassen? Erledigt sich so auch der Streit um die Impfpflicht, weil bald ohnehin alle geimpft oder genesen sind?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Claudia Kade über Suizide bei Kindern und Jugendichen

Claudia Kade verweist auf Meldungen aus der vergangenen Woche, nach denen die Zahl der Suizide bei Kindern und Jugendlichen während des Lockdowns gestiegen sei.

Claudia Kade bezieht sich auf Berichte zu einer Studie der Uniklinik Essen, die in der vergangenen Woche für Schlagzeilen gesorgt hatte. Genau genommen ging es bei der Studie nicht um Suizide, sondern – tragisch genug – um Suizidversuche von Kindern und Jugendlichen. Christoph Dohna-Schwake, Professor für pädiatrische Intensivmedizin an der Uniklinik Essen, erhob mit seinen Kollegen Daten aus 27 Kinderintensivstationen in Deutschland. Für den Zeitraum Mitte März bis Ende Mai 2021 wurden dort 93 Suizidversuche registriert. Hochgerechnet auf alle Kinderintensivstationen in Deutschland kommt Dohna-Schwake auf 450-500 Suizidversuche bei Kindern und Jugendlichen. Das seien dreimal mehr als zu Zeiten vor Corona.

Dohna-Schwake weist in einem Video-Interview mit der “Westfälischen Rundschau“ aber selbst darauf hin, dass es sich um eine Preprint-Studie handelt, die noch in einem in der Wissenschaft üblichen Peer-Review – also einer Begutachtung durch andere Wissenschaftler – überprüft werden müsse. Bis dahin könne man über die Inhalte der Studie nur zurückhaltend sprechen, sagt Renate Schepker, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dohna-Schwake vermutet einen Zusammenhang zwischen der psychischen Belastung für Kinder und Jugendlichen durch den zweiten Lockdown und dem Anstieg an Suizidversuchen, die seine Untersuchung ergeben hat. Tatsächlich zeigten Studien bereits, dass sich die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Verlauf der Pandemie verschlechtert haben. So fand die “COPSY-Studie“ unter Leitung von Prof. Ulrike Ravens-Sivers von der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, heraus, dass jedes dritte Kind an psychischen Auffälligkeiten leidet.

Karl Lauterbach über Boostern in Deutschland und Europa

Karl Lauterbach ist mit der Booster-Kampagne in Deutschland zufrieden. Er sagt, nirgendwo sonst in Europa sei die Booster-Kampagne so weit fortgeschritten, wie in Deutschland.

Deutschland liegt bei den Booster-Impfungen im europäischen Vergleich weit vorne – aber nicht ganz vorne. Nach Zahlen der Wissenschaftsdatenbank „our world in data“ wurden in Deutschland bis zum 09.01.22 bereits 42,49 Prozent der Bevölkerung geboostert. Es gibt aber europäische Länder, in denen die Booster-Kampagne noch ein Stück weiter vorangeschritten ist. So verzeichnet zum Beispiel Dänemark bereits einen Anteil von 52,44 Prozent an Geboosterten. Auch in Irland (47,81 Prozent), Malta (52,93 Prozent) und Großbritannien (50,78 Prozent) sind - bezogen auf die Bevölkerung – bereits mehr Menschen geboostert als hierzulande. Dennoch liegt Deutschland mit seinen 42,49 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 26,39 Prozent.

Karl Lauterbach über PCR-Testkapazitäten

Karl Lauterbach sieht derzeit keine Engpässe bei den PCR-Tests. Derzeit würden pro Woche 370.000 Tests durchgeführt – und das bei einer Wochenkapazität von 2,4 Millionen. Hier gebe also durchaus noch Reserven.

Die aktuellsten RKI-Daten zu den PCR-Tests aus der vergangenen Woche liegen noch nicht vor und werden voraussichtlich erst mit dem am Donnerstag erscheinenden Wochenbericht veröffentlicht. Blickt man aber auf die Zahlen der vergangenen Wochen, so stimmt es, dass die Wochenkapazitäten der PCR-Tests bei weitem nicht ausgeschöpft wurden und die Anzahl der wöchentlichen Tests bei Bedarf deutlich gesteigert werden könnte. So lag die Zahl der PCR-Testkapazitäten in der letzten Woche des Jahres 2021 bei rund 2,4 Millionen. Tatsächlich genutzt wurden hiervon in der gleichen Woche rund 948.000. Einen Engpass scheint es – zumindest derzeit – also nicht zu geben. Darauf deuten auch die Zahlen der “Akkreditierten Labore in der Medizin e.V.“ (ALM) hin. Nach deren Daten wurden in der letzten Woche des Jahres 2021 rund 898.000 PCR-Tests durchgeführt. Gleichzeitig stand eine Testkapazität von mehr als 2,1 Millionen Tests zur Verfügung. In der vergangenen Woche stieg die Zahl der PCR-Tests laut ALM aus circa 1.4 Millionen.

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Stand: 11.01.2022, 11:26 Uhr