2G unterm Christbaum: Wie wird aus dieser Weihnacht noch ein Fest?

Der Faktencheck zur Sendung vom 13.12.2021

Wieder Weihnachten mit Corona und wieder viele Fragen: Geschenke kaufen unter 2G-Regeln – macht das Spaß? Soll man noch rasch die Kinder impfen, beim Familienfest streng die Regeln einhalten, Ungeimpfte ausladen? Und was ist nach den Feiertagen mit Omikron?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Monika Siverding über die Lesart von Impfstatistiken

Monika Sieverding wünscht sich positivere Interpretationen von Corona-Statistiken. So habe „hart aber fair“ bei den Zahlen der Erstimpfungen nur die negative Entwicklung berücksichtigt. Dabei könne man ebenso gut sagen, dass die Zahl der Erstimpfungen der vergangenen Woche im Vergleich zu Anfang November immer noch doppelt so hoch ausfällt.

Unbestritten ist, dass in der vergangenen Woche doppelt so viele Menschen (458.837) zum ersten mal geimpft worden sind als noch in der ersten Novemberwoche (227.350). Ebenso gab es im November einen stetigen Anstieg bei den Erstimpfungen (über 640.000 Ende November). Zur Beurteilung der Lage halten wir es für journalistisch aber richtig, den aktuellen Trend abzubilden. Und der zeigt seit zwei Wochen eindeutig nach unten. Die Zahl der Erstimpfungen sank von 641.310 (22.11.21 bis 28.11.21) auf 458.837. Das ist ein Rückgang um 28 Prozent. Sollten sich in den nächsten Wochen die Zahlen der Erstimpfungen aber zum Beispiel konstant auf einem Niveau von 400.000 pro Woche bewegen, fallen diese Erstimpfungen auch immer stärker ins Gewicht, da es dann im Verhältnis immer weniger Ungeimpfte geben würde. Insgesamt wurden in der vergangenen Woche in Deutschland so viele Impfdosen verabreicht, wie noch nie während der Impfkampagne: Über 6,4 Millionen mal wurden Menschen hierzulande geimpft. Mit 5,5 Millionen waren darunter die allermeisten, die sich eine Auffrischungsimpfung geben ließen.

Hermann Hutter über Zahlen einer Corona-App

Hermann Hutter verweist auf Zahlen der Corona-Warnapp, nach denen der Einzelhandel nur ein Prozent am Infektionsgeschehen in Deutschland beiträgt. Dagegen stammten 50 Prozent der Warnhinweise von Besuchern von Diskotheken und Gastronomie.

Hermann Hutter bezieht sich auf Daten der “Luca-App“. Die Betreiber der App zur Kontaktverfolgung haben Mitte November Daten veröffentlicht, die zeigen sollen, an welchen Orten mit „luca-Check-In“ Infektionen stattgefunden haben. Von über 180.000 Warnmeldungen, die im Oktober dieses Jahres mit Hilfe der “Luca-App“ versendet wurden, gingen demnach 72 Prozent an Besucher von Clubs und Bars. Der Einzelhandel machte dagegen nur 1 Prozent aus. Die Aussagekraft solcher Zahlen ist allerdings begrenzt. Zwar hat auch das RKI im vergangenen Sommer das Infektionsrisiko im Einzelhandel als niedrig eingestuft, empirische Daten, die eine flächendeckenden und eindeutigen Aufschluss darüber geben, wer sich wo angesteckt hat, gibt es bislang aber nicht. Das beklagte bereits der Medizinstatistiker Prof. Gerd Antes unter anderem in einem Vortrag bei der IHK Gießen-Friedberg. Es fehle hierzulande an wissenschaftlichen Studien, die die Ansteckungswege aufzeigen, so Antes.

Weihnachtsstudie 2021 der Bundeswehr-Universität

Unser Gast Prof. Monika Sieverding hat in unserer Sendung ausführlich eine Studie der Bundeswehr-Universität München kritisiert. Dabei ging es um die Bereitschaft der Bürger, Corona—Regeln an Weihnachten zu beachten oder dies nicht zu tun. Wir hatten die Studie in einem Einspielfilm angeführt. Gegenüber „hart aber fair“ hat der Autor der Studie, Prof. Phillip Rauschnabel von der Universität der Bundeswehr, Stellung bezogen.

So sei die Kritik an der Studie zu Regelverstößen nicht nachvollziehbar, sagt Prof. Rauschnabel: “Entgegen der Annahmen von Frau Prof. Monika Sieverding ging es nicht um spezielle Regelbrüche, sondern um grundsätzliche Offenheit für Regelbrüche. Das wurde so von den Studienautoren auch eindeutig deklariert, sogar auf der Folie, die sie zitiert.“ Hier seien Gruppenunterschiede und Veränderungen im Zeitverlauf zu erkennen, die zusammen ein kohärentes Bild ergeben, sagt der Professor für digitales Marketing und Medieninnovation. Zwar sei in der Studie nicht nach speziellen Regeln gefragt worden – dass es sich um Kontaktbeschränkungen handelt, sei ohnehin klar -, allerdings nach spezifischen Gründen für die Offenheit, Regeln zu missachten. Das habe sie in der Sendung nicht erwähnt, so Rauschnabel. “Wer plante, Coronaregeln grundsätzlich zu achten, hatte dafür eine separate Antwortkategorie.“ Die gegenteilige Aussage, dass sich ein Großteil der Menschen an die Regeln halten, habe Monika Sieverding nicht mit Daten belegt. Solche Studien seien auch nicht bekannt, sagt Rauschnabel.

Michael Müller zu Impfungen weltweit

Michael Müller sagt, weltweit seien bereits hunderte von Millionen Impfungen verabreicht worden.

Michael Müller wollte mit “Hunderte Millionen“ unterstreichen, dass sich weltweit gezeigt hat, dass es keinen Anlass gibt, an der Sicherheit der Impfstoffe zu zweifeln. Tatsächlich sind bis heute weltweit nach aktuellen Zahlen der Wissenschaftsdatenbank „our world in data“ sogar 8,47 Milliarden Impfdosen verabreicht worden. Täglich werden derzeit durchschnittlich über 34 Millionen Menschen geimpft. Insgesamt haben 56 Prozent der Weltbevölkerung mindestens eine Dosis eines Covid-19-Vakkzins erhalten. Allerdings gibt es nach wie vor deutliche Ungleichheiten zwischen armen und reichen Ländern. Während die Impfquote in Ländern mit hohem Einkommen bei 75 Prozent (mindestens einmal geimpft) liegt, bewegt sich die Quote in Ländern mit niedrigem Einkommen bei gerade einmal 7,1 Prozent. So verzeichnen zum Beispiel Nordamerika und Europa eine Impfquote von 67 bzw. 64 Prozent. Auf dem afrikanischen Kontinent sind dagegen nur 12 Prozent mindestens einmal geimpft worden. Für manch einen vielleicht etwas überraschend: Südamerika ist – mit Ausnahme von Australien – der Kontinent mit der durchschnittlich höchsten Impfquote: Laut “our world in data“ wurden bereits 75 Prozent der Südamerikaner mindestens einmal gegen Corona geimpft.

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Stand: 14.12.2021, 10:42 Uhr