Neue Regierung, altes Problem: Ampelstart im Schatten von Corona?

Der Faktencheck zur Sendung vom 29.11.2021

Frei, gerecht, nachhaltig – die Ampel hat viel vor. Doch statt Neustart geht es zuerst einmal wieder um Corona: Impfpflicht für alle? Und Lockdown nur für Ungeimpfte? Reicht das? Und wenn es dann doch losgeht: Wie viel Aufbruch gibt es wirklich, wer hat sich durchgesetzt?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Norbert Röttgen über das neue Infektionsschutzgesetz

Norbert Röttgen wirft der neuen Ampel-Koalition vor, den Bundesländern durch das neue Infektionsschutzgesetz Handlungsspielräume zu nehmen. So sei es den Ländern zum Beispiel verboten, gastronomische Betriebe zu schließen. Dies sei so nicht richtig, sagt dagegen Bettina Stark-Watzinger.

Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes hatte am 18. November zu hitzigen Debatten im Bundestag geführt. Einer der Streitpunkte war die Frage, ob der durch die Änderung viel beschworene “Instrumentenkasten“, der Bundesländer ausreichen wird, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen. Tatsächlich sind den Bundesländern einige dieser Instrumente mit dem neuen Gesetz genommen worden. Durch das Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite können die Bundesländer unter anderem keine flächendeckenden Schließungen von Gastronomie, Einzelhandel, Schulen und Kitas anordnen oder Gottesdienste und Versammlungen verbieten. Länder, in denen vor dem 25. November Verordnungen in Kraft getreten sind, die solche flächendeckenden Maßnahmen vorsehen, dürfen diese nur noch bis zum 15.12.21 anwenden. Erlaubt sind den Ländern dagegen nach wie vor Maßnahmen zu 3G, 2G oder 2G+ - Regelungen, Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und Teilnehmerbeschränkungen. Auch Freizeit- und Sportstättenschließungen liegen in der Befugnis der Länder. Umstritten ist, ob etwa Bars und Clubs zur Gastronomie gezählt werden - dann wäre eine flächendeckende Schließung nicht möglich. Würde man sie jedoch als Freizeit- und Kultureinrichtung einordnen, könnten die Länder sie schließen. Entsprechende Anpassungen des Gesetzes werden gerade diskutiert.

Martin Stürmer über Impfzahlen weltweit

Dr. Martin Stürmer sagt, weltweit seien bereits 8 Milliarden Impfdosen verabreicht worden.

Das stimmt. Nach aktuellen Zahlen der Wissenschaftsdatenbank "our world in data" sind bislang 7,94 Milliarden Impfdosen verabreicht worden. Täglich werden derzeit durchschnittlich rund 30 Millionen Menschen geimpft. Insgesamt haben 54,2 Prozent der Weltbevölkerung mindestens eine Dosis eines Covid-19-Vakkzins erhalten. Allerdings gibt es deutliche Ungleichheiten zwischen armen und reichen Ländern. Während die Impfquote in Ländern mit hohem Einkommen bei durchschnittlich 74 Prozent (mindestens einmal geimpft) liegt, bewegt sich die Quote in Ländern mit niedrigem Einkommen bei gerade einmal 5,8 Prozent. So verzeichnen zum Beispiel Nordamerika und Europa eine Impfquote von 64 bzw. 63 Prozent. Auf dem afrikanischen Kontinent sind dagegen nur 11 Prozent mindestens einmal geimpft worden. Für manch einen vielleicht etwas überraschend: Südamerika ist – mit Ausnahme von Australien – der Kontinent mit der durchschnittlich höchsten Impfquote: Laut “our world in data“ wurden bereits 73 Prozent der Südamerikaner mindestens einmal gegen Corona geimpft.

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Stand: 30.11.2021, 10:40 Uhr