Zieht euch warm an: Wie teuer sollen Heizen, Sprit und Lebensmittel noch werden?

Der Faktencheck zur Sendung vom 11.10.2021

Auf einmal ist die Inflation zurück, überall steigen die Preise. Was macht Gas, Sprit und auch viele Lebensmittel so teuer? Heizen Klimaschutz und Energiewende die Kosten weiter an? Muss der Staat eingreifen, weil sonst die Bürger demnächst der Heizkostenrechnung entgegen bibbern?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Katarina Barley über Gasspeicher

Auf die Frage, ob es eine gute Entwicklung sei, wenn  ein deutsches Gaslager von einem russischen Unternehmen betrieben werde, will Katarina Barley beschwichtigen. Immerhin seien die Gasspeicher in Deutschland doch zu 64 Prozent gefüllt.

Für den Zeitpunkt, von dem Katarina Barley spricht, ist das zwar richtig. Nach Daten des europäischen Verbands der Gasinfrastruktur-Betreiber waren die deutschen Gasspeicher in der letzten September-Woche zu 64 Prozent gefüllt. Inzwischen liegt der Füllstand bei 70 Prozent (Stand: 10.10.21).Allerdings vergisst Katarina Barley zu erwähnen, dass sich die Kapazitäten in den deutschen Gasspeichern auf einem für diese Jahreszeit historischem Tiefstand bewegen. In den vergangenen Jahren waren die Speicher im Herbst immer zu über 90 Prozent gefüllt. Eine Gefahr für die Versorgungssicherheit für die erste Winterhälfte sieht die Initiative Erdgasspeicher (INES) trotz des historischen Tiefststand aber nicht. Bis November sei es dem Gasmarkt noch möglich, auf einen Füllstand von über 90 Prozent zu steigen, so INES.

Ulrich Schneider über Betroffene der Inflation

Nach Ansicht von Ulrich Schneider sind viele Menschen durch die hohe Inflation besonders stark betroffen. Berücksichtige man Hartz-IV-Empfänger, Menschen in Grundsicherung und jene mit geringem Einkommen summiere sich ihre Zahl auf 13,2 Millionen.

Die Zahlen, die Ulrich Schneider nennt, stammen aus dem Armutsbericht seines eigenen Verbandes aus dem Jahr 2020 (mit Daten aus 2019). Die Größenordnungen stimmen aber in etwa mit den Daten des statistischen Bundesamtes überein. Laut Destatis bezogen 2019 etwa 6,9 Millionen Menschen in Deutschland Leistungen der sozialen Mindestsicherung. Der Großteil (5,3 Mio.) der Leistungsbezieher erhielt Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Knapp 1,1 Millionen Menschen waren auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen. Hinzu kommen allerdings noch diejenigen, die zwar keine Sozialleistungen erhalten, aber wegen eines geringen Einkommens dennoch als armutsgefährdet gelten. Insgesamt waren in Deutschland im Jahr 2019 laut statistischem Bundesamt 15,9 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. In absoluten Zahlen sind dies tatsächlich rund 13,2 Millionen Menschen.

Der "Hartz IV-Warenkorb"

Mona Neubaur plädiert dafür, den „Warenkorb“ für den Hartz-IV-Regelsatz, den aktuellen Preisen anzupassen. Wie setzt sich der Hartz IV-Regelsatz eigentlich zusammen?

Die Hartz-IV-Regelsätze werden jährlich auf der Basis von Preis- und Nettolohnentwicklung angepasst. Aktuell liegt der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen bei 446 Euro pro Monat. Im kommenden Jahr soll er um drei Euro steigen. Die Hartz-IV-Zahlungen sollen dabei alle für das alltägliche Leben relevante Bereiche abdecken. Den größte Anteil am Regelbedarf machen mit rund 35 Prozent Nahrung und alkoholfreie Getränke aus. Etwa 155 der monatlich gezahlten 446 Euro werden hierfür veranschlagt. Weitere Posten dieses „Hartz IV-Warenkorbs“ sind Freizeit, Unterhaltung und Kultur mit rund 43,50 Euro und Telekommunikation mit rund 40 Euro. Bekleidung und Schuhe schlagen mit 37 Euro zu Buche. Darüber hinaus werden noch Ausgaben für Haushalt, Verkehr, Gesundheitspflege und Bildung berücksichtigt. Neben der Zahlung des Hartz-IV-Regelsatzes wird ALG-II-Beziehern in der Regel die Miete gezahlt. Darüber hinaus kann es Zuschüsse für besondere Bereiche, wie etwa Lernförderung oder Schulbedarf geben.

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Stand: 12.10.2021, 10:27 Uhr