Schulden, Sparen oder Steuern hoch: Wer redet im Wahlkampf ehrlich übers Geld?
Der Faktencheck zur Sendung vom 06.09.2021
Ob Coronaschulden oder Energiewende: Die nächste Regierung braucht viel Geld. Aber woher soll das kommen? Höhere Schulden oder höhere Steuern? Quer durch Deutschland hat „hart aber fair“ die Fragen der Menschen gesammelt – die Diskussion dazu im Studio!
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Jörg Meuthen über Italien, Heizungen und EU-Förderung
Jörg Meuthen sagt, durch EU-Subventionen bekomme ein Italiener die Kosten für eine neue Heizung zu 110 Prozent erstattet.
Wie alle anderen EU-Staaten erhält auch Italien Zuschüsse aus dem Europäischen Aufbauplan “NextGenerationEU“, der die Mitgliedsstaaten dabei unterstützen soll, sich von den Folgen der Corona-Pandemie zu erholen. Kernstücke von “NextGenerationEU“ bilden dabei die so genannten Aufbau- und Resilienzpläne der einzelnen Mitgliedsstaaten, die von der EU mit insgesamt 672,5 Milliarden Euro gefördert werden. 312,5 Milliarden Euro hiervon als nicht rückzahlbare Zuschüsse, 360 Milliarden als Kredite.
Der Aufbau- und Resilienzplan Italiens hat ein Gesamtvolumen von 191,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026 und wurde in diesem Sommer von der EU-Kommission genehmigt. Italien kann dabei mit EU-Zuschüssen in Höhe von 68,9 Milliarden Euro rechnen. Darüber hinaus kann Italien Kredite von 122,6 Milliarden Euro aufnehmen. Noch ein wenig höher sind die Zuschüsse für das ebenfalls von der Pandemie besonders stark getroffene Spanien mit 69,5 Milliarde Euro. Deutschland erhält für seinen Aufbauplan 25,6 Milliarden Euro an EU-Geldern.
Der italienische Plan sieht eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um das Land nach der Corona-Pandemie fit für die Zukunft zu machen. Neben Investitionen in die Digitalisierung und das Gesundheitswesen soll unter anderem auch der ökologische Wandel vorangetrieben werden. Hierzu gehört auch die Modernisierung von Gebäuden, um sie energieeffizienter zu machen. Es ist richtig, dass die italienische Regierung hierfür ein Programm aufgelegt hat, dass es Hausbesitzern ermöglicht, bis zu 110 Prozent der Investitionen in energieeffiziente Modernisierung steuerlich geltend machen können. Dieser “Superbonus 110“ kann zum Beispiel bei Maßnahmen zur Wärmedämmung, beim Austausch von Klimaanlagen durch Zentralheizungen oder durch die Installation von Photovoltaikanlagen in Anspruch genommen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Modernisierung zu einer Verbesserung von mindestens zwei Energieklassen führt. Der Haus- oder Wohnungsbesitzer hat dabei die Wahl, wie er die Kosten erstattet bekommen möchte. Entweder kann er sie über fünf Jahre steuerlich zu 110 Prozent geltend machen oder über einen 100-prozentigen Rabatt auf der Rechnung des Betriebs, der die Modernisierung durchgeführt hat. In diesem Fall kann dann der Handwerker die Kosten steuerlich zu 110 Prozent geltend machen.
Carsten Limnemann über Corona-Hilfen im internationalen Vergleich
Carsten Linnemann sagt, kein Land habe weltweit so viel Geld in die Hand genommen, um sowohl die Wirtschaft als auch Arbeitnehmer in der Corona-Krise zu unterstützen.
Laut Jahreswirtschaftsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums belief sich das Volumen der gesamten Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr auf über 500 Milliarden Euro, für dieses Jahr ebenfalls noch einmal auf knapp 500 Mrd. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt von 2019 entspricht dies rund 40 Prozent. Betrachtet man lediglich die Soforthilfen wie Kredite und Zuschüsse, machten diese 24,3 Prozent des BIP aus. Nur Italien lag mit seinen gesamten Corona-Maßnahmen mit 48,7 seines BIP noch höher. Hinter Deutschland folgen Belgien, Frankreich und Großbritannien.
Stand: 07.09.2021, 12:38 Uhr