Trump und die Mullahs: Hat die Vernunft noch eine Chance?

Der Faktencheck zur Sendung vom 13.01.2020

Die Waffen am Golf schweigen erstmal. Zeit, um ein paar wichtige Fragen zu besprechen: War das jetzt ein Erfolg für Donald Trump? Wie stark sind die Mullahs wirklich? Was müssen wir Deutschen und Europa tun? Und wann hat Iran die Atombombe?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Jürgen Trittin über Iran und das Atomabkommen

Jürgen Trittin (Bd.90/Grüne) verteidigt das Atomabkommen mit dem Iran. Ein Aus könnte auch bei Staaten wie Saudi-Arabien oder Ägypten nukleare Begehrlichkeiten wecken. Bis heute hätte sich der Iran laut internationaler Atomenergiebehörde strikt an das Atomabkommen gehalten.

Nachdem US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran im Mai 2018 einseitig aufgekündigt hatte, hielt sich der Iran tatsächlich über ein Jahr lang strikt an die Wiener Vereinbarungen. Der Iran hatte die Hoffnung, das Abkommen auch mit den verbliebenen Unterzeichnerstaaten Deutschland, Russland, Frankreich, China und Großbritannien am Leben halten zu können. Nachdem die USA Sanktionen gegen den Iran verhängten und mit Sanktionen gegen Staaten und Unternehmen drohte, die mit dem Iran Geschäfte machen, kündigte der Iran im Juli vergangenen Jahres dann aber an, sich schrittweise aus dem Abkommen zu verabschieden. Kurz darauf verstieß der Iran laut einem Bericht der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) erstmals gegen das Atomabkommen, indem es die erlaubte gelagerte Menge von angereichertem Uran überschritten hatte. Dem Iran war es erlaubt, 300 Kilogramm zu 3,67 Prozent angereichertem Uran zu besitzen. Die IAEA stellte in einem Bericht vom 01.07.19 fest, dass der Iran diese Menge überschritten hatte. Nur wenige Tage später kündigte der Iran an, die Urananreicherung schrittweise über die erlaubten 3,67 Prozent zu erhöhen. Den neuesten Verstoß gegen das Atomabkommen beging der Iran im November vergangenen Jahres, als er in seiner Atomanlage in Fordo wieder damit begonnen hatte, Uran anzureichern.

Golineh Atai über den Einfluss Soleimans im Irak

Golineh Atai sagt, General Soleimani habe im Irak eine unglaubliche Macht aufgebaut. Er habe sogar Einfluss darauf gehabt, wer im Irak den Posten des Premierministers bekleidet. Wie groß war der politische Einfluss von Soleimani im Irak tatsächlich?

Dass Soleimani eine große Machtstellung im Irak besaß, sieht auch der Experte für den mittleren Osten, Adnan Tabatabai, so. Tababatai forscht am Center for Applied Research in Partnerchip with the Orient (CARPO) in Bonn und berät unter anderem Bundesministerien.“Soleimani hatte sehr großen Einfluss auf den Sicherheitsapparat Iraks und beste Beziehungen in die politischen, klerikalen und Teile der wirtschaftlichen Eliten“ sagt der Iran-Kenner. Sicher habe Soleimani Entscheidungsprozesse bei der Regierungsbildung über seine Netzwerke mitbeeinflusst. Er alleine sei aber nicht entscheidend gewesen, ist sich Tabatabai sicher. “Hier spielten neben innerirakischen Dynamiken natürlich auch die Amerikaner eine wichtige Rolle.“

Christian Hacke über die USA und Destabilisierung der Region

Christian Hacke sagt, eigentlich seien es die USA gewesen, die die Region in den vergangenen 20 Jahren destabilisiert hätten. Hat er Recht? Oder ist auch der Iran verantwortlich?

Das sieht auch Adnan Tabatabai so. “Ich denke, es besteht kein Zweifel daran, dass die US-Politik im Mittleren Osten zur fatalen Destabilisierung dieser Region maßgeblich beigetragen hat.“ Man müsse nur an die Folgen der Invasionen in Afghanistan, Irak und Libyen denken, so der Experte für den Mittleren Osten. Dass der Iran in einem solchen Umfeld, in dem er von US-Militärbasen umzingelt sei, eine rigorose Sicherheitspolitik fährt, die ihrerseits Konflikte in der Region schürt, stehe einerseits außer Frage, sagt Tabatabai. Dies aber müsse als Reaktion auf die Präsenz der USA in seiner Nachbarschaft gesehen werden. “Das macht Irans Regionalpolitik nicht besser, aber aus sicherheitspolitischen Erwägungen heraus nachvollziehbarer“, sagt der Experte.

Golineh Atai über Mobilisierung von Trauermarschteilnehmer

Golineh Atai zweifelt daran, dass Hundertausende Menschen aus tiefer Trauer an den Trauermärschen für den getöteten General Soleimani teilgenommen haben. Viele seien vom Regime mobilisiert worden. Wie sind die Menschenmassen der Trauermärsche einzuordnen?

Nach dem Tod von General Soleimani versammelten sich alleine in Teheran abertausende Menschen, zu einem Trauermarsch. Staatliche iranische Medien sprachen gar von Teilnehmerzahlen, die in die Millionen gingen. Dass die Teilnehmer aber überwiegend von staatlichen Stellen mobilisiert worden sind, glaubt der Iran-Experte Adnan Tababtabei nicht. “Natürlich gab es den staatlichen Aufruf, und natürlich können so Tausende oder Zigtausende mobilisiert werden. Wir haben aber Millionen Menschen auf mehrere Städte verteilt gesehen. Diese wurden keineswegs zum Trauermarsch gezwungen, denn dazu ist kein Staatsapparat in der Lage.“ Nach Ansicht des Iran- und Sicherheitsexperten dürfe nicht unterschätzt werden, dass die Wut und Trauer über die Tötung Soleimanis echt waren. Tabatabai stellt aber auch klar: “Das bedeutet jedoch nicht, dass die Teilnehmer der Trauerkundgebung mit allem einverstanden sind, was in der Islamischen Republik passiert.“

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Stand: 14.01.2020, 10:28 Uhr