Neue Nase, neues Leben – wie gefährlich ist der Boom bei Schönheits-Operationen?

Der Faktencheck zur Sendung vom 23.09.2019

Ob Botox oder Skalpell – künstliche Schönheit boomt. Aber wie gefährlich ist sie und wo sind die medizinischen und ethischen Grenzen? Und was geschieht, wenn schon Jugendliche nicht mehr nur auf Instagram-Fotos geschönt aussehen wollen, sondern auch im wirklichen Leben?

Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt während der Sendung keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.

Hyaluron-Pens statt Spritzen

So gennannte Hyaluron-Pens sind quasi für Jedermann erhältlich. Ohne Nadel wird Hyaluronsäure mit Druck in die zu festigenden Hautpartien geschossen. Was hat es mit den Hyaluron-Pens auf sich?

Prof. Dennis von Heimburg ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Frankfurt am Main. Er hält den Begriff “Pen“ für irreführend. Ein Pen klinge handlich und beim Einsatz denke man zunächst an etwas Harmloses, sagt der Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Dem sei jedoch nicht so: “Mit einen Hyaluron-Pen wird Hyaluronsäure, welche auch zum Falten auffüllen verwendet wird, mit hohem Druck in das Gewebe geschossen. Durch die dann entstehende Schwellung erscheint die Haut verjüngt, weil sie mehr Flüssigkeit aufgenommen hat. Dieser Zustand kann einige Monate anhalten“, erklärt von Heimburg. Durch einen „Pen“ werde die Behandlung mit Einstichen umgangen und solle einem breiten Personenkreis die Anwendung ermöglichen.

Es seien die Gesundheitsbehörden, die entscheiden, ob ein solcher Pen dem Bereich der Heilkunde zugeordnet wird. In diesem Fall wäre die Anwendung nur solchen Personengruppen erlaubt, die heilkundlich ausgebildet sind, so von Heimburg. “Dazu gehören in Deutschland Ärzte und Heilpraktiker. Allen anderen Personen wäre in diesem Fall der Einsatz verboten.“ Zum Bedauern des plastischen Chirurgen werde diese Rechtsauffassung bislang nur in einzelnen Bundesländern, wie zum Beispiel Bayern und Schleswig-Holstein vertreten. In anderen Bundesländern werde der Pen dagegen nicht dem Bereich der Heilkunde zugeordnet, so von Heimburg - hier könnten sämtliche Personen diesen Pen anwenden. “Insbesondere Kosmetiker setzen diesen Pen ohne spezielles Wissen der Anatomie, Hygiene und Pharmakologie ein und fügen dem behandelten Menschen unter Umständen großen Schaden zu“, kritisiert von Heimburg.

Die Behandlung solcher Hyaluron-Pens sei ebenso invasiv, wie dies beim Einspritzen der Hyaluronsäure der Fall ist. Die Risiken reichten von Einblutungen und Schwellungen bis hin zu Gewebeschäden, warnt der Experte. Der Pen sei derzeit ganz einfach über das Internet zu beziehen, sagt von Heimburg. “Dies ist inakzeptabel, da es sich um ein Gerät handelt, das über das Einschießen von Hyaluronsäure in den Organismus eingreift und somit unbedingt als sogenanntes Medizinprodukt eingestuft werden sollte“, kritisiert der Präsident des VDÄPC. Er hält es für sinnvoll, das Gerät vor einer Anwendung am Menschen auf Nutzen und Risiken überprüfen zu lassen.

Werner Mang über Sinn und Unsinn von Schönheits-Op´s

Der Schönheitschirurg Werner Mang sagt, er halte nichts von Schönheitswahn. "Vernünftige" Schönheitsoperationen seien dagegen durchaus sinnvoll. Wo liegt die Grenze zwischen Eingriffen, die aus einem Schönheitswahn resultieren und solchen, die man als "vernünftig" bezeichnen kann? Gibt es eine solche Grenze überhaupt?

Prof. Dennis von Heimburg unterscheidet zunächst die ästhetische und die plastische Chirurgie. Während durch operative Eingriffe in der plastischen Chirurgie eine Wiederherstellung des Normalen erreicht werden solle, zielten Eingriffe der ästhetischen Chirurgie darauf ab, eine Verbesserung des Normalen zu erzielen.

Die Grenze sieht der Arzt bei Eingriffen, die helfen sollen, einem Schönheitsideal gerecht zu werden: “Operationen, die aus einem sogenannten Schönheitswahn resultieren, wie dies in der Sendung zur Sprache kam, sind solche, deren Grundlage eine falsche Wahrnehmung des eigenen Körpers beinhaltet und darüber hinaus eine falsche Vorstellung, was über eine mögliche Veränderung des Körpers erreicht werden soll.“

Schönheitswahn dürfe nicht die Grundlage einer seriösen ästhetisch-plastischen Operation sein, sagt der Arzt. “Operationssüchtige Patienten müssen vom Operateur bei der Erstvorstellung als solche identifiziert werden und sollten nicht operiert werden.“ Diese wichtige Unterscheidung zwischen angebrachten ästhetisch-plastischen Operationen und Op´s, die auf krankhaften Vorstellungen beruhen, lerne der plastische Chirurg in seiner Facharztausbildung, so der Experte. Vor einer ästhetisch-plastischen Operation müsse immer auch eine ausführliche Beratung mit Erhebung der Krankengeschichte und Feststellung der Motivation stehen, die den Patienten zu einem Schönheitschirurgen führt, stellt von Heimburg klar.

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Stand: 24.09.2019, 09:47 Uhr