Frauen unter Druck, Männer am Drücker: Alles so wie immer?
Der Faktencheck zur Sendung vom 18.03.2019
Weniger Gehalt, weniger Führungspositionen – dafür mehr Hausarbeit: Warum verlieren Frauen immer noch gegenüber Männern? Muss der Staat eingreifen: Mit Quoten und Gesetzen? Oder reicht etwas weibliche Geduld, weil sich selbst Männer auf Dauer bewegen?
Eine Talkshow ist turbulent. Oft bleibt keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt hartaberfair nach und lässt einige Aussagen bewerten. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Lohnunterschiede im Bankenwesen
Für den gesamten Wirtschaftszweig der Finanz- und Versicherungsdienstleistung nennt das statistische Bundesamt für das Jahr 2017 einen unbereinigten Gender Pay Gap von 28 Prozent. Ein Jahr zuvor untersuchten die Statistiker auch die Bruttostundenlöhne einzelner Berufsgruppen. So lag der durchschnittliche Bruttostundenlohn für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Bankensektor im Jahr 2016 für Männer bei 38,51 Euro. Frauen mit der gleichen Arbeitszeit verdienten 27,07 Euro – das sind rund 29 Prozent weniger. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) macht einen unbereinigten Gender Pay Gap bei Bankfachleuten von 25 Prozent aus. Konkrete Zahlen über einen bereinigten Gender Pay Gap bei Bankkaufleuten hat das statistische Bundesamt nicht.
Hierzu hat die kommerzielle Vergütungsdatenbank “Compensation Partner“ eine Untersuchung durchgeführt. Demnach liegt der bereinigte Gender Pay Gap im Bankwesen bei 4,7 Prozent für Mitarbeiter, deren Median-Gehalt zwischen 30.000 und 35.000 Euro liegt. Für Bankmitarbeiter, die ein Bruttogehalt zwischen 55.000 und 66.000 Euro verdienen, liegt der bereinigte Gender Pay Gap mit 5,6 Prozent etwas höher. Für den “Entgeltmonitor 2018“ hat das Unternehmen rund 220.000 Daten über Verdienste von Männern und Frauen analysiert.
Für seinen “Lohnspiegel“ hatte auch die Böckler-Stiftung im Jahr 2015 die Monatsgehälter von Bankkauffrauen mit denen der Bankkaufmänner verglichen. Demnach lag der Monatsverdienst der Frauen bei durchschnittlich 3.450 Euro. Im Vergleich zu den Männern waren das 650 Euro oder 15,9 Prozent weniger.
Kristina Schröder über unbezahlte Überstunden
Die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagt, zwei Drittel der unbezahlten Überstunden werden von Männern geleistet.
Abhängig Beschäftigte ab 15 Jahre haben auf der Basis von Daten des so genannten Mikrozensus im Jahr 2017 1,1 Mrd. Überstunden geleistet. 615 Millionen Stunden hiervon waren unbezahlt. Von diesen unbezahlten Überstunden wurden tatsächlich zwei Drittel (415 Millionen) von Männern geleistet. Frauen kommen auf rund 200 Millionen unbezahlte Überstunden. Diese Zahlen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Die Bundesregierung verweist allerdings auf unterschiedliche Datenquellen bei der Erhebung von Überstunden. Während die oben genannten Zahlen auf Basis des so genannten Mikrozensus beruhen, führt sie auch Zahlen des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAB) an. Nach Angaben der Arbeitsmarktforscher leisteten Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2017 sogar 2,1 Milliarden Überstunden. Ewas über eine Milliarde Stunden wurden demnach nicht bezahlt. Die Daten des IAB schlüsseln allerdings nicht auf, wie sich die unbezahlten Überstunden auf Männer und Frauen verteilen.
Kristina Schröder über Lohnungleichheit in Bayern und Baden-Württemberg
Kristina Schröder sagt, in den wohlhabenderen Ländern Bayern und Baden-Württemberg sei der “Gender Pay Gap“ besonders ausgeprägt.
Verschiedene Untersuchungen kommen zu diesem Ergebnis. In seiner aktuellsten Auswertung kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Böckler-Stiftung zu dem Ergebnis, dass der unbereinigte Gender Pay Gap in Baden-Württemberg und Bayern mit 22,7, bzw. 21,9 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 21 Prozent liegt. Dass wirtschaftlich starke Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg beim Gender Pay Gap schlechter dastehen, erklären die Forscher des WSI unter anderem damit, dass hier die Automobilindustrie besonders stark vertreten ist. Gerade in dieser Branche würden gut bezahlte Jobs angeboten, die überwiegend von Männern besetzt werden, so das WSI.
Das statistische Bundesamt kam bereits im Jahr 2014 zu ähnlichen Ergebnissen. Damals betrug der Gender Pay Gap in Baden-Württemberg bei 26,8 Prozent und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 21,9 Prozent. Auch in Bayern war die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen mit 24,4 Prozent deutlich stärker ausgeprägt als der Durchschnitt. Aktuellere Daten zum Gender Pay Gap in den einzelnen Bundesländern gibt es vom statistischen Bundesamt nicht.
Stand: 19.03.2019, 11:23 Uhr