Terror: Abstimmung, Urteil und Diskussion!
Der Faktencheck zur Sendung vom 17.10.2016
Darf ein Bundeswehrpilot ein entführtes Flugzeug abschießen, 164 Menschen töten, um 70.000 in einem Fußballstadion zu retten? Um diese Frage dreht sich der Film „Terror – Ihr Urteil“ – und die anschließende Diskussion bei "hart aber fair". Der Fernsehfilm zeigt den Prozess gegen den Piloten. Danach fällen die Fernsehzuschauer bei "hart aber fair" das Urteil – und die Gäste im Studio diskutieren darüber.
Eine Talkshow ist turbulent. Auch in 75 Minuten bleibt oft keine Zeit, Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen. Deshalb hakt "hart aber fair" und überprüft einige Aussagen. Die Antworten gibt es hier im Faktencheck.
Franz-Josef Jung und Gerhart Baum über das Urteil des BVferG
Der ehemalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU), sagt, das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz aus dem Jahr 2006 keine strafrechtliche Entscheidung gefällt.
Das ist richtig. In der Urteilsbegründung der Verfassungsrichter vom 15.02.2006 heißt es: "Dabei ist hier nicht zu entscheiden, wie ein (…) Abschuss und eine auf ihn bezogene Anordnung strafrechtlich zu beurteilen wären."
Allerdings widerspricht sich der ehemalige Verteidigungsminister im weiteren Streit mit Gerhart Baum dann selbst. Denn er fährt mit der Behauptung fort, das Verfassungsgericht habe geurteilt, dass es Straffreiheit für Piloten, Vorgesetzte und Minister geben und diese Straffreiheit als zulässig angesehen werden könne. Hiervon aber ist in der Urteilsbegründung des Verfassungsgerichtes selbst keine Rede. Die Richter verweisen lediglich auf einige rechtwissenschaftliche Kommentierungen des Strafgesetzbuches. Nach Ansicht des Strafrechtlers Ingo Bott zeigen diese allerdings lediglich verschiedene Lösungsansätze auf. In der Frage des Strafrechts lege sich das Bundesverfassungsgericht nicht fest. (Ingo Bott, "In dubio pro Straffreiheit - Untersuchungen zum Lebensnotstand", 2010)
Allerdings ist auch die Behauptung von Gerhart Baum falsch, das Bundesverfassungsgericht habe gesagt, Piloten, die ein mit unschuldigen Passagieren besetztes Flugzeug abschießen, um Menschleben am Boden zu schützen, seien Mörder. Das wird von den Verfassungsrichtern in ihrem Urteil nie gesagt. Zur Beschreibung der Situation, in der ein Kampfpilot ein Passagierflugzeug abschießt, sprechen die Richter lediglich von "Tötung". Eine rechtliche Wertung dieser "Tötung" mit Bezug auf das Strafgesetzbuch geben die Richter jedoch an keiner Stelle ab.
Stand: 20.09.2016, 14:05 Uhr