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Titelseite des "Daily Record" vom 13.05.1941 zum Flug von Rudolf Heß nach Großbritannien

10. Mai 1941 - Rudolf Heß fliegt nach Großbritannien

Stand: 30.04.2021, 16:39 Uhr

Er will seinem "Führer" den Rücken für den "Russland-Feldzug" freihalten: 1941 fliegt Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß deshalb zu Friedensverhandlugen nach Großbritannien.

Rudolf Heß fliegt nach Großbritannien (am 10.05.1941)

WDR ZeitZeichen 10.05.2021 14:23 Min. Verfügbar bis 11.05.2099 WDR 5


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Polen überrollt - Luxemburg, Holland und Belgien erobert - Frankreich im "Blitzkrieg" besiegt: Im Frühjahr 1941 ist Adolf Hitler auf dem Höhepunkt seiner Macht. Nur Großbritannien hält den deutschen Angriffen stand. In der Luftschlacht um England haben Winston Churchills Piloten bessere Maschinen als Hitlers Luftwaffe.

Das ärgert den "Führer". Er will Ruhe an der Westfront, um ungestört die Sowjetunion überfallen zu können. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Von diesem Plan weiß auch Rudolf Heß. Hitler hat seinen Parteigenossen zu Kriegsbeginn als zweiten Nachfolger - nach Hermann Göring - bestimmt.

Absprung über Schottland

Heß gehört zu den "alten Kämpfern" der NSDAP - als Mitglied Nummer 16. Heß lernt Hitler 1920 kennen und wird enger Vertrauter: Hitler diktiert ihm seine Propagandaschrift "Mein Kampf". Heß ist stets zu Diensten - auch jetzt. Um einen Zweifrontenkrieg abzuwenden, will er zu Friedensverhandlungen nach Großbritannien fliegen - ohne Hitlers Wissen.

Am 10. Mai 1941 startet um 18 Uhr in Augsburg vom Gelände der Messerschmitt-Werke eine "ME 110" - ein "Nachtjäger" mit Zusatztanks. Heß ist allein an Bord, er hat das Fliegen im Ersten Weltkrieg gelernt. Britische "Spitfire"-Maschinen verfolgen ihn über der Nordsee. Er schüttelt sie ab, erreicht Schottland und springt mit dem Fallschirm über dem Landsitz eines Adeligen ab.

"Spuren geistiger Zerrüttung"

Der Duke of Hamilton gilt als Kopf der britischen Friedensbewegung. Er soll für Heß einen Kontakt zum britischen Königshaus herstellen. Sein Angebot: Die Briten sollen im Empire freie Hand behalten und den Deutschen dafür Europa und die Sowjetunion überlassen.

Doch Churchill weiß spätestens seit dem Bruch des Münchner Abkommens, dass Hitler niemals Ruhe geben wird. Es gibt keine Verhandlungen, Heß kommt in Kriegsgefangenschaft. Für die Deutschen ist das peinlich, sie erklären Heß für verrückt: "Ein zurückgelassener Brief zeigte in seiner Verworrenheit leider die Spuren einer geistigen Zerrüttung."

Nie distanziert

Sein Englandaufenthalt bewahrt Hess 1946 beim Nürnberger Prozess vermutlich vor der Todesstrafe. Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Mehr als 40 Jahre lang sitzt er im Kriegsverbrecher-Gefängnis in Berlin-Spandau - bis er sich am 17. August 1987 mit 93 Jahren das Leben nimmt.

Vom Nationalsozialismus hat Heß sich nie distanziert: "Ich bereue nichts", heißt es in seinem Schlusswort im Nürnberger Prozess. "Stünde ich wieder am Anfang, würde ich wieder handeln, wie ich handelte."

Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Ronald Feisel

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Mai 2021 an Rudolf Heß' Flug nach Großbritannien. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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