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Ein Trabant 601 umgebaut zum Cabrio

30. April 1991 - Letzter "Trabi" läuft in Zwickau vom Band

Stand: 21.04.2021, 09:29 Uhr

Klein, legendär - und oft verspottet. Dabei ist der Trabant am Anfang tatsächlich recht modern; und ist bald, ganz DDR-typisch, Mangelware. Am 30. April 1991 läuft der letzte seiner Art vom Band.

Der letzte "Trabi" rollt in Zwickau vom Band (am 30.04.1991)

WDR ZeitZeichen 30.04.2021 14:48 Min. Verfügbar bis 01.05.2099 WDR 5


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Wie viele Arbeiter braucht man, um einen Trabi zu bauen? Zwei. Einer faltet, einer klebt. Und Was sind fünf Trabis an einer Kreuzung? Eine Tupperparty. Witze wie diese kursieren in der DDR schon früh über das legendäre und aus Mangel an Alternativen heißbegehrte Kleinauto.

Der Trabant ist die DDR auf Rädern: Klein und laut, kärglich ausgestattet, angestaubte Technik. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Geschichte des Wagens kaum länger dauert, als die des Arbeiter- und Bauernstaats: Am 30. April 1991 rollt der letzte Trabant aus dem Sachsenringwerk in Zwickau.

Vielversprechender Anfang

Dabei hat der Wagen zumindest am Anfang durchaus das Zeug zu mehr als zum später belächelten Ossi-Auto. Denn der erste Trabant, der 1957 - rechtzeitig zum Jahrestag der russischen Oktoberrevolution - vom Band tuckert, entspricht durchaus dem Stand der technischen Entwicklung. Der Kleinwagen mit Zweitaktmotor besitzt eine Kunststoffkarosserie, weil es zeit- und systembedingte Lieferschwierigkeiten bei Stahl gibt, und schafft bis zu 90 km/h.

Vom ersten offiziellen Trabant-Modell P50 werden über 130.000 Exemplare produziert und für 7.650 Mark das Stück verkauft. Der "VW Käfer des Ostens" wird zunächst stetig weiterentwickelt. Sein berühmtester Ableger ist wohl der Trabant 601, der 1963 vorgestellt wird.

Lange Wartezeiten

Der Trabi ist stabil, wetterfest und günstig. Die Herstellung allerdings dauert länger, denn die Karosserie des "Plaste-Bombers" wird noch von Hand zugeschnitten, alle Reste recycelt. Wartezeiten von zwölf Jahren zwischen Bestellung und Lieferung werden normal. Die Modellkennziffer 601 übersetzen Spötter daher so: "600 haben ihn bestellt, einer hat ihn bekommen."

Der russische Name des Autos bedeutet "Begleiter", und als dieser ist er auch gedacht. Konzipiert für die typische vierköpfige DDR-Familie, hält sein Gehäuse aus Sowjet-Baumwolle und Phenolharz aus heimischem Braunkohleteer Generationen lang. Der Trabi rollt und rollt - wegen Ersatzteilmangels improvisieren und reparieren die Besitzer oft selbst.

Viertaktmotor kommt zu spät

Seit Mitte der 60er Jahre tut sich am Trabant jedoch technisch und optisch kaum noch etwas, weil die SED-Führung Investitionen in die Automobilindustrie ablehnt. Erst ab Ende der 80er wird ein Viertaktmotor von Volkswagen im Trabant verbaut - da ist die DDR jedoch fast am Ende und das übrige Auto hoffnungslos veraltet.

Der letzte Trabi trägt die Produktionsnummer 3.069.099, ist pinkfarben und rollt vom Band direkt ins Museum. Auch dazu gibt es einen passenden Witz: Warum wird der Trabi neuerdings "Luther" genannt? Weil Luther sagte: "Hier stehe ich - ich kann nicht anders."

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Klug
Redaktion: Ronald Feisel​

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