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Rolf Boysen und Sunnyi Melles In Lessings Theaterstück "Emilia Galotti" (Münchner Kammerspiele, 1984)

13. März 1772 - Lessings Trauerspiel "Emilia Galotti" wird uraufgeführt

Stand: 04.03.2022, 11:25 Uhr

Am Vorabend der Französischen Revolution wendet sich Gotthold Ephraim Lessing mit "Emilia Galotti" gegen die Macht der Fürsten. Das Theaterstück löst bis heute Diskussionen aus.

Endlich eine feste Stelle! Gotthold Ephraim Lessing kommt 1770 aus Hamburg nach Wolfenbüttel und arbeitet als Bibliothekar. Doch der Job gefällt dem Dichter nicht. Einige Jahre zuvor hat er mit seinem Lustspiel "Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück" in der Hansestadt noch Triumphe gefeiert.

Jetzt fühlt sich der 41-Jährige isoliert: "Es ist nie mein Wille gewesen, an einem Ort wie Wolfenbüttel, von allem Umgange, wie ich ihn brauche, entfernt, Bücher zu hüten." Lessing entschließt sich, ein Theaterstück zu vollenden, das ihn schon längere Zeit beschäftigt. Es ist ein Trauerspiel in fünf Aufzügen mit dem Titel "Emilia Galotti".

"Emilia Galotti" wird uraufgeführt (am 13.03.1772)

WDR ZeitZeichen 13.03.2022 14:00 Min. Verfügbar bis 13.03.2099 WDR 5


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"Die wahre Gewalt"

Dazu inspiriert hat ihn der römische Autor Titus Livius. Dieser erzählt die Legende von Virginia, die vom Tyrannen Appius Claudius begehrt wird. Doch der Vater der jungen Frau will seine Tochter vor einem Leben in Unfreiheit bewahren - und bringt sie deshalb um.

Bei Lessing will ein Prinz die Bürgerstochter Emilia besitzen. Er lässt ihre Kutsche überfallen und ihren Bräutigam erschießen. Angeblich um sie zu schützen, wird Emilia ins Lustschloss des Prinzen gebracht. Emilia fürchtet, dem Charme des Aggressors zu erliegen, und fordert ihren Vater auf, sie zu töten: "Was Gewalt heißt ist nichts. Verführung ist die wahre Gewalt." Daraufhin erfüllt er ihren Wunsch und ersticht sie.

Gegen Herrscherwillkür

Lessing weist mit seinem Stück auf einen großen sozialen Konflikt hin: den Kampf zwischen Adel und Bürgertum. Als Dichter der Aufklärung wendet er sich gegen Absolutismus und Herrscherwillkür.

Um das Publikum mit seiner Gesellschaftskritik zu erreichen, setzt er auf Emotionalisierung: "Die dramatische Form ist die einzige, in welcher sich Mitleid und Furcht erzeugen lässt, wenigstens können in keiner anderen Form die Leidenschaften auf einem so hohen Grad erregt werden."

Außerordentlicher Beifall

Wie das Trauerspiel bei der Premiere am 13. März 1772 bei den Zuschauern ankommt, erlebt Lessing selbst nicht mit. Er schreibt an Eva König, seine spätere Frau: "Das Stück ist vorgestern in Braunschweig aufgeführt worden. Ich bin aber nicht bei der Aufführung gewesen." Er habe seit acht Tagen rasende Zahnschmerzen.

Bereits im Juli wird "Emilia Galotti" auch in Wien gespielt. Von dort schreibt Eva König an Lessing: "Ihr neues Stück ist vorige Woche drei Tage nacheinander aufgeführt worden, und zwar mit außerordentlichem und allgemeinem Beifall!" Mittlerweile ist "Emilia Galotti" ein Klassiker und wird bis heute inszeniert.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Monika Buschey
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 13. März 2022 an die Uraufführung von Lessings Trauerspiel "Emilia Galotti". Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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